Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

W 312 20 
werden kann. Für trockenen, sandigen oder 
steinigen Boden, der ohne Schatten dem starken 
Sonnenbrande ausgesetzt ist und nur wenig 
Regen hat, dürfte die Agave Regida, der soge- 
nannte Sisalhanf oder die Sisalfibre, am geeig- 
netsten sein. Während diese in feuchtem Boden 
einen Hauf von nicht so guter Qualität, weil von 
leichterer Zerreißbarkeit, liefert, ist gerade die in 
trockenem, sandigem Boden gewonnene Faser von 
außerordentlicher Festigkeit. 
Die Agave wird in Pflanzschulen entweder 
von Samen oder von Schößlingen gezogen und, 
wenn die Pflänzlinge etwa 13 Zoll hoch sind, 
wird sie in die Plantage ausgepflanzt. Im süd- 
lichen Indien sieht man die Agave vielfach zu 
beiden Seiten der Eisenbahnlinien stehen; sie soll 
dort gute Resultate liefern. Wo es sich darum 
handelt, sie in gesonderten Plantagen zu ziehen, 
wird sie in etwa 5 bis 11 Fuß voneinander 
entfernten Reihen gepflanzt. Es kommen etwa 
650 Pflanzen per Acre. Nach vier Jahren ist 
die Agave zum Schneiden reif, ohne daß in der 
Zwischenzeit irgend etwas zu ihrer Kultur getan 
zu werden braucht. Während die Agave, wenn 
sie sich selbst überlassen ist, schon nach sechs bis 
sieben Jahren abstirbt, erreicht sie bei regelmäßigem 
Schnitt eine Lebensdauer von etwa fünfzehn 
Jahren. Zur Ernte gelangen die Stämme, 
Triebe und Blätter, sobald sie stark genug sind 
und eine genügend lange Faser liefern. Der Er- 
trag soll per Acre etwa 10 000 bis 20 000 
Blätter ergeben; von diesen bringen je 1000 
etwa 50 bis 70 Pfund Fibre, so daß auf einen 
Acre etwa 500 bis 1500 Pfund Fibre zu rechnen 
sind. Der Wert der Sisalfibre ist per 100 Kilo 
etwa 60 Mark. 
Für Gegenden mit hoher Temperatur und 
stärkeren Regenfällen ist die Manilafaser, eine 
wilde Banane von den Philippinen, genannt 
Abaca (Musa textilis), zum Anbau zu empfehlen. 
Der Leiter der Versuchsanstalten im Nil- 
girigebirge, dem ich die meisten dieser Angaben 
verdanke, hat sich mit großem Eifer auf den Ver- 
suchsanbau dieser Manilafaser geworfen. Er be- 
hauptet, in der Versuchsplantage Kallar vorzüg- 
liche Resultate zu erzielen. 
Die wilde Banane wächst vom Samen in 
fünf Jahren oder vom Steckling in drei Jahren 
bis zu 20 Fuß Höhe und erreicht einen Stamm- 
durchmesser von etwa 1 Fuß. Um sie von Steck- 
lingen zu ziehen, werden Triebe mit 5 bis 8 Fuß 
geschnitten und verpflanzt. Bei einer Pflanzung, 
die ausschließlich wilde Bananen umfaßt, werden 
die Bananen auf etwa 5 Fuß Entfernung von- 
einander gepflanzt, so daß per Acre 1742 Pflanzen 
entfallen. Die wilde Banane läßt sich aber auch 
  
als Zwischenpflanzung verwenden, besonders da, 
wo für eine Kultur Schatten notwendig ist. 
Nachdem die Pflanzung besorgt ist, bedarf die 
wilde Banane außer dem Entfernen des Un- 
krauts keinerlei Pflege. Sie bietet auch insofern 
besonderen Vorteil, als sie durch ihre reiche Feuchtig- 
keit vor der Gefahr einer Zerstörung durch Feuer 
und durch ihren Saft aber auch vor dem An- 
griff von Insekten geschützt ist. Außerdem ist 
bei der Manilafaser die Aberntung insofern sehr 
bequem, als diese sich nicht auf einen bestimmten 
Zeitraum beschränkt, sondern zu jeder Zeit ge- 
schehen kann, wenn Arbeitskräfte von anderer Arbeit 
frei sind. Die Stämme werden bei genügender 
Stärke dicht am Boden abgehauen und in Längen 
von 3 bis 4 Fuß geschnitten. Man entfernt die 
äußeren Blätter, so daß der glatte feste Teil des 
Stammes verbleibt. Die aus den änußeren 
Blättern gewonnene Faser ist zu minderwertig, 
als daß sich ihre Verarbeitung lohnte. Die 
Stammenden werden alsdann in Streifen von 
etwa 2 Zoll gespalten und möglichst frisch ver- 
arbeitet. 
Sowohl bei Verarbeitung der Agave wie 
bei der der wilden Banane muß das in der Pflanze 
befindliche Pflanzenmark von der Faser entfernt 
werden. Dies geschah bisher in primitiver 
Weise durch Bearbeitung mit dem Messer. 
Der Leiter jener Versuchsanstalt hat nun eine 
sehr einfache Maschine konstruiert, durch die 
er jene Bearbeitung schneller und billiger aus- 
führt und dabei einen Hauf von sehr sanberer 
Onalität gewinnt. Mit dieser Maschine werden 
die geschnittenen Pflanzenteile zwischen zwei 
scharfkantigen, aufeinander gepreßten Eisen 
mehrmals durchgezogen, bis das Pflanzenmark 
von der Faser getrennt ist.') Die reine Faser 
wird dann über einen ausgelegten Bambus- 
stab gelegt und in der Sonne getrocknet. 
Nach wenigen Stunden wird die Faser in 
Docken zusammengenommen und so entweder 
gelagert oder gleich versandt. 
Der Manilahanf bildet eine helle, seiden- 
glänzende Faser; 100 Kilo sind mit 80 Mk. 
bewertet. Der Ertrag an Manilahanf per Acre 
soll etwa 650 Pfund sein. 
Chinarinde. 
Ceylon wie in Indien ist 
von Chinarinde sehr zurück- 
seitdem Java Ware zu billigeren 
und mit höherem Gehalt an Chinin 
liefert. Viele Chinarindenpflanzungen sind 
abgeholzt und werden nicht wieder nach- 
gepflanzt; andere Produkte, welche bessere Er- 
Sowohl auf 
die Produktion 
gegangen, 
Preisen 
*) Siehe Abbildung 15.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.