Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Deutsch-Ostafrika. 
A#kerbau und Viehsucht in Ungonl.) 
Hauptkultur in Ungoni ist die Eleusine, also 
eine ziemlich minderwertige Frucht. Sie dient 
nicht nur zur Zubereitung der massenweise ge- 
nossenen Pombe (Bier), sondern wird auch viel- 
fach in der Form von Ugali (Mehl) verzehrt. 
Ulesi saugt den Boden offenbar stark aus. Der 
Anbau verlangt große Flächen. Die übliche Vor- 
bereitung des Ulesifeldes im eigentlichen Ungoni 
ist folgende: Zu Anfang der Trockenzeit wird in 
einem Stück Hochwald das Unterholz gerodet 
und der Boden umgegraben. Dann schlägt man 
von den großen Bäumen die Aste ab, häuft sie um 
den Stamm herum auf und läßt sie bis Beginn 
der Regenzeit liegen. Dann verbrennt man den 
mittlerweile trocken gewordenen Holzhaufen da, wo 
er liegt. Man sucht hierdurch den Baum zum Ab- 
sterben zu bringen, was auch meistens gelingt. 
Etwa drei Viertel der so behandelten Bäume gehen 
ein. Die Asche der Aste wird bei beginnendem 
Regen im Erdreich verteilt, und um den ab- 
gestorbenen Baum herum wächst die Eleusine 
besonders üppig. Die kleinen, astlosen Bäume 
werden einfach abgehauen. Man kann Ulesi 
meist nur zwei-, eventuell auch dreimal auf dem- 
selben Felde mit Erfolg pflanzen und läßt dann 
in der Regel etwa drei Jahre lang Mais oder 
Mtama oder beides folgen, während schon recht- 
zeitig vorher neues Ulesiland vorbereitet wird. 
Bei Neugründung einer Ansiedlung wird meist 
alles in Kultur genommene Land zunächst mit 
Ulesi besät. Für eine Familie von vier bis sechs 
Köpfen kann man etwa 3 ha Ackerland rechnen. 
Nach zwei Jahren muß, wie gesagt, beim Ulesi- 
feld Fruchtwechsel eintreten. Es sind dann unter 
Kultur die alten Ulesifelder, jetzt mit Mais usw. 
bestanden, und etwa 1½ ha neues Ulesifeld (dies- 
mal weniger, da ja Mais usw. zum Unterhalt 
vorhanden), zusammen also etwa 4½ ha. Un- 
gefähr alle zwei Jahre müssen neue Ulesifelder 
geschaffen werden, die stets nach etwa fünf Jahren 
(nach zwei Ulesi= und drei Maisernten) endgültig 
brach liegen und allmählich wieder Wald werden. 
Ich habe in zahlreichen Fällen alte Ackerfurchen 
im Walde gefunden. 
Die Zeit, welche verstreichen muß, bis ein mit 
Ulesi bebaut gewesenes Land von neuem in Ulesi- 
kultur genommen werden kann, beträgt im Durch- 
schnitt etwa 20 bis 30 Jahre. Nach dieser Zeit 
könnte also das ursprünglich erste Feld wieder 
gerodet und mit Ulesi bebaut werden. Während 
dieser Beit hat eine Familie etwa 20 bis 30 ha 
*) Aus einen exicht des Bezirksamtmanns Haupt- 
mann a. D. 
  
Landes unter Kultur genommen bzw. nach Er- 
schöpfung des Bodens brach liegen lassen. Für 
jeden Haushalt müßten also im Durchschnitt 
25 ha vorhanden sein, falls sich alles Land zur 
Kultur eignen würde. 
Ungoni umfaßt etwa 46 300 Quadratkilometer 
oder 400 000 ha; vor dem Aufstande waren etwa 
15 000 erwachsene Männer oder annähernd 
ebensoviele Familien vorhanden. Demnach wäre 
bei der oben beschriebenen Kulturmethode Platz 
für (4630 000: 25 -) 145 200 Familien. Das 
würde eine neunfache Bevölkerungsdichtigkeit im 
Vergleich zu der vor dem Aufstande vorhandenen 
ergeben. 
Die Wangoni sind tüchtige Ackerbauer. Be- 
sonders der Süden des Landes zeichnet sich darin 
aus. Mischkulturen sind dort sehr beliebt. Hier 
kann auch während der Trockenzeit gesät werden. 
Die zahlreichen, das ganze Jahr fließenden Bäche 
mit ihren zum Teil sumpfigen Rändern ermöglichen 
dies. Man nennt solche Felder #madinbac. 
Viehdüngung ist überall unbekannt und bei 
dem hiesigen Viehbestande auch nicht möglich. 
Die aussaugende Wirkung der Ulesikultur 
bringt es mit sich, daß die Wangoni sehr viel 
wandern müssen. Reist man kurz nach der Regen- 
zeit durch das Land, so sieht man eine Menge 
verlassener Dörfer inmitten von Feldern, die noch 
nicht abgeerntet sind. Gleich nach der Regenzeit 
wird umgezogen, weil dann der Boden der neuen 
Ansiedlung noch einigermaßen leicht zu bearbeiten 
ist. Dort wohnen die Leute einstweilen in Lagern. 
Hütten werden erst später gebaut. 
Wenn auf dem früheren Wohnsitz die Ernte 
reif ist, dann werden zum Zwecke des Einbringens 
die alten Hütten vorübergehend wieder bewohnt. 
Das häufige Umziehen ist die Ursache davon, 
daß man im Lande fast stets vergeblich nach den 
Namen von Dörfern fragt. Man erhält als 
Antwort entweder den Namen des Jumben oder 
den des nächsten Baches oder Berges. 
Die Hauptpflanzzeit sind Dezember und Jannar, 
also der erste Teil der Regenperiode. Die Leute 
sagen: Wer Mtama pflanzen will, muß dies schon 
im Dezember tun, für Ulesi ist auch Ende Jannar 
noch Zeit und Mais wird auch bei noch späterer 
Aussaat reif. An der Feldarbeit sind Männer 
wie Weiber beteiligt. Das Fällen der Bäume 
gehört dabei zur Arbeit des Mannes. Die 
sonstigen Verrichtungen des Ackerbaues werden 
von beiden Geschlechtern gemeinsam besorgt. Hat 
ein Mann mehrere Weiber, dann pflegt er 
die Felder entsprechend zu verteilen und ab- 
zugrenzen, so daß für jedes Weib ein gesondertes 
Feldstück vorhanden ist. Jedem Weibe kommt 
auch eine besondere Vorratshütte zu. 
(Fortsetzung S. 637.)
	        
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