Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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„Und die Rupaks sollen auf den togpog (die 
Schildlaus) achtgeben, die kranken Blätter abhauen 
und verbrennen. Wenn Stationsleiter Winkler 
die nachlässigen Rupaks straft, so geschieht das 
nur zu eurem Besten. Denn hier ist die Krank- 
heit noch nicht schlimm und nur an wenigen 
Stellen aufgetreten. Aber wenn ihr nicht achtgebt, 
dann wird die Krankheit groß und ille Kokos- 
bäume sterben wie in Yap, und ihr habt dann 
keine Kokos mehr. Darum folgt Winlkler; ihr 
Palauer seid ja alle vernünftige Leute und wißt, 
daß wir nur ener Wohl im Auge haben.“ 
Auf den Palau befinden sich ausgedehnte, mit 
vorzüglichem Futtergras bedeckte Flächen, die sich 
sehr für Viehzucht im großen Stil eignen würden; 
besonders der nördlichste Teil von Baobelthaop, 
die Halbinsel Arekolong, die nur auf eine etwa 
zweihundert Meter breite Strecke mit der Haupt- 
insel verbunden ist, wäre dafür wie geschaffen. 
Die Landenge wird soeben für den Kannverkehr 
durchstochen. Auch fruchtbares Land für Pflan- 
zungen ist reichlich vorhanden. Nicht nur Kokos- 
palmen gedeihen hier und die überall gebauten 
Knollengewächse. Ich begegnete auf Korror und 
anderen Plätzen kräftigen, gesunden Kakaobäumen, 
bedeckt mit Früchten, wie ich sic schöner und reicher 
auch in Westindien nicht gesehen habe. 
Da Palau jetzt regelmäßig von dem Jalnit- 
dampfer angelaufen wird, so wäre die Besiedlung 
mit anspruchslosen, arbeitsamen, deutschen An- 
siedlern ins Auge zu fassen. 
Trotz der zahlreichen und gesunden Kokos- 
bestände ist die Kopra-Ausfuhr ganz gering. Die 
japanischen und amerikanischen Firmen führen 
wie in VYap fast nur Perlschalen und etwas Schild- 
patt aus. 
Über die Mineralschätze der Palau-Inseln 
wurde wiederholt berichtet. Die eingehende Er- 
kundung der Palau, Marianen und gewisser Ka- 
rolinen-Inseln durch einen Geologen wäre eine 
Maßnahme, deren Kosten zu dem wahrschein- 
lichen Erfolg vielleicht in gar keinem Verhältnis 
stehen würden. 
Endlich setzte der ersehnte Nordwind ein, und 
am 16. November ging die „Ponape“ mit ins- 
gesamt hundertzwanzig Mannschaften und Passa- 
gieren wieder unter Segel. Am 19. erreichten 
wir Sonsol. Diese westlichsten unserer Karolinen: 
Sonsol-Fanna, Pulo-Anna, Pulo-Merir, Tobi und 
das Helenen-Riff stellen sich als niedrige Riff- 
inseln, Sandbänke auf einer Unterlage von Korallen 
dar. Sie schließen das mikronesische Inselreich 
wie eine Vorpostenkette gegen die Molukken ab 
und bilden (mit Ausnahme von Tobi) auch ethno- 
logisch die Grenze Mikronesiens. Sonsol wurde 
nach den Uberlieferungen der Eingeborenen von 
  
verschlagenen Bewohnern, und zwar von einem 
Weibe und drei Männern, der 510 Seemeilen 
entfernten Karolinen-Insel Sorol bevölkert. Von 
Sonsol aus sollen dann Pulo-Anna und Pulo- 
Merir, auch Tobi von den Nachkommen jener 
Sorol-Leute besiedelt worden sein. Das ist schon 
lange her. Denn bereits 1721 berichtet der 
Pater Cantova von einer bewohnten Jusel 
Sourrol südlich von Palau, die einigen von Ulea 
nach Guam verschlagenen Karolinern bekannt 
war.') Wir sehen daraus, daß die Mikronesier 
bereits vor Jahrhunderten auf ihren kleinen, 
offenen Kanus unerhörte, tollkühne Fahrten aus- 
führten, daß ihnen die auf einer Fläche von der 
mehrfachen Größe Deutschlands zerstreute Insel- 
welt wohlbekannt war. Wir Kulturmenschen 
wundern uns über die durch Jahrhunderte er- 
haltene Überlieferung. Aber das Leben dieser 
Eingeborenen auf ihren Inseln im unendlichen 
Weltmeer verläuft Tag für Tag, Jahr für Jahr 
in ewig gleicher Eintönigkeit, ereignislos, sorgenlos. 
Eine Sturmflut, ein gewaltiger, zerstörender Orkan, 
ein fremdes Schiff — das sind Ereignisse, die in 
Gesängen festgehalten und durch Generationen 
vererbt werden. Da bleibt in urwüchsigen, durch 
keine „Tagesneuigkeiten“ verwirrten Köpfen Raum 
und Halt für die Geschichte der Familie, des 
Stammes, für die Erlebnisse der Urahnen. 
Sonsol ist nicht ganz hundert Hektar groß 
und durch einen breiten, tiefen Kanal von einer 
zweiten kleineren Insel Fanna geschieden, an deren 
Nordküste sich (nach Kapitän Martens) vielleicht 
eine Ankermöglichkeit bietet. Die „Ponape“ 
ankerte nicht, die Bootslandung war unbequem; 
wir mußten fast hundert Meter durch seichtes 
Wasser waten. 
Auf Sonsol zählte ich hundertvierzehn Männer 
und hundertzehn Weiber, bin aber überzeugt, daß 
mehr Bewohner vorhanden sind; besonders Weiber 
und Kinder werden sich der Zählung entzogen 
haben. Fanna sollte #tabus und unbewohnt sein; 
auf meiner späteren Reise mit dem „Seestern“ 
besuchte ich Fanna und fand eine Anzahl Frauen 
und einige alte Männer vor. 
Die Sonsoler haben mit gewissen Abweichungen 
die Sprache und Sitten der Zentral-Karolinen 
bewahrt; meine Saipan-Karoliner konnten sich 
ohne weiteres mit ihnen verständigen. Die 
Männer zeigen weiche, fast weibliche Gesichtszüge 
und (wie die Rukleute) kleine, wohlgeformte 
Gliedmaßen. Das Haar tragen sie lang, Kämme 
bemerkte ich nur selten. Hals= und Ohrketten 
aus Ringen der harten Kokosschale, Arm= und 
Fingerringe aus Schildpatt vervollständigen das 
*) J. P. Horkinso Bericht über die Pelew-Inseln, 
heranogegeben von Theophil Friedrich Ehrmann. 
Weimar 1805.
	        
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