W 539 20
Mangrove Baumarten, deren Rinde so wenig
Gerbstoff enthält, daß sie überhaupt nicht als
Gerbstoff in Betracht kommen kann. Es würde
zu weit führen, die sämtlichen Pflanzen der
Mangrovenformation namhaft zu machen
Für die östliche Mangrove kommen nament-
lich folgende Arten in Betracht: Rhizophora
mucronata Lam., Rh. conjugata L., Ceriops
Candolleana Arn., Brugiera gymnorrhiza Lamk.,
die sämtlich zu den Rhizophoraceen gehören.
Diese Arten, die durch die Luft= und Stelz-
wurzeln ein ganz charakteristisches Aussehen haben,
sind wohl auch in der Hauptsache diejenigen, die
tm Gebiete der östlichen Mangrove als die gerb-
stoffreichen angesehen werden und deren Rinde
für gerberische Zwecke gewonnen wird. Außer-
dem findet sich in der östlichen Mangrove noch
eine große Anzahl anderer Arten vor. Die west-
liche Mangrove ist wesentlich artenärmer; ihre
Hauptvertreter sind Rhizophora Mangle L.,
Avicennia tomentosa, A. nitida und Lagun-
cularia racemosa, von denen die erstgenannte
als die gerbstoffreichste angesprochen wird und
wohl ausschließlich in Frage kommt, wenn es
sich um Rinde aus der westlichen Mangrove
handelt.
Was die Gerbstoffgehalte dieser verschiedenen
Mangrovenrinden anlangt, so liegen bis jetzt
keine grundlegenden und planmäßigen Unter-
suchungen vor; es ist jedoch bekannt, daß, soweit
die oben genannten Arten in Betracht kommen,
die Rinden der östlichen Mangrovengewächse
reicher an Gerbstoff und ärmer an Nichtgerb-
stoffen sind als diejenigen der westlichen Man-
grovengewächse. Nach den bisherigen Erfahrungen
kann man für die ersteren einen Gerbstoffgehalt
von etwa 35 bis 45 v. H. und einen Nichtgerb-
stoffgehalt von etwa 5 bis 10 v. H. für die
Rinden der in Betracht kommenden westlichen
Mangrovengewächse einen Gerbstoffgehalt von 20
bis 30 v. H. und einen Nichtgerbstoffgehalt von
10 bis 15 v. H. annehmen. Das Verhältnis
zwischen Gerbstoff und Nichtgerbstoff spielt nament-
lich dann eine Rolle, wenn es sich darum handelt,
aus der Rinde stark eingedickte Auszüge für den
Handel herzustellen. Die Rinde der östlichen
*) Ich will hier nur einige Literatur angeben, in
der näheres über die Mangrovenformation zu finden
ist: Schimper, Die indo-malayische Strandflora
(Jena, Gustav Fischer, 1891), Pflanzengeographie auf
physiologischer Grundlage (Jena, Gustav Fischer, 1898):
Karsten, Über die Mangrovenvegctation im malayi-
schen Archipel (Cassel, Theodor Fischer, 1891), Vege-
tationsbilder: 2. Reihe, Heft 2: Die Mangrove-Begc-
tation (FJena, Gustav Fischer, 1904); Warming, Rhio-
phora Mangle (Englers Jahrbuch, Band IV, 1883).
Diese Auskünfte verdanke ich Herrn Prof. Dr. Volkens
in Dahlem.
Mangrovengewächse liefert meist dunklere Brühen
und dunkleres Leder als die der westlichen Man-
grovengewächse. Hinsichtlich der Gewinnung von
Mangrovenrinde kommen bei der östlichen Man-
grove vorzugsweise ein großer Teil der ostafrika-
nischen Küste und die Küste von Madagaskar,
von Australien und von Holländisch-Indien, bei
der westlichen Mangrove ein Teil der westafrika-
nischen und der amerikanischen Küste in Betracht;
von deutschen Schutzgebieten kommen hierbei
Deutsch-Ostafrika und Kamerun in Frage,
das erstere für Rinden der östlichen, das letztere
für Rinden der westlichen Mangrove. Denhardt
schätzt die in Deutsch-Ostafrika und in Kamerun
vorhandenen Mangrovenwaldungen auf mindestens
120 000 ha, wobei nicht übersehen werden darf,
daß nur ein Teil der in diesen Beständen be-
findlichen Bäume auf Gerbrinde genutzt werden
kann. #
In Deutsch-Ostafrika wird Mangrovenrinde
in den daselbst außerordentlich umfangreichen
Mangrovengebieten gewonnen und dann zu uns
eingeführt, wie aus der bereits mitgeteilten Ein-
fuhrstatistik hervorgeht. Die Gewinnung kann
sicherlich noch bedeutend erhöht werden. Die
dortige Forstverwaltung hat sich übrigens der
Mangrovenrindenfrage angenommen. Nach der
dem Reichstage vorgelegten Denkschrift über die
Entwicklung der deutschen Schutzgebiete im Be-
richtsjahre 1905/06 hat man in Ostafrika bereits
damit begonnen, abgeholzte Flächen und andere
Flächen mit Mangroven neu zu bepflanzen; diese
Bestände haben sich sehr befriedigend entwickelt.
Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß die
meisten Arten der Mangrove auch ein geschätztes
Holz liefern, so daß also der Mangrovenanbau
auch nach dieser Richtung hin beachtenswert ist.
Es sind ferner Bestrebungen im Gange, die
Mangrovengebiete in unseren Schutzgebieten in
der Weise auszunutzen, daß an Ort und Stelle
Extraktfabriken angelegt werden, die die Rinden
auslaugen und flüssige und feste Auszüge her-
stellen. Der Transport der Auszüge ist einfacher
und billiger als der der Rinde selbst, voraus-
gesetzt, daß sie genügend eingedickt sind und einen
höheren Gerbstoffgehalt haben als die Rinde.
Man ist ferner bemüht gewesen, Verfahren aus-
findig zu machen, durch die der Gerbstoff der
Mangrovenrinde oder ihrer Auszüge eine Ent-
färbung erfährt, damit dieser Gerbstoff dem Leder
keine so ausgeprägt rote Farbe erteilt. Diese
Bemühungen sind von Erfolg gewesen; es wird
gegenwärtig ein Mangrovenauszug hergestellt,
der sich in dieser Beziehung günstiger verhält.
Um die Mangrovenrinde noch mehr als bisher
in die Lederindustrie einzuführen, hatte die
„Deutsche Kolonialgesellschaft" vor zwei Jahren