Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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einzunehmen braucht, viermal stattfinden, ehe 
man wieder an den zuerst angeschnittenen Teil 
des Stammes kommt. 
Die neuen Instrumente zum Anschneiden der 
Rinde sind darauf eingerichtet, daß bei jedem 
Einschnitt nur ein ganz schmaler Rindenstreifen 
(etwa 1 mm breit) fortgenommen wird. Wenn 
nun z. B. bei dem Grätenschnitt die horizontalen 
Linien etwa 25 cm voneinander liegen, so 
würden 250 Schnitte nötig sein, bis diese 25 cm 
aufgebraucht sind bzw. bis die nächst darunter 
liegende Linie erreicht ist. Die Schnitte werden 
während etwa zehn Monaten im Jahre jeden 
zweiten Tag wiederholt, an dem dazwischen lie- 
genden Tage wird der nene Einschnitt perforiert, 
usm auf diese Weise einen täglichen Ausfluß von 
Gummimilch zu veranlassen. Die Rindeufläche, 
welche der Grätenschnitt einnimmt, würde dem- 
nach in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren 
aufgebraucht sein. Bei normaler Ernährung 
und Entwicklung des Baumes ist aber die Rinde 
am Ende dieser Periode so weit nachgewachsen, 
daß an dem oberen Teile mit dem Anschnitt 
wieder von neuem begonnen werden kann. 
Beim Anschneiden der Rinde wird darauf 
geachtet, daß der Einschnitt eine Neigung nach 
der inneren Seite des Baumes zeigt; so wird 
für die fließende Gummimilch eine Laufrinne ge- 
bildet. Ferner kommt es darauf an, daß der 
Schnitt vollständig glatt ist, damit durch Rinden- 
fasern und dergl. dem Ablauf der Milch kein 
Hindernis entgegensteht. 
Die zum Schneiden angewandten Instrumente 
sind sehr verschieden. Die Schneidemesser, meist 
in Form eines spitzen Winkels, nach Ari eines 
Hobels, lassen sich bei neueren Modellen ver- 
stellen, so daß der Schnitt dicker oder weniger 
dick gemacht werden kann. Andere besitzen noch 
ein Führungsblatt, das sich an die Rinde anlegt 
und ein zu tiefes Eindringen des Messers ver- 
hindern soll. Eine große Anzahl verschiedener 
Fabrikate befindet sich im Handel, so z. 
Northways, Bowmans, Dirons Messer; es kom- 
men aber noch immer nene verbesserte dazu. 
Zum Perforieren, d. h.. zum Wiederöffnen der 
Milchkanäle, die am Tage vorher durch das 
Messer angeschnitten worden sind, vorwendet man 
ein Instrument in Form eines Spornes, dessen 
scharfspitziges Rädchen man die Schnitte entlang 
rollt. In neuerer Zeit hat man auch ein In- 
strument nach Art eines Kammes, der mit einem 
Handgrif versehen ist und dessen scharfe Zähne 
man in die Schnitte preßt. Ein solcher Kamm 
ist unter dem Namen Macaclams Comb pricker 
im Handel. Um alle Schnitte regelmäßig und 
cxakt zu machen, bedient man sich einer Scha- 
blone, die um den Baum gelegt wird und durch 
  
die man die Zeichnung des Schnittes auf den 
Baum überträgt. Das Anschneiden der Bäume 
findet am besten in den frühen Morgenstunden 
oder abends statt, denn durch die Sonnenstrahlen 
wird die Gummimilch vorzeitig zum Koagulieren 
gebracht, und der Milchausfluß ist auch infolge 
der starken Feuchtigkeitsabgabe des Baumes an 
die Atmosphäre während der heißen Tageszeit 
geringer. Für den Anschnitt wählt man am 
besten diejenige Seite des Baumes, die am 
längsten im Schatten liegt. Gewöhnlich im 
sechsten Jahre, d. h. wenn die Hevea einen 
unteren Stammdurchmesser von etwa 15 ecm 
erreicht hat, beginnt die Zapfung. Man ist der 
Meinung, daß, wenn der Baum schon zeitig an 
die Zapfung gewöhnt wird, eine größere Milch- 
produktion stattfindet. Von jenem Zeitpunkt ab 
wird nun der Baum jährlich während etwa zehn 
Monaten täglich gezapft. Der Ertrag der Milch 
an trockenem Gummi pflegt in diesem Alter unge- 
fähr schon ½ Pfund per Baum und Jahr zu 
ergeben. 
Aufgefangen wird die ausfließende Milch bei 
den in neuerer Zeit angewandten Schnitten durch 
ecmaillierte Schalen von etwa 30 cm Durchmesser 
und etwa 800 Gramm Fassungsvermögen. Die 
Milch wird dann in größere Gefäße zusammen- 
gegossen und nach der gewöhnlich zentral in der 
Plantage gelegenen Faktorei gebracht. Dort läßt 
man die Milch durch ein Gaze= oder Leinentuch 
laufen, um sie von aller Unreinlichkeit zu befreien. 
Nachdem die Milch auf diese Weise gereinigt ist, 
gießt man sie in Schalen von etwa 800 bis 
1000 cem Inhalt und läßt sie dann ruhig stehen, 
bis der Gummi sich abscheidet. 
Nach Analysen der Chemiker Bamber und 
Scott enthält die Milch der Hevea brasiliensis 
je nach der Jahreszeit und Feuchtigkeit von 50 
bis 90 Prozent Wasser. Normal ergibt aber die 
Analyse in der Hauptsache folgende Stoffe: 
Wasser 50 bis 56 v. H. 
Kautschuk . . . .. 2 -- 
Oatz..·.... 2 ; - 
Eiweiß und Pektin 2 3 
Zucker 1 ½ 
Mineralstoffe 
Der Kautschuk ist in der Form von ganz 
kleinen Kügelchen, etwa wie die Fettkügelchen 
in der K Kuhmilch, in der Pflanzenmilch vorhanden; 
unter gewissen Umständen ballen sich diese Kügel- 
chen zu einer festen Masse zusammen. Die 
Pflanzenmilch ist gewöhnlich mehr oder weniger 
alkalisch; deshalb tritt die Koagnlierung oftmals 
sehr schwer ein. Man setzt infolgedessen, bevor 
man die Milch der Ruhe überläßt, auf vielen 
Plantagen einen Zusatz von 2½ Gramm vierzig-
	        
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