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Hütten gebracht und unter die Aufsicht der Häupt-
linge gestellt; die letzteren verteilten täglich mehr-
mals an jeden einzelnen, Männer, Frauen, Kinder
die nötige Ration.
Während die Leute so alle fleißig damit be-
schäftigt waren, die Lebensmittel zu sammeln,
machte ich mich daran, das umfangreiche Waren-
lager der Firma Okcefe, die auf der Insel Mari-
jong eine Handelsstation unterhielt, zu bergen.
Die Station selbst war völlig dem Erdboden gleich
gemacht. Ein eiserner neben dem Wohnhause des
Händlers einzementiert gewesener Wassertank von
dreieinhalb Quadratmeter Inhalt war hundert
Meter weit fortgeschleudert worden. Die Waren
waren zum Teil im Sand vergraben, teils lagen
sie unter den Trümmern des Hauses, teils waren
sie ins Meer geweht. Zum Glück gelang es,
einen großen Teil des Lagers, vor allem fast
sämtlichen Proviant zu bergen, so daß wir für
sechs bis acht Wochen genügend Lebensmittel
hatten. Der durch das Seewasser verdorbene Reis
wurde gewaschen, dann in der Sonne getrocknet
und mußte gegessen werden, trotz der Beri--Beri-
Gefahr.
Die Trümmer der Handelsstation banden wir
zu einem Floß zusammen und fuhren damit nach
Oleai hinüber, wo wir in Isang rasch ein Haus
zusammen banden. Einen großen Teil des Waren-
lagers sowie den gesamten Proviant übernahm
ich für Rechnung des Bezirksamtes und verteilte
davon nach Bedarf an die Bewohner der am
schwersten geschädigten Inseln Falalis, Raur und
Palian, Zeug als Decken, Lendentücher, Axte,
Messer, Kochtöpfe. Auch das unentbehrliche Genuß-
mittel, den Tabak, spendete ich den bedauerns-
werten Menschen so reichlich als möglich.
*
Eine weitere schwere Heimsuchung war nach
dem Taifun die eintretende Trockenheit. Bis
zum Eintreffen der „Germania“ am 11. April
fiel kein Regen. Die Sonne brannte Tag für
Tag erbarmungslos auf die zerstörten Inseln
nieder. So begrüßten wir den am 11. April
unverhofft von Saipan mit großen Lebensmittel-
vorräten eintreffenden Reichspostdampfer „Ger-
mania“ als einen wahren Retter aus der Not.
Der brachte zugleich auch die hocherfreuliche Nach-
richt, daß die „Ponape“ wohlbehalten, wenn auch
nach Uberstehung einer sehr gefahrvollen Reise,
am 4. April in Saipan angekommen war.
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*
II. Aus dem Bericht des Kapitäns Martens
von der „Ponape“.
Vom 8. April 1907.
Am 14. März 1907 wurde die Reise von
Jap nach Oleai angetreten. Zwei Tage darauf
sichteten wir des Morgens Sorol. Der Häupt-
ling Afulärung kam an Bord; auf Befragen er-
klärte er mir, daß auf Sorol alles gesund und
in Ordnung sei. Ferner meldete er, daß vor
acht Monaten zwei große Kanus mit sechs Mann
abgetrieben worden und nicht wieder zurückgekehrt
seien. Auf die Frage, wie viele Leute auf der
Insel seien, gab der Häuptling an, daß zwei-
unddreißig Männer, zwanzig Frauen und zehn
Kinder dort lebten; es scheinen aber mehr Leute
zu sein. Die Insel war mit Bäumen (Palmen,
Brotfrucht u. a.) gut bestockt. Die Leute sahen
gesund und wohlgenährt aus. Es wurden Kokos-
nüsse gegen Tabak eingetauscht. Wir verweilten
einige Stunden und setzten dann unsere Reise
fort. Nach unseren Beobachtungen fanden wir
die Insel etwa 10 Minnten nördlicher, als in der
Karte angegeben.
Am 19. März erblickten gegen 4 Uhr nach-
mittags Oleai und ankerten bald darauf in der
Lagune unter der Insel Raur. Dr. Born kam
abends noch an Bord. Nach unseren Beobachtungen
liegt die Lagune in der Karte 12 bis 14 Minuten
zu östlich.
Am 26. März liefen wir morgens Ifalnk
an. Des nachmittags ging ich mit Dr. Born an
Land, um in Sachen der fremden Matrosen
Untersuchung und Verhör vorzunehmen. Nach
astronomischen Beobachtungen liegt Ifaluk in der
Breite richtig, jedoch die Länge ist in der Karte
uUum 14 Minuten zu östlich angegeben.
Mittwoch den 27. März 1907 nachmittags
erreichten wir wieder Oleai und ankerten auf
dem früheren Ankerplatz. Herr Dr. Born ging
an Land, um seine zurückgelassenen Medikamente
einzupacken und dann an Bord zu nehmen. Am
folgenden Nachmittag kam Dr. Born an Bord
und fuhr dann wieder an Land; auf meine Bitte
an Bord zu bleiben, meinte er, er sei an Land
gut aufgehoben; auch sei er aus seinem früheren
Hause ausgezogen und wohne für heute Nacht
im Dorf. Es war etwa 3 Uhr, als Herr Dr. Born
an Land fuhr. Von da an wurde Seewache
gegangen, weil das Wetter nicht gut aussah. Um
5 Uhr 15 Minuten ließen wir den zweiten Anker
fallen. In der Lagune kam eine heftige Schwell
und Dünung auf; von Land kamen von den
Ecken der Inseln Bäume und Häuserteile am
Schiff vorbeigetrieben, die von den Brechseen
niedergerissen waren; es schien sich eine Flutwelle
bemerkbar zu machen, denn Wind war nicht viel.
Rapides Sinken des Barometers ließ mich aber
nichts Gutes erwarten, auch nahm der Wind
und See nach und nach doch bedenklich zu.
Freitag den 29. März wehte von ½8 Uhr
abends an voller Taifun. Die Windstärke zu
beschreiben ist keinem von uns möglich. Wir