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jetzt wieder erholt haben. Daher die fürchterlichen
Hungergestalten, die zahlreichen Kindergräber,
denen wir mitten zwischen den Wohnungen be-
gegneten: mit Korallen und weißem Sand be-
strente Gräber, bedeckt von einem kleinen, niedrigen
ache.
Ich stellte den Leuten vor,
sie hier doch lebten; sie sollten mit mir kommen
nach Palau, Yap oder Saipan. Dort bekämen
sie Land, dort sei Nahrung im üUberfluß für alle
vorhanden. Besonders die armen Kinder wollte
ich mitnehmen. 48 Männer folgten mir; ich sah,
daß sie es zum Teil heimlich taten und daß sie
gegen die Befehle ihrer Eltern oder Herren
handelten. Kinder kamen nicht und auch nur
zwei Frauen. Für jede mußte ich aber acht
Stangen Tabak zahlen.
Es ist höchste Zeit, daß möglichst viele der
verkommenden Menschen von Tobi fortgeschafft
werden. Es ist ein Rettungswerk. Eine Miß-
ernte, ein Sturm, der die Kokosblüten beschädigt,
die Einschleppung der Schildlaus (die ich übrigens
hier nicht vorfand) würde die Mehrzahl zum
Hungertode verurteilen. Einer eingeschleppten
ansteckenden Krankheit würden diese geschwächten
Körper sicher erliegen.
Ich habe daher den Gonverneur alsbald ge-
beten, auch den „Seestern“ von Tobi so viel
Menschen als nur irgend möglich nach Palau
oder Saipan schaffen zu lassen. Noch an dem-
selben Tage fuhr der „Seestern“ zurück über
Sonsol, wo wir noch zahlreiche Eingeborene ein-
schifften, so daß schließlich 114 Männer und
73 Frauen an Bord waren.
Von diesen ließen wir 56 Männer und eben-
soviel Frauen, die Mehrzahl der Leute von
Merir und Pulo-Anna, in Palau zurück; sie
sollen in Eimelik angesiedelt werden. Dem
Wunsche der dortigen Händler, sie als Arbeiter
anwerben zu dürfen, gab ich zunächst nicht statt.
Auch die Palauer, die sie in ihre Familien auf-
nehmen wollten, wies ich natürlich ab, denn dort
wären sie Haussklaven geworden. Die Leute sollen
sich erst ein neues Heim schaffen.
In Palau hielt sich der „Seestern“ nur einen
halben Tag auf. Der stellvertretende Gonverneur
und ich besuchten den Aibathul; auch andere
Häuptlinge, Araklai, Math und Bismarck, waren
nach Korror zur Begrüßung gekommen. Am
20. Dezember traf der „Seestern“ in Vap ein,
um am 22. die Rückreise nach Herbertshöhe an-
zutreten.
Von den Tobileuten blieben 39 in Vap,
ebenso Eingeborene von Sonsol. Sie werden
zum Teil bei den Arbeiten des Bezirksamts be-
schäftigt, andere traten als Arbeiter in die Dienste
von Europäern. 24 Leute aus Merir und
in welcher Not
Pulo-Anna nahm ich am 15. Januar mit der
„Germania“ nach Saipan, wo ich sie ansiedeln
werde. 10 Tobileute folgten einem spanischen
Ansiedler als Arbeiter nach Saipan. So hatte
ich schließlich die eine Aufgabe, die die „Ponape“
nicht ganz zu leisten vermochte, mit der un-
erwarteten Hilfe des „Seestern“ zu lösen ver-
mocht.
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Deutsch-Hüdwestafrika.
Errichtung genossenschaftlicher Verbände.
Der vom Reichsverbande der Deutschen
landwirtschaftlichen Genossenschaften nach
Deutsch-Südwestafrika entsandte Sachver-
ständige Dr. Nolden, dem die Aufgabe gestellt
worden ist, die wirtschaftlichen Verhältnisse im
Hinblick auf die Errichtung genossenschaft-
licher Verbände im Schutzgebiete zu studieren
und dahingehende Bestrebungen zu fördern, be-
richtet über seine bisherige Tätigkeit, wie folgt:
Am 4. April fand eine Versammlung des
Farmvereins zu Windhuk statt, in welcher u. a.
auch die Frage des genossenschaftlichen Zusammen-
schlusses, im besonderen die Gründung einer Ge-
nossenschaftsschlächterei, zur Beratung stand.
Schon vorher hatte der Unterfertigte in
mancherlei Besprechungen Gelegenheit gehabt,
sich einigermaßen über die in Frage kommenden
Verhältnisse, zumal die Möglichkeit und Zweck-
mäßigkeit der genossenschaftlichen Organisicrung
namentlich des Farmerstandes, zu unterrichten.
Als Wesentlichstes ergab sich in erster Linie
die Organisierung des Personalkredites, und als-
dann, je nach Bedarf, die Organisation des ge-
nossenschaftlichen Einkaufes von Bedarfsartikeln
der Wirtschaft und des Haushaltes und der Ver-
kauf wirtschaftlicher Erzeugnisse.
Der Unterfertigte fand in jener Versammlung
eine sehr verständnis= und interessevolle Zuhörer-
schaft, und es gelang, zwei Genossenschaften zu
gründen.
Während die zeitlich in dieser Versammlung
zuerst gegründete Genossenschaft mehr eine lokale
Bedeutung hat und den Kreis ihrer Mitglieder
auf den Bezirk Windhuk und den Distrikt
Rehoboth beschränkt, ist die Deutsch-Südwest-
afrikanische Genossenschaftsbank als ein die
ganze Kolonie umfassendes Institut gedacht.
Die Grundlage und der Anfang aller ge-
nossenschaftlichen Arbeit ist die Organisierung des
Kredits, die Schaffung der Finanzaquelle sowohl
direkt für die Einzelmitglieder wie indirekt für
die mit anderen Aufgaben ins Leben gerufenen