Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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lieber an Bahnen, als daß er auf Plantagen 
arbeitet. Die Abneigung will die Regierung, der 
alle Erwerbsstände des Schutzgebiets am Herzen 
liegen, gern nach Kräften überwinden helfen, 
denn es ist die einzige Schwierigkeit, die sich dem 
intelligent betriebenen und wirtschaftlich wert- 
vollen, ja für gewisse Produktion unentbehrlichen 
Plantagenbau zur Zeit entgegenstellt. Also 
das Material ist gut, aber zur Zeit noch sehr 
roh, es ist für ein wirkliches Blühen des Landes 
weder dicht noch langlebig genug. Aus dieser 
Situation ergeben sich außerordentliche Aufgaben 
für den Arzt und Wissenschaftler in der Be- 
kämpfung der Seuchen und Krankheiten, 
in der Hygiene und Kindererhaltung. Ebenso 
aber wird notwendig die Verbesserung von Kultur- 
methoden und Pflanzenarten, Schutz von Wald 
und Wasserstellen, vor allem Bekämpfung der 
Viehseuchen, die jährlich Millionen Werte hinweg- 
raffen und weite Gebiete für Last= und Nutztiere 
unpassierbar machen. Hier liegt die Hauptauf- 
  
gabe für lange Jahre. Sie ist es wert, daß die 
deutsche Wissenschaft und Technik ihre besten 
Kräfte einsetzen. Hat die Deutsche Kolonial= 
gesellschaft bisher für die Förderung des weißen 
Elementes schon viel getan und wird sie, wie ich 
hoffe, in allen diesen ihren Unternehmungen vollen 
Erfolg haben und weiter Segen spenden (wie 
ihn zum Beispiel jenes schöne Haus in Windhuk 
spendet, welches den Namen einer um die deut- 
schen Kolonien unendlich verdienten Fürstin und 
Frau tragen darf), so öffnet sich auch für jene 
Gebiete, in denen Weiße nicht erxistieren können, 
ein großes fruchtbares Feld, auf dem die Ge- 
sellschaft wie bisher auch in Zukunft nicht ver- 
sagen wird. Deshalb wünsche ich nicht nur im 
Interesse der Allgemeinheit, sondern auch aus 
einem verzeihlichen Ressortpartikularismus der 
Gesellschaft aus vollem Herzen ein weiteres 
glückliches Gedeihen zum Nutzen der deutschen 
kolonialen Sache und damit einer wahren vater- 
ländischen Aufgabe. 
Rede, gehalten auf Einladung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Oldenburg 
zu Oldenburg am 9. Dezember 1007. 
Staatssekretär Dernburg dankte zunächst dem 
Großherzog dafür, daß er ihm durch seine Ein- 
ladung Gelegenheit gegeben habe, auch an der 
Waterkant für die Sache zu wirken, die ihm so 
am Herzen liege, und fuhr dann fort: Ich glaube 
nicht richtig zu tun, hier ein umfangreiches kolo- 
nialpolitisches Programm zu entwickeln. Will 
man dies, so würde die Zeit und Gelegenheit 
nicht zureichen, auch würden mit Recht Reichstag 
und Bundesrat, die einen ersten Anspruch haben, 
unzufrieden sein können. Ich bitte mir daher zu 
gestatten, lieber in mehr berichtender Weise vor- 
tragen und dabei von Zeit zu Zeit solche Aus- 
blicke und Erwägungen einflechten zu dürfen, wie 
sie der Gegenstand darbietet. 
Als wichtigste Episode meiner Reise kann ich ohne 
weiteres den Marsch ins Innere bezeichnen. 
Einmal deshalb, weil die Fragen der Beschaffung 
von Arbeit, die die Weißen an der Küste be- 
wegen, nur aus einer Kenntnis der Verhältnisse 
dort beurteilt werden können, wo die Arbeiter 
hergezogen werden müssen. Dann, weil, wenn 
man Bahnen und Wege ins Innere bauen will, 
wo weder weiße Ansiedler noch Plantagen unter 
weißer Leitung bestehen, man die Basis für eine 
Rentabilität — und ohne eine solche darf man 
Bahnen nicht bauen — nur im Innern finden 
kann, wobei alles darauf ankommt, daß man die 
Entwicklungsfähigkeit von Eingeborenen und deren 
Kulturen richtig und vorsichtig einschätzt. Drit- 
tens, weil ein sicheres Bild über die Zustände 
  
selbst im größten Teil des Schutzgebietes an der 
Küste überhaupt nicht erhältlich war. 
Es ist doch eigentümlich, daß die wenigsten 
Weißen, die in Ostafrika ihr Geschäft treiben, das 
Land kennen, daß noch nie ein aktiver Gonver- 
neur im Zentrum von Deutsch-Ostafrika geweilt 
hat, daß keiner derjenigen Beamten, welche in 
Daressalam die Zentralverwaltung bilden und 
mit dem Gouverneur die Verantwortung teilen, 
jemals über den Küstensaum hinausgekommen ist. 
Deshalb erschien es mir nicht zu umgehen, ehe 
ich auf die Wünsche von Pflanzern und Ansiedlern 
an der Küste eine entscheidende Antwort gebe, ehe 
ich dem deutschen Volk einen Vorschlag über den 
Bau von Bahnen ins Innere machte, ehe ich 
mir ein Urteil zutrauen wollte über die weitere 
Entwicklung unseres Schutzgebietes, selbst mit nicht 
unerheblichem Zeitaufwand in das Herz des 
Landes zu marschieren. 
Ein erstes und großes Stück kann man mit 
der Bahn fahren, allerdings mit keiner deutschen. 
Denn selbst die jetzt beendete Morogorobahn 
erschließt mit ihren 220 km nicht mehr als knapp 
½⅛ der Querausdehnung unseres Schutzgebietes. 
Dagegen haben, wie ja wohl bekannt, vom Hafen 
Mombassa bis nach Kisumu am Viktoria-Nyansa 
die Engländer eine Eisenbahn gebaut, und mit 
ihrer Hilfe und der von England eingerichteten 
Schiffahrt auf dem Viktoria-Nyansa kann man 
das Zentrum unseres Schutzgebietes leichter er- 
reichen, als auf dem Marsch von der Küste, einem 
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