Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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und gröberen Garnnummern etwas besseren Schutz 
als bisher zuteil werden läßt, durch eine regere 
Nachfrage nach inländischen Zwirnen fühlbar. 
Während des ersten Halbjahrs konnten aller- 
dings nur niedrige Preise erzielt werden, da die 
zu Ende 1905 eingeführten Vorräte billiger 
Konkurrenzwaren noch längere Zeit auf die Preise 
drückten. Erst als im dritten und vierten 
Quartal die Nachfrage nach Zwirnen jeder Art 
zunahm, gelang den Fabrikanten eine Preis- 
erhöhung, die mit dem Steigen der Arbeitslöhne 
und Materialkosten einigermaßen in überein- 
stimmung war. 
Infolge der außerordentlichen Witterungs- 
verhältnisse in der zweiten Jahreshälfte sahen 
sich die meisten Zwirnereien zur Einstellung von 
Kraftreserven genötigt, was den Jahresverdienst 
erheblich schmälerte. 
Die ostschweizerische Baumwollzwirnerei hatte 
ein gutes Jahr dank dem vorzüglichen Geschäfts- 
gange der Stickerei und dem Blühen des Ge- 
schäfts in England, was verhinderte, daß viel 
englische Zwirne auf den schweizerischen Markt 
kamen. Der Umstand, daß infolge der Aufstellung 
zahlreicher neuer Schifflistickmaschinen die Zwir- 
nerei nicht alle Aufträge auszuführen vermochte, 
führte naturgemäß zur Vergrößerung vieler 
Zwirnereianlagen, und dies läßt für die Zukunft 
wieder eine Überproduktion befürchten. 
Auch die Grobweberei blickt auf ein im all- 
gemeinen gutes Jahr zurück. Angenehm machte 
sich bemerkbar, daß einige Grobwebereien auf die 
Herstellung feinerer Artikel übergegangen waren 
und daher die Konkurrenz sich weniger scharf 
anließ. Schon früh im Jahr mußten die Kon- 
sumenten zu der Überzeugung kommen, daß auf 
eine erhebliche Herabsetzung der Gewebepreise 
einstweilen nicht zu rechnen sei, und daß nur um 
so entferntere Lieferfristen zugestanden werden 
müßten, je mehr mit den Bestellungen gezögert 
würde. So kam es, daß schon im April die 
meisten Grobweber bis tief in den Herbst hinein 
vertraglich gebunden waren. 
Im dritten Vierteljahr ging das Geschäft 
etwas flauer unter dem Eindruck der Berichte 
über eine bevorstehende Riesenernte. Diese be- 
wahrheiteten sich dann zwar nicht, ließen jedoch 
noch geraume Zeit bei den Tücherkonsumenten 
und -Fabrikanten Mißtrauen zurück. Als dann 
aber die Garnpreise immer höher stiegen, stellte 
sich auch die Nachfrage nach Tüchern wieder ein, 
und der Jahresschluß fand die Weberei mit Auf- 
trägen bis ins dritte und vierte Quartal des 
Jahres 1907 gut versehen. 
Einem allzugünstigen Jahresergebnis wirkten 
aber die hohen Garnpreise entgegen sowie die 
  
auch in dieser Branche erhöhten Arbeitslöhne 
und Auslagen für Hilfsstoffe. 
Die Nachfrage nach groben und nach Hemden- 
tüchern war zu Beginn des Jahres nur mäßig. 
Doch erklärt sich dies daraus, daß der neue Tarif 
den Zoll für die Tücher erhöht hatte und daher 
vor seinem Inkrafttreten noch so viel Ware als 
möglich zum früheren, niedrigeren Zollsatz einge- 
führt wurde. Um so erfreulicher wurde es em- 
pfunden, als schon im zweiten Vierteljahr sich 
das Geschäft wieder zusehends besserte und an- 
hielt, bis eine im letzten Quartal durchgeführte 
Erhöhung der Tücherpreise der Kauflust einen 
starken Dämpfer aussetzte. 
(Aus einem Bericht über Handel und Industrie 
der Schweiz, erstatret vom Vorort des 
Schweizerischen Handels= und Industrievereins.) 
Aussichten der indischen Baumwollernte 1907/08. 
Das zweite Memorandum über die gesamte 
indische Baumwollernte für das Jahr 1907/08, 
welches unter dem 17. Oktober d. Is. veröffent- 
licht ist, behandelt die Frühernte und von der 
Späternte soviel, als bis Ende September d. Is. 
zur Aussaat gekommen ist. 
Das gesamte mit Baumwolle bepflanzte Areal 
beläuft sich nach den bisher eingegangenen Be- 
richten für ganz Britisch-Indien auf 16 825 000 
Acres gegen eine auf 19 678 000 Aeres richtig 
gestellte Anbaufläche in der entsprechenden Zeit 
des Vorjahrs, was einer Abnahme um 14,5 v. H. 
gleichkommt. 
Die am meisten in die Augen springende 
Abnahme im britischen Indien ergibt sich bei 
Madras (um 28 v. H.), bei den Vereinigten Pro- 
vinzen (um 25 v. H.) und bei Bombay und der 
nordwestlichen Grenzprovinz (um 20 v. H. bei 
jeder), während von den Eingeborenenstaaten 
Mysore das Anbauareal um 32 v. H, die Staaten 
in der Präsidentschaft Bombay um 16 v. H. und 
Hyderabad um 15,6 v. H. einschränkten. Nur 
die beiden für den Baumwollanbau wenig ins 
Gewicht fallenden britischen Provinzen Aimer- 
Merwara und Ostbengalen und Assam zeigten 
eine Anbausteigerung, die sich bei der ersteren 
auf 14,6 v. H. und bei der letzteren auf 3,5 v. H. 
beläuft. 
In dem ganzen nördlichen, mittleren und 
westlichen Indien hat die Baumwolle auf den 
unbewässerten Feldern sehr unter der anhaltenden 
Dürre gelitten; in dem Dekkangebiete Bombays 
und in Karnatak haben indes die letzten Regen 
etwas Besserung gebracht. Der Stand der 
Baumwolle auf den bewässerten Feldern wird im 
allgemeinen als gut gemeldet. In Bengalen,
	        
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