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Deutsch-Ostafrika.
A#kerbau und Viehsucht in Ungonl.)
Hauptkultur in Ungoni ist die Eleusine, also
eine ziemlich minderwertige Frucht. Sie dient
nicht nur zur Zubereitung der massenweise ge-
nossenen Pombe (Bier), sondern wird auch viel-
fach in der Form von Ugali (Mehl) verzehrt.
Ulesi saugt den Boden offenbar stark aus. Der
Anbau verlangt große Flächen. Die übliche Vor-
bereitung des Ulesifeldes im eigentlichen Ungoni
ist folgende: Zu Anfang der Trockenzeit wird in
einem Stück Hochwald das Unterholz gerodet
und der Boden umgegraben. Dann schlägt man
von den großen Bäumen die Aste ab, häuft sie um
den Stamm herum auf und läßt sie bis Beginn
der Regenzeit liegen. Dann verbrennt man den
mittlerweile trocken gewordenen Holzhaufen da, wo
er liegt. Man sucht hierdurch den Baum zum Ab-
sterben zu bringen, was auch meistens gelingt.
Etwa drei Viertel der so behandelten Bäume gehen
ein. Die Asche der Aste wird bei beginnendem
Regen im Erdreich verteilt, und um den ab-
gestorbenen Baum herum wächst die Eleusine
besonders üppig. Die kleinen, astlosen Bäume
werden einfach abgehauen. Man kann Ulesi
meist nur zwei-, eventuell auch dreimal auf dem-
selben Felde mit Erfolg pflanzen und läßt dann
in der Regel etwa drei Jahre lang Mais oder
Mtama oder beides folgen, während schon recht-
zeitig vorher neues Ulesiland vorbereitet wird.
Bei Neugründung einer Ansiedlung wird meist
alles in Kultur genommene Land zunächst mit
Ulesi besät. Für eine Familie von vier bis sechs
Köpfen kann man etwa 3 ha Ackerland rechnen.
Nach zwei Jahren muß, wie gesagt, beim Ulesi-
feld Fruchtwechsel eintreten. Es sind dann unter
Kultur die alten Ulesifelder, jetzt mit Mais usw.
bestanden, und etwa 1½ ha neues Ulesifeld (dies-
mal weniger, da ja Mais usw. zum Unterhalt
vorhanden), zusammen also etwa 4½ ha. Un-
gefähr alle zwei Jahre müssen neue Ulesifelder
geschaffen werden, die stets nach etwa fünf Jahren
(nach zwei Ulesi= und drei Maisernten) endgültig
brach liegen und allmählich wieder Wald werden.
Ich habe in zahlreichen Fällen alte Ackerfurchen
im Walde gefunden.
Die Zeit, welche verstreichen muß, bis ein mit
Ulesi bebaut gewesenes Land von neuem in Ulesi-
kultur genommen werden kann, beträgt im Durch-
schnitt etwa 20 bis 30 Jahre. Nach dieser Zeit
könnte also das ursprünglich erste Feld wieder
gerodet und mit Ulesi bebaut werden. Während
dieser Beit hat eine Familie etwa 20 bis 30 ha
*) Aus einen exicht des Bezirksamtmanns Haupt-
mann a. D.
Landes unter Kultur genommen bzw. nach Er-
schöpfung des Bodens brach liegen lassen. Für
jeden Haushalt müßten also im Durchschnitt
25 ha vorhanden sein, falls sich alles Land zur
Kultur eignen würde.
Ungoni umfaßt etwa 46 300 Quadratkilometer
oder 400 000 ha; vor dem Aufstande waren etwa
15 000 erwachsene Männer oder annähernd
ebensoviele Familien vorhanden. Demnach wäre
bei der oben beschriebenen Kulturmethode Platz
für (4630 000: 25 -) 145 200 Familien. Das
würde eine neunfache Bevölkerungsdichtigkeit im
Vergleich zu der vor dem Aufstande vorhandenen
ergeben.
Die Wangoni sind tüchtige Ackerbauer. Be-
sonders der Süden des Landes zeichnet sich darin
aus. Mischkulturen sind dort sehr beliebt. Hier
kann auch während der Trockenzeit gesät werden.
Die zahlreichen, das ganze Jahr fließenden Bäche
mit ihren zum Teil sumpfigen Rändern ermöglichen
dies. Man nennt solche Felder #madinbac.
Viehdüngung ist überall unbekannt und bei
dem hiesigen Viehbestande auch nicht möglich.
Die aussaugende Wirkung der Ulesikultur
bringt es mit sich, daß die Wangoni sehr viel
wandern müssen. Reist man kurz nach der Regen-
zeit durch das Land, so sieht man eine Menge
verlassener Dörfer inmitten von Feldern, die noch
nicht abgeerntet sind. Gleich nach der Regenzeit
wird umgezogen, weil dann der Boden der neuen
Ansiedlung noch einigermaßen leicht zu bearbeiten
ist. Dort wohnen die Leute einstweilen in Lagern.
Hütten werden erst später gebaut.
Wenn auf dem früheren Wohnsitz die Ernte
reif ist, dann werden zum Zwecke des Einbringens
die alten Hütten vorübergehend wieder bewohnt.
Das häufige Umziehen ist die Ursache davon,
daß man im Lande fast stets vergeblich nach den
Namen von Dörfern fragt. Man erhält als
Antwort entweder den Namen des Jumben oder
den des nächsten Baches oder Berges.
Die Hauptpflanzzeit sind Dezember und Jannar,
also der erste Teil der Regenperiode. Die Leute
sagen: Wer Mtama pflanzen will, muß dies schon
im Dezember tun, für Ulesi ist auch Ende Jannar
noch Zeit und Mais wird auch bei noch späterer
Aussaat reif. An der Feldarbeit sind Männer
wie Weiber beteiligt. Das Fällen der Bäume
gehört dabei zur Arbeit des Mannes. Die
sonstigen Verrichtungen des Ackerbaues werden
von beiden Geschlechtern gemeinsam besorgt. Hat
ein Mann mehrere Weiber, dann pflegt er
die Felder entsprechend zu verteilen und ab-
zugrenzen, so daß für jedes Weib ein gesondertes
Feldstück vorhanden ist. Jedem Weibe kommt
auch eine besondere Vorratshütte zu.
(Fortsetzung S. 637.)