Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

631 20 
Der Weg, der fast auf seiner ganzen Länge 
bisher am Hange der Berge entlang zu führen 
war und weiterhin zu führen sein wird, weist 
den Charakter einer Gebirgsstraße auf. Der An- 
schnitt der steilen Berghänge (Neigungen von 
1:1 kommen mehrfach vor) bedingte viel Erd- 
arbeit, die zum Teil sehr schwierig war, da fast 
überall das Erdreich stark mit Felsen durchsetzt 
ist; öfters mußten auch Felsen durchbrochen 
werden. 
Es waren bei insgesamt 52 908 Kubikmeter 
Erdarbeit 12 011 Kubikmeter Felsarbeit zu leisten. 
Große Erdarbeit erforderten die Dämme in den 
verschiedenen Schluchten, insbesondere aber der 
Damm in der Schlucht, durch welche der Schwein= 
furth-Fall abläuft (Abb. Nr. 4); dieser Damm 
hat allein 12 000 Kubikmeter Inhalt. 
Nach der Bergseite zu hat die Straße einen 
Graben. An geeigneten Stellen wird das im 
Graben abfließende Wasser durch Sickerschlitze und 
durch Durchlässe, die in Trockenmauerwerk als 
Plattendurchlässe hergestellt sind, nach der Talseite 
abgeleitet. Das in zwei Schluchten kommende 
Wasser wird durch Plattendurchlässe in Trocken- 
mauerwerk abgeführt. Bei den anderen Schluchten, 
die weniger wasserreich sind, ist auf die Anord- 
nung von besonderen Durchlässen verzichtet worden. 
Um dem Wasser hier den Durchtritt durch den 
Damm zu ermöglichen, ohne eine Beschädigung 
des Dammfußes und des Damnkkörpers befürchten 
zu müssen, sind auf der Sohle der Schluchten 
unter dem Damm große Steine unregelmäßig 
verlegt worden, so daß das Wasser zwischen den 
bestehenden Offnungen durchsickern kann. Diese 
Anordnung hat sich bis jetzt auch bei starken 
Regenfällen gut bewährt. 
Bei der Arbeit sind fast ausschließlich Leute 
des Bezirks Misahöhe verwandt worden, die teil- 
weise vom Bezirksamt gestellt wurden, teilweise 
sich freiwillig zur Arbeit meldeten. Die vom 
Bezirksamt gestellten Arbeiter wurden zuerst vier- 
wöchentlich, nachher dreimonatlich gewechselt. Die 
Arbeitslöhne schwankten zwischen 50 und 75 Pf. 
für den Tag. 
Im Juli wurde zuerst probeweise an einer 
kurzen Wegestrecke der Versuch gemacht, Akkord- 
arbeit einzuführen. Der Versuch gelang gut, und 
es wurden dann weiterhin die Strecken des 
Weges, auf denen nur Quertransport zu leisten 
war, und die nicht zu stark mit Steinen durch- 
setzt waren, stückweise an einzelne Dorf= oder 
Landschaften in Akkord vergeben. Im ganzen 
sind 3690 laufende Meter Weg für 8875 Mark 
in Akkord fertiggestellt worden. Diese Tatsache 
ist mit Freude zu begrüßen, denn sie zeigt, daß 
die Eingeborenen anfangen, den Nutzen einer 
intensiven Arbeitsleistung einzusehen. Der An- 
  
drang freiwilliger Arbeiter zur Akkordarbeit war 
zuletzt so groß, daß viele, die nach solcher Arbeit 
verlangten, zurückgewiesen werden mußten, da 
die Möglichkeit, Akkordarbeit zu vergeben, nicht 
mehr vorlag. 
Die beim Wegebau beschäftigten Arbeiter 
wohnten zum Teil in den benachbarten Dörfern 
Jo und Tongbe, zum Teil in den Arbeiterlagern 
auf dem Francois-Paß und in der Nähe von 
Jo in selbstgebauten Hütten. Für Verpflegung 
trugen die Leute selbst Sorge. Nahrungsmittel, 
Yams, Reis usw. wurden den Arbeitern 
meistens von ihren Angehörigen aus den Heimats- 
dörfern wöchentlich oder in gewissen Zeitabständen 
zugetragen. Viele Arbeiter hatten ihre Frauen 
bei sich, die dann für die Zubereitung der Speisen 
sorgten. Mangel an Nahrungsmitteln hat sich 
trotz der teilweise sehr hohen Arbeiterzahl (bis 
zu tausend Leute), welche auf eine kurze Strecke 
zusammengedrängt waren, nie bemerkbar gemacht. 
Arbeiterschwierigkeiten sind ebenfalls nie eingetreten. 
Die Arbeitszeit war auf 9 Stunden, von 6 Uhr 
morgens bis 4 Uhr nachmittags mit zwei Eßpausen 
von 8 bis 8⅛½ Uhr und von 12 bis 12½ Uhr 
bemessen. Diese Arbeitszeit hat sich beim Wege- 
bau als zweckmäßig erwiesen, weil bei dieser 
Zeiteinteilung den Leuten Gelegenheit gegeben 
ist, noch vor Eintritt der Dunkelheit ihre Woh- 
nungen aufzusuchen, ihre Waschungen zu ver- 
richten und auch ihre Hauptmahlzeit vorzubereiten. 
Der Arbeitslohn wurde, wie auch sonst hier 
üblich, den Leuten zu einem Teile als Vorschuß, 
als Eßgeld gezahlt, während der Restlohn am 
Schlusse des Monats ausgehändigt wurde. 
Die fertige Wegestrecke betrug Anfang des 
Jahres 7100 Meter, deren Ausführung einen 
Kostenaufwand von rund 125000 Mark verursacht 
hat. In dieser Summe sind einbegriffen die 
Gehälter und Tagegelder der europäischen Auf- 
sichtsbeamten und die Anschaffungskosten für die 
Werkzeuge und Geräte. 
Die Ausführung der Straße war dem Bau- 
amt unterstellt. Mit der Ausführung der Erd- 
arbeiten wurde am 26. Oktober 1905 begonnen. 
Am 31. Oktober 1906 mußten die Ausführungs- 
arbeiten eingestellt werden, da die im Etat vor- 
gesehenen Mittel für den Wegebau verbraucht 
waren. Es ist in Aussicht genommen, im August 
1907 mit den Arbeiten wieder zu beginnen. Die 
Arbeit war so geteilt, daß jeder der Baubeamten 
einen Schacht von etwa 150 bis 200 Mann 
Stärke beaussichtigte, mit dem er eine ihm über- 
wiesene Wegestrecke auszuführen hatte. 
M
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.