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deutschen Landsleute den hawalischen Kaffee nicht
zu sehr loben, ist er doch wohl so gut wie der
arabische Mokka. Ich könnte das selbst beurteilen,
wenn ich sicher wäre, daß der Mokkakaffec, den
ich in Aden gekauft habe, echt war. Man sagte
mir aber nach dem Kauf, daß der Adener Mokka
größtenteils aus Santos käme. Viertens wachsen
Früchte in Masse. Seit langem werden Bananen
ausgeführt. Neuerdings hat die Ananaszucht
einen großen Umfang angenommen; im Jahre
1906 wurden über 120 000 Kisten Konserven
verschickt, und von Jahr zu Jahr wird der An-
bau und die Ausfuhr der Ananas steigen, da in
den Vereinigten Staaten alles leicht abgesetzt
wird. Die Frucht ist von anßerordentlichem
Wohlgeschmack.
Vor nicht langer Zeit ist die Sisal-Agave
aber auf den Inseln heimisch gemacht worden,
aus der sogenannter Manilahanf hergestellt wird.
Und eben jetzt werden Versuche mit Kautschuk-
bäumen gemacht. Bis zur Angliederung wurden
sehr viele deutsche Waren nach den hawaiischen
Inseln eingeführt. Die Firma Hackfeld hatte
auch eigene Schiffe. Seit 1897 ist das anders
geworden. Die hohen Schutzzölle der Vereinigten
Staaten machen den Wettbewerb des Auslandes
fast unmöglich. Dieses kann daher nur noch solche
Waren liefern, die in den Vereinigten Staaten
nicht gewonnen werden. So kommen z. B. Kali-
salze aus Deutschland (Staßfurt) und Ammoniak
(zur Herstellung künstlichen Düngers für die
Pflanzungen) aus England.
Die Japaner sind zum größten Teil im
Pflanzungsbau beschäftigt; im laufenden Jahre
werden mit Genehmigung des Tokioer Ministe-
riums 2000 Auswanderer auf den Inseln ein-
treffen. Die billigen Arbeitskräfte sind unentbehr-
lich; bei amerikanischen Löhnen würde die gesamte
Landwirtschaft sofort eingehen. Doch sieht man
in Honolulu auch viele, zum Teil große japanische
Ladengeschäfte. Die Japaner verkaufen Mannu-
fakturwaren, Getränke und alle japanischen Boden-
und Industrieerzeugnisse. Vor kurzem war das
japanische Schulschiff „Anegawa“ dort, und dem-
nächst trifft ein Schulgeschwader ein.
Zum Schluß sei noch auf zwei Sehenswürdig-
keiten der Stadt Honolulu hingewiesen. Die eine
ist das Muscum, das ein vollständiges Bild der
Kanakenkultur gewährt; die andere ist das Aqua=
rium, nächst dem von Neapel das beste in der
Welt. Man sieht dort nicht nur die ganze Farben-
pracht der tropischen Fische, sondern ist auch er-
staunt über die Formen der Tiere, die vielfach
Ahnlichkeit mit Landtieren haben und einen Bei-
trag zur Deszendenztheorie liefern. Einige sind
gestreist wie unsere bunten Nattern, andere zart
rosa, violett, rot, rotgrau, grün, sandfarbig, silber-
glänzend, andere haben phosphoreszierende Linien
oder Flecke. Ein Fisch ist gefärbt wie eine Kröte,
andere haben den Kopf einer Kröte, eines Kroko-
dils. Wieder ein anderer hat im Profil den
Kopf eines Schweines, von vorn das Gesicht
eines Affen. Hier glaubt man einen Bienenkorb
mit horizontalem Geflecht, dort eine fliegende
Schwalbe, einen Ameisenbär zu sehen. Der eine
Fisch hat ein kurzes, der andere ein langes Horn
vor dem Kopfe, ein dritter Fühler wie eine
Schnecke, ein vierter gleicht in der Form einem
Torpedo. Seeigel sehen aus wie große Kletten,
Polypen wie Riesenspinnen. Die Hummer machen
unaufhörlich Fingerübungen wie fleißige Kon-
servatoristen. Der Einsiedlerkrebs sitzt bekümmert
unter seinem Haus (das er trägt wie eine Schnecke),
denn beständig necken ihn seine Zellenbrüder, die
Fische, die über sein Haus dahingleiten oder mit
dem Maule dagegen stoßen; man kann kanm um-
hin, an Fischhumor zu glauben; denn die Fische
entfernen sich von dem Einsiedler nach ihrer Tat
so schnell wie böse Buben, die etwas ausgeheckt
haben, und kommen doch immer wieder, weil sie
sehen, daß der Angegriffene sich ärgert und von
der Stelle rückt. Die trägsten unter den Fischen
liegen auf Steinen oder hängen sich mit den
Flossen daran. Man sieht auch Fische, die auf
den Vorderflossen kriechen. Die Riesenaale zeigen
ihre scharfen Zähne und bedauern offenbar, daß
sie keine Arbeit dafür haben. Anderswo sind
kleine Fische beständig auf der Flucht vor den
Schildkröten, die von ihnen leben. Nahe beim
Aquarium am Meeresufer ist eine Zisterne ge-
baut, in der eine über zwei Meter lange Riesen-
schildkröte mit einem etwa fünf Meter langen
Haisisch zusammen lebt. Die Kröte sitzt schon
jahrelang darin, der Haifisch ist nicht mehr der
erste seiner Art. Ein Haißisch erträgt die Ge-
sangenschaft in eugem Raume nicht lange, er
geht nach höchstens vier Wochen ein. Anfangs
hat die Kröte vor dem Menscheufresser Furcht
gehabt. Nachdem sie aber eingesehen, daß sie
respektiert wird, hat sie jeden Neuankömmling
ignoriert. Ihr einziger Kummer ist, daß ihre
Ungelenkigkeit ihr nicht gestattet, über die niedrige
Mauer in das geliebte, freie Meer zurückzukehren,
in das sie sehnsüchtig hinausstarrt.
Freilich hat sie recht. Das Meer ist schön
bei Honolulu. Spiegelglatt liegt es da, nur eine
leichte Brise weht erfrischend zum Lande herüber.
Das Auge wandert hin und her zwischen dem
wundervollen Tiefblau des Wassers und dem
satten Grün der Landschaft. Wenn die scheidende
Sonne ihr Gold weithin über die Flut aus-
schüttet und Baumkronen und Berggipfel noch
einmal liebevoll umspielt, dann kommt einem der
Gedanke an die sagenhaften Inseln der Seligen.