Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Hunderte von jungen Kakaopflanzungen und 
Tausende von Sämlingen, die für die Ver- 
pflanzung reif waren, in vielen Dörfern wahr- 
genommen hat. 
(Nach dem Berichte des Genverneurs der Goldküste 
Der Rotanghandel in Singapore. 
Rotang (calamus rotan) ist eine Schling- 
pflanze, die in großen Mengen in den Urwäldern 
Borneos, Sumatras und Celebes' vorkommt. 
Auch in den Malayenstaaten und den Philippinen 
wird Rotang gewonnen. In neuester Zeit hat 
man auf einigen Gummiplantagen an der Ost- 
küste Borneos sowie in den Lampongdistrikten 
auf Südsumatra auf solchem Grund, der sich für 
den Gummibaum nicht eignete, Versuche mit Ro- 
tangkulturen gemacht. Das Ergebnis ist noch 
nicht bekannt. 
Die Gewinnung des Notangs ist für die Ein- 
geborenen, die sich mit dem Schneiden befassen, 
eine ziemlich mühsame Arbeit. Die Leute müssen 
häufig tagelange Märsche in den Urwald machen, 
bis sie an Plätze, wo Rotang wächst, gelangen. 
Das Schneiden wird durch die langen zahlreichen 
Stacheln, die auf der schilfartigen Schale der 
Rotangpalme wachsen, erschwert. Diese Schale 
wird von dem eigentlichen Rohr durch Abschneiden 
und Klopfen entfernt. Der Eingeborene muß 
seine schwere Bürde bis zum nächsten Händler, 
meist einem Chinesen, schleppen. Dort erhält 
er für seine Ware meistens einen geringen Preis. 
Häufig bildet der Rotang die Bezahlung seiner 
von dem Chinesen genommenen Barvorschüsse 
oder die Bezahlung für entnommene Waren. 
Der Händler schafft den Rotang, sobald er eine 
genügende Quantität beisammen hat, an den 
nächsten Hafenplatz, von wo die Ware nach den 
Rotangmärkten verschifft wird. 
Singapore ist der bedeutendste Rotangmarkt; 
dann folgen Makassar und seit kurzem Batavia, 
letzteres jedoch mit nur kleinen Mengen. 
Das beste Rohr kommt von Ostborneo, und 
zwar hauptsächlich von Koetai. In Celebes 
werden nur geringe Qualitäten gewonnen. 
Man unterscheidet zwei Sorten Rotang, 
Glanzrohr und rattan ayer (malayische Bezeich- 
nung), letzteres eine harzige Sorte, die in der 
Fabrikation unter dem Namen schmieriges Rohr 
geht. Das Rohr wird hier sortiert und ge- 
waschen. 
In früheren Jahren spalteten die Korb- 
macher und Stuhlflechter das Rohr und benutzten 
für ihre Zwecke nur die äußere Schale, das so- 
genannte Flechtrohr, während sie den inneren 
  
Kern, das Peddigrohr, wegwarfen. Das Ver- 
dienst der ersten rationellen Bearbeitung des 
Rotangs gebührt dem Hamburger Kaufmann 
Heinrich Meyer, der in den zwanziger Jahren 
des vorigen Jahrhunderts eine Nohrstuhlfabrik 
einrichtete. Er ist der Gründer der Harburger 
Fabrik H. C. Meyer ir. geworden. Dann folgte 
die H b fer Stuhlrohrfabrik in Berge- 
dorf, cchließlich Menc, Schulze u. Co. in Bremen 
und eine Anzahl Fabriken von kleinerem Um- 
fang. In den letzten Jahren sind in den Ver- 
einigten Staaten von Amerika gleichfalls große 
Fabriken entstanden, von denen die America 
Chaircane Co., New York und die Vereinigten 
Fabriken von Wokefield und Haywood Brothers 
in Boston die bedeutendsten sind. 
In diesen Fabriken wird das Flechtrohr auf 
maschinellem Wege von dem Peddigrohr ab- 
getrennt, außerdem auch auf chemischem Wege 
die Farbe des Rohrs verbessert. Fast alle haben 
besondere Verfahren, die geheim gehalten werden. 
Die führende Stelle, die Deutschland als Be- 
gründerin der rationellen Rotangbearbeitung ein- 
genommen hat, hat es im Laufe der Jahre auch 
als Haupteinfuhrland behalten. In Deutschland 
selbst wird nur ein verhältuismäßig geringer Teil 
des fabrizierten Stuhlrohrs verarbeitet, der 
größte Teil geht nach Osterreich, wo er zur Her- 
stellung der bekannten Wiener Stühle Verwendung 
findet. Die billigen Arbeitslöhne in Österreich 
gestatten keinem anderen Lande, erfolgreich da- 
gegen aufzukommen. Das Peddigrohr hat die 
Korbweiden wegen der größeren Elastizität und 
Ausdauer fast völlig verdrängt. Rußland kauft 
von Deutschland bedeutende Quantitäten Peitschen- 
rohr, d. i. dickes, langes, ungebogenes Rohr, das 
unter dem Namen Sarawakrohr hier gehandelt 
wird. Nach Deutschland gehen sowohl Glanz- 
rohr wie schmierige Sorten. 
An zweiter Stelle stehen die Vereinigten 
Staaten von Amerika als Abnehmer der besten 
Rohre. 
Dann folgt England, das nur Käufer für 
geringe Sorten ist. Fabriken wie in Deutschland 
und Amerika gibt es dort nicht. Es besteht nur 
eine Korbindustrie für billige Korbwaren, haupt- 
sächlich Kohlenkörbe. 
Frankreich verarbeitet neben schmierigem auch 
Glanzrohr. Das Rohr wird dort in der Haus- 
industrie verarbeitet. Der Rotang wird nach der 
alten primitiven Methode gespalten, wodurch das 
Peddigrohr verloren geht. 
Von europäischen Staaten sind außerdem nur 
noch Holland, Italien und Belgien in kleinem 
Maßstabe Käufer. 
In Singapore selbst ist der Rotangverbrauch 
ziemlich unbedeutend. Es besteht Nachfrage nach
	        
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