Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

W 523 20 
Kolonial-Wirtschaftliches. 
Frühlahrstagung des Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitees. 
(Offizieller Bericht des Komitec). 
Unter Beteiligung der Vertreter von indn- 
striellen und kaufmännischen Körperschaften, der 
kolonialen Wissenschaften und des Reichstags hat 
unter dem Vorsitz von Karl Supf am 8. Mai 
die Frühjahrstagung des Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitces stattgefunden. 
Der Etat für das Jahr 1907 balanciert mit 
430 000 M. An Beiträgen sind u. a. ver- 
anschlagt: von den Kaiserlichen Gonvernements 
120 000 M., von der Deutschen Kolonialgesell- 
schaft 32 000 M., von den industriellen und kauf- 
männischen Körperschaften 130 000 M., von per- 
sönlichen Mitgliedern 20 000 M., ferner aus 
Baumwollverkäufen und zurückfließenden Baum- 
wollvorschüssen 40 000 M. An Ausgaben sind 
veranschlagt: für die B llb terneh g 
235 000 M., für das Guttapercha= und Kautschuk- 
Unternehmen in Neugnuinea 60 000 M., für Ver- 
öffentlichungen („Der Tropenpflanzer", „Wirt- 
schafts-Atlas der deutschen Kolonien“, „Kolonial- 
Handels-Adreßbuch“ usw.) 30 000 M., welchen 
ein Einnahmeposten von 25 000 M. gegenüber- 
steht, für Eisenbahn-Erkundungen und Studien- 
reisen nach fremden Ländern 30 000 M. 
Von einer Beteiligung an der Doutschen 
Armee-, Marine= und Kolonial-Ausstellung 1907 
ist abgesehen worden, da die Beihilfen der Reichs- 
regierung, des Handels und der Industrie und 
der Kolonialgesellschaft für bestimmte in den 
Kolonien selbst anuszuführende Unternehmungen 
sestgelegt sind, für Ausstellungszwecke in Deutsch- 
land also nicht verwendet werden können. 
Die Ergebnisse der wichtigeren Verhandlungs- 
gegenstände lassen sich, wie folgt, zusammenfassen: 
Eisenbahnerkundungen im mittleren und 
nördlichen Deutsch-Ostafrika. 
Paul Fuchs erstattete Bericht über die Er- 
gebnisse seiner Erkundung der wirtschaftlichen 
Verhältnisse des nördlichen und mittleren Teiles 
von Deutsch-Ostafrika mit Rücksicht auf die pro- 
jektierten Eisenbahnlinien. Die Erkundung, die 
reiches Material zur Kenntnis der wirtschaftlichen 
Werte Deutsch-Ostafrikas gesammelt hat, erstreckt 
sich auf die Untersuchung der an die Daressalam 
— Morogoro-Eisenbahn anschließenden Gebiete 
nach dem Tanganjikasee zu, die Bereisung der 
Reiche Urundi und Ruanda westlich des Viktoria- 
sees und die Feststellung der wirtschaftlichen Aus- 
sichten der zwischen dem Viktoriasee und der 
Küste gelegenen Gebiete. Aus den eingehenden 
  
Mitteilungen von Fuchs, die im Laufe des 
Sommers veröffentlicht werden sollen, sind be- 
sonders die interessanten Schilderungen von 
Urundi und Ruanda hervorzuheben. Beide 
Länder sind Grasländer, die von Ost nach West 
von 1500 bis 2500 m ü. d. M. ansteigen, sie 
sind reich an Flüssen und außerordentlich frucht- 
bar. Die ungewöhnlich dichte Bevölkerung, die 
für beide Länder auf zusammen 4 Mill. Menschen 
geschätzt wird, besteht zu 95 v. H. aus Acker- 
bauern, während nur 5 v. H. auf die herrschen- 
den Watussi kommen. Der Ackerbau steht auf 
verhältnismäßig hoher Stufe; Hauptkulturen sind 
Erbsen und Bohnen, ferner Bananen. Bienenzucht 
ist weit verbreitet, am Kivusee (Landschaft Bugoie) 
wird ein hervorragender Tabak gebaut. In den 
Landschaften Kissaka und Bugufi, die zu den 
bevölkertsten und fruchtbarsten Provinzen gehören, 
ist der Anban der Erdnuß mit gutem Erfolge 
eingeführt worden. Beide Länder sind Viehzucht- 
länder erster Klasse, und zwar wird das lang- 
hörnige Watussirind gezüchtet, von dem etwa 
400 000 Häupter vorhanden sein mögen. Das 
wichtigste an den Fuchsschen Feststellungen ist 
aber hinsichtlich der Erschließung dieser reichen 
Länder und ihrer Heranbringung an den Welt- 
verkehr, daß sie mit Ausnahme des südlichen Teiles 
von Urundi nicht zum Wirtschaftsgebiet des 
Tanganjikasees gehören, sondern daß sie geo- 
graphisch und wirtschaftlich vom Viktoriasee ab- 
hängig und demgemäß am vorteilhaftesten von hier 
aus zu erschließen sind. 
Im Anschluß an die Fuchssche Erkundung 
hat der Wirtschaftsinspektor A. Hauter eine Er- 
kundung der Gebiete von Uhehe, Ubena und 
Ussangu ausgeführt, über die Regierungsrat 
Meyer etwa folgendes berichtet: Hauter hält die 
eigentlichen Hochländer von Uhehe zur Besiedelung 
durch Weiße für geeignet, es sei aber die Be- 
kämpfung von Malaria und Viehseuchen nach wie 
vor im Ange zu behalten. Viehzucht, namentlich 
Pferde= und Maultierzucht böten gute Aussichten, 
Rindvieh= und Schweinezucht kämen erst in zweiter 
Linic in Betracht, ebenso Ackerbau, und dieser 
nur für den eigenen Bedarf. Für Pflanzungs- 
Unternehmungen empfiehlt Hauter die Kultur von 
Chinarinde, Kampher und Gerberakazie. Unter 
den Uhehe umgebenden Gebieten schließt Hauter 
die Uschungweberge von der Besiedelungsmöglich- 
keit aus, hält sie hingegen für Aufforstungen ganz 
besonders geeignet. Ubena, das sonst gute Aus- 
sichten bietet, habe leider sehr viel Malaria. Ganz 
besonders günstig äußert sich Hauter über die 
Tiefländer, die Uhehe umgeben, besonders über 
 
	        
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