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als Arbeitskräfte unentbehrlich sind, in jeder
Weise zu erhalten. Meine Auffassung über
diesen Punkt dürfte schon aus meinen Pro-
klamationen an die Hereros und Hottentotten er-
sichtlich sein, ich habe sie aber auch in einer Rund-
verfügung an alle Verwaltungsstellen des weiteren
niedergelegt, in der ich eine gerechte und humane
Behandlung derselben unbedingt zur Pflicht ge-
macht habe.
Es hat sich inzwischen herausgestellt, daß die
Hereros gute Arbeiter abgeben, und zwar sowohl
als Acker= und Gartenarbeiter, wie bei Berg-
werks= und öffentlichen Arbeiten, iusbesondere auch
bei Wegebauarbeiten und Eisenbahnbauten. Es
geht dies so weit, daß im allgemeinen die Hereros
als Arbeiter jetzt mehr geschätzt werden als die
Ovambos, welche man früher für die besten
Arbeitskräfte des Schutzgebiets hielt. Wer die
Hereros bei den Bahnarbeiten im Norden und
bei der Lüderitzbuchtbahn im Süden des Schutz-
gebietes gesehen hat, kann nicht zu der Uber-
zeugung gekommen sein, daß sie ihr Los als hart
oder drückend empfinden. Aber ist die Macht
der Gewohnheit schon bei den Weißen sehr
stark, so ist das bei den Eingeborenen doppelt
und dreifach der Fall. Deswegen müssen wir
den Eingeborenen Zeit lassen, um sich in die
gänzlich neuen Verhältnisse einzuleben, einzu-
gewöhnen. Es ist ganz naturgemäß, daß ein
Volk, welches bisher nur ein Nomadenleben ge-
kannt hat, noch für einige Zeit in diese frühere
Lebensgewohnheit zurückfallen wird, und daß ein-
zelne Teile desselben von Zeit zu Zeit versuchen
werden, sich der Arbeit zu entziehen, und wieder
ihre geliebten Berge aufsuchen. Dies wird
licherlich der Fall sein, sobald sie wissen, daß sie
nicht überwacht werden. Die Folge des Fort-
lanfens von der Arbeit ins Feld wird aber sein,
daß sie bald wieder Hunger leiden und nunmehr
versuchen werden, die Weißen, namentlich die
Farmer, zu bestehlen und ihnen Vieh zu ranben.
Die Hereros würden sich sehr viel schneller an
den jetzigen Zustand gewöhnen, wenn es möglich
wäre, ihnen die Nahrung zu geben, an die sie
von Iugend auf gewöhnt sind, nämlich Milch,
welche in der Form von Dickmilch (Omeira) das
Volksnahrungsmittel bildete. Bedauerlicherweise
ist dies zur Zeit nicht möglich, da weder die
Regierung noch die Farmer genügend Kühe und
Ziegen haben. Statt dessen müssen sie jetzt an
die ihnen ungewohnte Nahrung von Reis, Mais
und Mehl gewöhnt werden, die sie Zunächst sehr
ungern nehmen.
Angesichts der Gefahr, daß die Hereros, bis
sie sich mehr und mehr an die ihnen unbekannte
Arbeit gewöhnt haben, dazu neigen werden, in
die Berge zurückzulaufen und Räubereien und
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Diebstähle auszuführen, ist es notwendig, auch
im Norden des Schutzgebiets für die nächste Zeit
noch eine stärkere Truppe zu halten. Es
kommt noch hinzu, daß eine Anzahl Hereros,
und zwar gerade der Oberhäuptling Samunel
Maharero nebst seinem Sohne Friedrich und
einer Anzahl mächtiger Großleute, wie Julius,
Paul und die Familie Kawiseri, in Britisch-
Betschnanaland in der Nähe des Ngami-Sees
leben. Wenn auch die britische Regierung, und
zwar sowohl der Oberkommissar in Johannes-
burg wie der Resident Commissioner in Mafeking,
ihr Bestes getan haben, um ein Rückströmen dieser
Leute nach dem deutschen Gebiet zu verhindern,
so besteht doch die Gefahr, daß dieselben sich der
Wachsamkeit der Betschnanaland-Polizei entziehen
und ins Schutzgebiet zurückkehren. Solange die
Hereros, welche naturgemäß durch den langen
Krieg noch sehr viel mehr verwildert worden sind,
sich nicht völlig an die neuen Verhältnisse gewöhnt
haben, ist aber die Befürchtung nicht von der
Hand zu weisen, daß ihre Großlente sie zu einem
abermaligen Abfall von der deutschen Regierung
bewegen können.
Ein weiterer Teil der Hereros ist ins Opvambo-
land geflüchtet. Auch unter diesen befinden sich
Großleute, wie Salatiel, der Sohn des ver-
storbenen mächtigen Häuptlings Kambazembi von
Waterberg. Nachdem ich aus innerpolitischen
Gründen bald nach meiner Ankunft im Schut-
gebiet das Betreten des Ovambolandes im Ver-
ordnungswege verboten hatte, um zu verhindern,
daß Weiße zweifelhaften Charakters im Ovambo-=
land Handel trieben und dort den Frieden störten,
ist es schwer, mit Sicherheit festzustellen, wie viel
Hereros sich dort befinden und welche Aufnahme
sic bei den Ovambos gefunden haben. Einzelne
Händler haben versichert, daß sie bei einigen
Häuptlingen sehr gut ausgenommen worden sind,
und daß sie bei denselben eine große Rolle
spielen und die Stelle einer Art Kriegsminister
versehen. In wenig freundlichen Beziehungen
stehen wir zur Zeit nur mit dem Ovambohäupt=
ling Nechale, welcher bekanntlich die Station
Namntoni ohne jede Ursache im Beginn des Auf-
standes überfallen hat, und welcher nur durch die
Bravour der mit einem Unteroffizier und wenigen
Mann# besetzten kleinen Station abgehalten worden
ist, weiter nach dem Süden zu gehen und größeres
Unheil anzurichten. Ich habe versucht, mit Nechale
durch die Hilfe der finnischen Missionare des
Ovambolandes zu einer Beilegung des Kouflikts
zu gelangen, indem ich ihn zu bewegen trachtete,
eine Sühne für den Angriff und die Zerstörung
der Station nach dem Abzug der kleinen Be-
satzung, die sich, nachdem der erste Anprall ab-
geschlagen war, auf die stärkere, südlich stehende