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Oberleutnant Barlach vermochten die Hottentotten
zwar noch zum Kampfe zu stellen, ihnen aber
die gestohlenen Tiere nicht mehr abzujagen.
Einen noch größeren Erfolg hatten die Hotten-
totten am 21. Juni bei Gabis, wo sie der 8. Batterie
nicht weniger als 118 Pferde und Maultiere ab-
trieben. Die Batterie griff zwar mit der 3. Er-
satzkompagnie zusammen die Räuber sofort an,
aber die etwa 150 Köpfe starke Bande setzte sich
bis zum Einbruch der Dunkelheit erfolgreich zur
Wehr und verschwand dann mit ihrer Beute in
südlicher Richtung. Sie wurden in den folgenden
Tagen von Major Sieberg mit der 2. und 8. Kom-
pagnic des 2. Feldregiments, der 3. Ersatzkom-
pagnie, einem Artillerie= und einem Maschinen-
gewehrzuge sowie den am Gefecht bei Warmbad
beteiligten Truppen eifrig verfolgt. Obwohl jedoch
die Verfolgung trotz mehrtägigen Mangels an
Wasser und Weide durch das Nohasebrevier bis
zum Oranje und an diesem aufwärts bis Ramans-
drift fortgesetzt wurde, führte sie zu keinem sicht-
baren Ergebnis. Auch die Abteilung Freyhold,
die inzwischen bei Violsdrift eingetroffen war,
konnte die Hottentotten, die in der Gegend von
Goabdrift den Oranje erreichten, nicht mehr ein-
holen. Sie stieß am 26. und 27. Juni in den
Oranjebergen auf einzelne schwache Trupps, die
aber überall auswichen. Stärkere Banden traten
unterhalb Violsdrift auf englisches Gebiet über.
Sie versuchten, einen Teil der geraubten Tiere in
Steinkopf abzusetzen, ein Teil der Bondels, darunter
der Unterkapitän Joseph Christian, wurde aber
bei dieser Gelegenheit von der Kappolizei festge-
nommen und in das Innere abgeführt, nach
einigen Wochen jedoch wieder freigelassen. Der
Rest der Bande des Johannes Christian, nach
der Schätzung des Majors v. Freyhold immer
noch etwa 200 Köpfe, blieb in der Gegend östlich
Außenkehr, verhielt sich hier aber im allgemeinen
untätig. In der zweiten Hälfte Juli jagte die
Abteilung Freyhold sie von neuem auf, und am
23. kam es bei Uhabis zu einem größeren Zu-
sammenstoß, bei dem Oberlentnant Barlach fiel
und ein Offizier und drei Reiter verwundet wurden.
Danach trat im äußersten Süden für kurze Zeit
Ruhe ein.
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Inzwischen war es auch in den Großen Karras-
bergen noch einmal lebendig geworden. An deren
Nordostecke hatten sich bereits Mitte Mai etwa
40 Hottentotten, wohl Versprengte der Banden
Morengas und Johannes Christians, gezeigt, die
dauernd von der dort verbliebenen Abteilung
Bentivegni aufgejagt wurden. Es gelang dem
Hauptmann v. Bentivegni, diese Hottentotten, die
ihren Raubzug nördlich bis gegen Daweb aus-
gedehnt und bei Kamelmund eine Anzahl Ochsen
abgetrieben hatten, am 26. Mai bei Gaminei
mit je einem Zuge der 5. und 6. Kompagnie
des 2. Feldregiments zum Kampfe zu stellen.
Der Feind wich nach kurzem Widerstand in nörd-
licher Richtung aus und ließ eine Anzahl Pferde
und Ochsen stehen. Am folgenden Tage setzte
Hauptmann v. Bentivegni seine Streife über
Nuinnui auf Kiriis (West) fort, wo die Wasserstelle
von Hottentotten besetzt sein sollte, ohne jedoch
eine Spur vom Feinde anzutreffen. Daraufhin
verteilte Hauptmann Wobring, dem die Truppen
in den Karrasbergen unterstanden, die 5. und
6. Kompagnie des 2. Feldregiments und die
Maschinengewehrabteilung Nr. 1 auf die Stationen
der nördlichen Karrasberggegend. Im Juni
unternahm Hauptmann v. Bentivegni nochmals
eine Streife durch die Berge, ohne daß es noch
zu nennenswerten Zusammenstößen gekommen
wäre.
Anfang Juli 1906 war der nenernannte
Kommandeur der Schutztruppe, Oberst v. Deim-
ling, im Schutzgebiet eingetroffen und hatte sich
nach Rücksprache mit dem Gouverneur über
Lüderitzbucht nach Keetmanshoop begeben, wo
ihm der in die Heimat zurückkehrende stellver-
tretende Kommandeur, Oberst Dame, am 6. Juli
das Kommando übergab, das er acht Monate
lang mit großer Umsicht und Hingabe geführt
hatte, zu einer Zeit, in der die Kriegführung
infolge der Verpflegungsschwierigkeiten besondere
Hemmnisse zu überwinden hatte.
Der neue Führer war nicht im Zweifel
darüber, daß es sich im Süden des Schutzgebiets
um einen von den Eingeborenen mit ganz außer-
ordentlicher Zähigkeit geführten Kleinkrieg handele,
und daß die Hauptquelle ihres Widerstandes in
ihren erfolgreichen Viehdiebstählen zu suchen sei,
durch die sie nicht nur die Mittel zu ihrem
Lebensunterhalt, sondern auch Tauschgegenstände
erhielten, mit denen sie bei ihren Helfershelfern
jenseits der Grenze jederzeit einhandeln konnten,
was sie an Waffen, Munition, Bekleidung und
sonstigen Bedürfnissen brauchten. Da bei den
bisherigen, meist mit größeren Abteilungen kon-
zentrisch geführten Unternehmungen das Ergebnis
oft in einem Mißverhältnuis zu dem Kräfteauf-
wand gestanden hatte, glaubte er von dieser Art
der Kriegführung absehen und zur Niederwerfung
des Gegners andere Mittel anwenden zu müssen.
Er beschränkte sich im wesentlichen darauf, an
den Hauptpunkten des Südbezirks, in Ukamas,
Warmbad, Uhabis sowie an den Großen und
Kleinen Karrasbergen stets marschbereite Ver-