Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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und Nahrung der Eingeborenen in Gefahr kommt. 
Da der Eingeborene im Vergleich zur Plantage 
eben keine Vorkosten und Zinsen hat, so kann der 
Preis unendlich tief heruntergehen; alles, was die 
Sache bringt, ist noch Nutzen. Es ist vielleicht 
nicht genug, um zu dem Anbau zu reizen, er 
wird sich nicht ausdehnen, aber daß er ganz er- 
lischt, dagegen schützt die Notwendigkeit, gewisse 
fiskalische Abgaben zu zahlen und dafür ent- 
sprechende Exportkultur zu pflegen. 
Es ist deshalb mein Bestreben gewesen, im 
Schutzgebiet einen genauen Einblick in die Wirt- 
schaftsweise zu bekommen, damit alle Erwerbs- 
stände in gleicher Weise zu ihrem Recht kommen 
und nicht nur die Plantagen einerseits geschützt 
werden, sondern auch anderseits das Schutzgebiet 
vor einer Entwicklung bewahrt wird, die große 
Gefahren in sich bergen kann. Ich bin mir der 
großen Verantwortung wohl bewußt, die darin 
liegt, diese Dinge offen darzulegen, aber ich weiß, 
daß ich diese Verantwortung nicht nur deutschem 
Kapital gegenüber trage, das in den Kolonien an- 
gelegt ist, sondern auch den vielen Millionen 
Menschen gegenüber, die sie beherbergen. 
Um die Station Bukoba hat sich schnell eine 
Ansiedelung von Händlern, meistens Indern, 
etabliert, obschon auch mehrere europäische 
Handelshäuser, und zwar zwei deutsche, ein ameri- 
kanisches und ein italienisches, sich dort nieder- 
gelassen haben, um einen direkten Export der für 
Handschuhleder unentbehrlichen Felle in die be- 
treffenden Konsumländer zu leiten. Die euro- 
päischen Häuser treiben Großhandel; aber auch 
sie bedürfen der deutschen Tauschprodukte. Der 
Inder betreibt im wesentlichen Kleinhandel, aber 
auch er steht nicht etwa direkt zwischen dem 
Großhändler und dem Eingeborenen, sondern 
auch er rüstet wieder andere mit Tauschwaren 
aus, damit sie in das Land ziehen, die Export- 
waren aussuchen und sie auf dem Tauschwege 
erwerben. Ich will hier auf die Inderfrage nicht 
eingehen, nur das will ich sagen, daß die Kon- 
struktion des ostafrikanischen Handels eine ziemlich 
feine und komplizierte ist, in die man nicht mit 
rauher Hand eingreifen darf. Derjenige, der mit 
den Eingeborenen direkt verkehrt, ist gewöhnlich 
ein Suaheli oder Wanjema von der Küste oder 
ein Wanjamwesi aus dem Innern, denn auch 
dieses Volk hat erhebliche Erwerbsinstinkte. Und 
so geht denn die Ware vom Eingeborenen auf 
den Eingeborenenhändler, von ihm auf den in- 
dischen oder deutschen Grossisten über und von 
da in den Weltverkehr. Der Tauschwaren sind 
mancherlei, hauptsächlich baumwollene Tücher, die 
aus Indien und Holland kommen oder in ihren 
besseren Qualitäten aus Amerika, Perlen und 
Draht, daneben aber viele nützliche Gegenstände 
  
aus Email, Blech und Eisen, das nach und nach 
seiner größeren Haltbarkeit und leichteren Reini- 
gung halber die eingeborenen Ton= und Kürbis- 
gefäße zu verdrängen sucht. Die kostbarsten und 
vom Eingeborenen begehrtesten Handelsartikel 
aber sind (mit Ihrer Erlaubnis) alte Hosen 
und Röcke, die ihren Weg von der Großen 
Friedrichstraße bis nach Bukoba finden, in großen 
Lagern dort aufgestapelt sind und für die die 
Eingeborenen in der dem Neger allüberall eigenen 
Nachahmungssucht exorbitante Preise bezahlen. 
Ich versage es mir, hier des näheren auf 
die Besuche einzugehen, die ich in der Bukobaer 
Gegend sowohl bei den dortigen eifrigen und 
verdienstvollen Missionaren gemacht habe, und 
auf die schwere und entbehrungsvolle und nur 
langsam fortschreitende Arbeit, die die Mission 
überhaupt im Schutzgebiet leistet, als auch auf 
den höchst instruktiven Besuch, den ich bei einem 
der eingeborenen Sultane, dem Sultan Krahigi, 
gemacht habe. Denn wenn ich bei all diesen 
Dingen verweilen wollte, so interessant und lehr- 
reich sie auch waren, würde die für einen Vor- 
trag mögliche Zeit stark überschritten werden. 
Von Bukoba fährt man einen Tag nach 
Muansa, der deutschen Hauptstation am Viktoria- 
Nyansa und dem Sitz eines Bezirksamts, einer 
Beamten= und Inderstadt, wie überall umgeben 
von Hütten der Eingeborenen. Hier betritt man 
das Land Usukuma, welches, soweit es zum 
Muansabezirk gehört, ungefähr ½ Million Ein- 
wohner hat. Von da sollte dann unser Üüber- 
landmarsch nach Tabora beginnen. Um Ihnen 
zu zeigen, wie langsam und beschwerlich, vor 
allem wie zeitraubend das Reisen im Innern 
Afrikas noch ist, will ich Ihnen die Karawane 
beschreiben, die wir zusammenzustellen hatten, um 
bei dem Mindestmaß von Komfort und Sicherheit 
einen etwa 30 tägigen Marsch zu unternehmen. 
Ich tue dies deshalb, um Ihnen zu zeigen, daß, 
wenn auch bei Bahnverbindungen aus dem Per- 
sonenverkehr, besonders der Weißen, nie eine er- 
hebliche Rente herauskommen wird, doch der 
ganze Gang der Verwaltung eine ungemeine Er- 
leichterung erfährt. Es ist von einem Gouverneur 
und seinen Beamten nicht zu erwarten, daß sie, 
um einen Innenbezirk zu besichtigen, sich drei 
Monate auf die Reise begeben. Da muß ja doch 
zu Hause alles stocken, besonders wenn der Be- 
treffende von jeder brieflichen Nachricht abge- 
schnitten und lediglich auf einen Telegraphen 
angewiesen ist. Es können auch Beamte nicht 
entsprechend ersetzt werden, und die ganze Ver- 
waltung wird so ungeheuer teuer durch die Reise- 
kosten und Tagegelder, die entstehen, daß schon 
hieraus ein nicht unerheblicher Betrag erspart 
werden wird, wenn wir die Verbindung haben.
	        
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