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Wangoni hatten jenseits der Grenze Weiber und
Kinder, Hab und Gut abgesetzt und begannen in
den ersten Tagen des März 1906 Einfälle in
das deutsche Gebiet zu machen. Es wurde daher
nötig, einen Posten der Polizeiabteilung Ssongea
an den Rovuma zu setzen, um wenigstens die
regierungstreuen Jumben zu schützen. Anführer
der einfallenden Wangoni war Masese, der ein-
flußreichste Sohn des Sultans Ssongea. Unter-
stützt wurde er durch die in den großen Wäldern
am Rovuma zahlreich sitzenden Elefantenjäger.
Auf Regierungsseite leistete hier Gaschid mit seinen
Leuten wieder wichtige Dienste.
Gleich anfangs hatten die Aufständischen die
Ortschaft des Bwana Ali, des vornehmsten der
treu gebliebenen Jumben, überfallen und ab-
gebrannt. Weitere Erfolge zu erlangen, hinderte
sie das geschickte Auftreten der Ssengea-Abteilung
unter Sergeant Utech. Masese hat jetzt scheinbar
bei dem jenseits der Grenze sitzenden Wajao-
Sultan Mataka einen Unterschlupf gefunden.
Es hat sich in diesem Teile des Aufstandes
störend bemerkbar gemacht, daß die Besitzverhält-
nisse an der portugiesischen Grenze zwischen Njassasee
und Rovuma unklare sind. Gerade dort in Tschi-
wongo hat sich Masese lange aufgehalten, um
das von Mataka für Gewähr einer Freistatt ge-
forderte Elfenbein zu sammeln. Ich habe mich
nicht entschließen können, in einem Gebiet, über
dessen Zugehörigkeit zwischen der deutschen und
portugiesischen Regierung diplomatische Verhand-
lungen gepflogen werden, Truppen vorgehen zu
lassen. Auf meine Bitten hat das Bezirksamt
Ssongea damals wegen des dem strittigen Gebiet
gegenüber zu beachtenden Verhaltens telegraphisch
Weisungen vom Kaiserlichen Gouvernement er-
beten, doch ist ein Bescheid bis heute nicht ein-
gegangen.
Auch die unterworfene Landschaft Luwegn
wurde Mitte März der Schauplatz neuer Kämpfe.
Bei Njamtumbo erschien eine etwa 300 Mann
starke Bande von Elefantenjägern und Wangoni,
unter einem Elefantenjäger Mohamakiros, Namens
Magewa, tötete die männlichen Bewohner, raubte
Weiber und Kinder und brannte die eben neu-
aufgebauten Ortschaften wieder ab. Zum Schutz
der infolge Waffenablieferung Wehrlosen wurde
der M. P. Niamtumbo von Ssongea aus nen
besetzt. Der Postenführer, Unteroffizier Rohde,
hatte an den Matogorobergen nordwestlich Niam-
tumbo ein Gefecht gegen die vorerwähnte Bande,
die mit schweren Verlusten auseinandergesprengt
wurde. Diesseits zwei Farbige verwundet.
Gleichzeitig kamen aber auch beunruhigende
Nachrichten aus den Gebieten zwischen dem
früheren M. P. Likuyn und dem Etappenposten
Mbarangandn sowie aus der Landschaft Kitanda
(Mohamakiros). Hier war es Mohamakiro, der
die unterworfenen und bei dem Posten zahlreich
angesiedelten Wangoni belästigte.
Mohamakiro hatte sich nach Ankunft des Ex-
peditionskorps in Ssongen auf Kämpfe nicht erst
eingelassen, sondern war mit seinem eigenen Besitz
und mit der während des Aufstandes gemachten
reichen Beute nach der Landschaft Mgende ge-
zogen.
Mgende im weiteren Sinne ist das Gebier
östlich und südlich des Luwegn von der Ein-
mündung des Horobo bis zum Zusammenfluß mit
dem Mbarangandu. Es ist ein zerrissenes Berg-
land von 350 bis 900 m absoluter Höhe. Be-
wohnt wird Mgende von einem Bölkergemisch,
bestehend aus Wanduewe, Wangindo und Wapo-
goro. Die Ansiedlungen sind an die Flußtäler
gebunden und am zahlreichsten am Luwegn selbst
und am Luhanjandn. Der bekannteste Jumbe
ist Mponda, wohnhaft östlich des Luhanjandu,
kurz vor der Mündung dieses Flusses in den
Luwegu. Die Bewohner Mgendes waren vor
Einführung der deutschen Herrschaft nach mehr-
jährigen erbitterten Kämpfen von Schabruma
unterworfen worden. Sie waren seitdem den
Wangoni untertan und tributpflichtig. Bei Ein,
führung der deutschen Herrschaft mit ganz Ungon-
dem Verwaltungsbereich Ssongeca zugewieseni
wurde Mgende bei Anlage der Militärstation
Mahenge von Ssongea losgetrennt und zu dem
neuen Bezirk Mahenge geschlagen. Die heute
lebenden erwachsenen Mgende-Leute sind äußerlich
als Schabrumas Untertauen gezeichnet und haben
sich innerlich als zu seinem Reiche gehörig gefühlt.
Schabruma selbst hat wohl stets trotz der ver-
änderten äußeren Verhältnisse Mgende als seine
eroberte Provinz betrachtet und jetzt während des
Aufstandes die Kriegsdienste der Mgende-Leute
für sich beansprucht.
Die Mgende-Leute hatte nun Mohamakiro
aufgeboten, um sie gegen Kitanda zu führen.
Als Oberlentnant v. der Marwitz am 19. März
vom Ruhuhu kommend, nach Gumbiro zurück-
kehrte, waren gerade Nachrichten eingetroffen, daß
Mohamakiro sich mit den Mgende-Leuten und
mit den Leuten der am Mbarangandu und Nienje
östlich Majimahuhn sitzenden Kopa-Kopa und
Lituno vereinigt hatte, die Gebiete nördlich der
Straße Mbarangandn-Posten —Likuyn-Posten ver-
heerte und einen Angriff auf den M. P. Kitanda
beabsichtigte. Auf dem M. P. Kitanda stand z. 3.
Oberleutnant Hudemann mit 25 Askari der
13. Feld-Kompagnie.
Die Aufständischen hatten sich den Umstand,
daß die Mehrzahl der verfügbaren Truppen gegen
Upangwa aufgeboten und der Osten verhältnis-
mäßig von Truppen entblößt war, zu Nutze ge-