Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Truppe hatte zurückziehen müssen, in Gestalt von 
Rindern zu zahlen. Nachdem er sich aufänglich 
nicht abgeneigt gezeigt hatte, hat er sich später, 
wie dies für den Wankelmut der Eingeborenen 
nur charakteristisch ist, unders besonnen und jede 
Sühne abgelehnt. Damit habe ich zunächst ge- 
glaubt, die Sache auf sich beruhen lassen zu 
sollen. Aus dieser Haltung des Nechale folgt 
aber, daß wir die Grenzstationen Namutoni so- 
wohl wie Okankwejo im Osten und Westen der 
Etosha-Pfanne stark besetzt halten müssen. Nur 
wenn dies der Fall ist, kann auf eine Abrechnung 
mit Nechale verzichtet werden, deren Ausbleiben 
er nach dem Charakter und Empfinden der Ein- 
geborenen, welche gegen ihre Feinde stets und 
unnachsichtlich die ihnen zu Gebote stehende Macht 
anwenden, an und für sich nicht für Milde, 
sondern für Schwäche auslegen wird, wie dies 
auch aus Außerungen hervorgeht, die er vor der 
Schließung der Ovambolandgrenze zu Händlern 
getan hat. Sobald wir jene Grenzstationen auf- 
geben, würden sie zweifellos von den Ovambos 
besetzt werden, und diese würden von dort aus 
sowohl den Bergwerksbetrieb der Otavi-Gesell- 
schaft in Tilumeb wie die Farmer des stark be- 
siedelten Bezirks Grootfontein belästigen und die 
friedliche Entwicklung im Norden des Schutzgebiets 
empfindlich stören. Wir wissen, daß die Orambos 
mit Gewehren und Munition reichlich ver- 
sohen sind, welche sie vom Norden sowohl wie 
vom Süden erhalten haben: vom Süden aus den 
Zeiten, bevor die deutsche Schutzherrschaft in Süd- 
westafrika erklärt war, sowie im ersten Jahrzehnt 
nach Inbesitznahme des Landes, wo die Truppen- 
macht viel zu gering war, um einen Munitions= 
scheuggel auch nur annähernd überwachen zu 
können. Die Gefahr des Munitionsschmuggels 
besteht aber auch im Norden des Kaoko-Feldes, 
wo alljährlich aus dem portugiesischen Gebiet, 
insbesondere aus dem Hochlande Umpata, Buren 
und Portugiesen in größerer Zahl den Kunene 
überschreiten, um in unserem Schutzgebiet große 
Jagden zu veranstalten. Der Stationschef der am 
meisten nach Nordwesten vorgeschobenen Station 
Zeßfontein hat berichtet, daß dieselben mit 
100 und mehr Eingeborenen, die sie zu diesem 
Zwecke bewaffnet haben, die rücksichtslosesten Jagd- 
züge auf Elefanten und anderes Wild unter- 
nommen haben. Es liegt auf der Hand, daß, 
solange diese Zustände anhalten, dem Waffen- 
und Munitionsschunggel auch in diesem Teile 
des Schutzgebiets Tür und Tor geöffnet ist. Die 
Station war bisher so schwach, daß der Stations= 
chef sich bei einer Patronille, welche er in jener 
Gegend unternommen hatte, in richtiger Er- 
kennung der Lage darauf beschränkt hat, den 
Jägern freundschaftlich die Hand zu drücken und 
  
sie höflich darauf aufmerksam zu machen, daß im 
deutschen Schutzgebiet bereits Jagdgesetze bestehen. 
Außerdem treiben sich ungefähr 8000 Busch- 
leute im Norden herum, die auch während des 
Aufstandes auf eigene Faust Räubereien voll- 
führt haben und nicht ohne Kontrolle gelassen 
werden können. 
Aus allen diesen Gründen wird auch nach 
Beendigung des Aufstandes im Norden zunächst 
noch eine stärkere Truppe zur Aufrechterhaltung 
der Ruhe und Sicherheit unbedingt notwendig sein. 
Wie steht es nun im Süden? Es ist in 
der Presse verschiedentlich darauf hingewiesen 
worden, daß in der Niederwerfung des Aufstandes 
keine wesentlichen Fortschritte gemacht würden. 
Lassen Sie mich, meine Herren, Ihnen kurz ver- 
gegenwärtigen, was in dieser Beziehung geschehen 
ist, seitdem ich die Geschäfte im Schutzgebiet über- 
nommen habe. 
Bei meinem Eintreffen fand ich die Nachricht 
vor, daß der alte Häuptling Hendrik Witboi 
soeben durch eine deutsche Kugel gefallen sei. 
Bald darauf hat sich der Stamm der Witbois, 
und zwar zunächst der Unterhäuptling Samuel 
Isaac, später Hendriks ältester Sohn Isaac Witboi, 
ergeben, nachdem den Witbois ebenso wie den 
Hereros das Leben zugesichert worden war, so- 
weit sie nicht Morde begangen haben. Bald 
darauf fiel der Häuptling Manasse der roten 
Nation mit seinen Anhängern im Osten, wodurch 
der Widerstand dieses Stammes beseitigt wurde. 
Ebenso stellte sich der Feldschuhträger-Häuptling 
Hans Hendrik mit seinem gesamten Stamm. 
Etwas später ergab sich Cornelius von Bethanien, 
einer der fähigsten und gefährlichsten Gegner, 
welche gegen uns im Felde stehen, mit seinem 
Anhang, während Simon Copper mit min- 
destens 100 waffenfähigen Leuten auf das britische 
Gebiet übergetreten ist und noch dort in der 
Kalahari sitzt, eine nicht zu unterschätende 
Gefahr für das Schutzgebiet bildend. Seitdem 
ist im Sommer d. Is. Morenga über die eng- 
lische Grenze gedrängt und neuerdings der An- 
führer Vielding, so daß zur Zeit nur noch 
Johannes Christian, der Häuptling der Bondel- 
zwarts, und der mehrgenannte Abraham Morris 
mit etwa 300 bis 400 bewaffneten Hottentotten 
gegen uns im Felde standen. Man kann also 
meines Erachtens nicht sagen, daß in der Krieg- 
führung kein Fortschritt gemacht worden sei. Es 
ist vielmehr langsam aber stetig vorwärts 
gegangen. Das Bedauerliche ist nun allerdings, 
daß seit einiger Zeit die Zahl dieser bewaffneten 
Hottentotten, die vom Truppenkommandeur auf 
300 bis 400 geschätzt wird, trotzdem beständig 
eine Anzahl davon im Kampfe erschossen oder 
gefangen wird, nicht oder doch kaum abnimmt.
	        
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