Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

509 20C 
Die Hotelverhältnisse sind hier wie im ganzen 
Norden Brasiliens sehr primitiv. Dem Fremden 
bietet Fortaleza nichts, und er sucht, wenn er seine 
Geschäfte erledigt hat, die Stadt möglichst schnell 
wieder zu verlassen. Wie primitiv die Verhältnisse 
in Fortaleza sind, geht schon daraus hervor, daß 
trotz der Hitze kein Eis zu haben ist; nur ein 
Restaurateur besitzt eine kleine Eismaschine und gibt 
außer Sonntags nichts von seiner Produktion ab. 
In Fortaleza werden hauptsächlich die in Bra- 
silien viel gebrauchten Hängematten, außerdem Reise- 
koffer angefertigt. Es besteht auch eine Haus- 
industrie, die sich mit der Anfertigung von Klöppel- 
spitzen befaßt und recht hübsche Erzeugnisse liefert. 
Von den Staatseinnahmen, die im Jahre 1906 
etwa 3¼ Millionen Milreis betrugen, wurden 
etwa 45 v. H. durch die Exportzölle auf Landes- 
produkte aufgebracht. 
Fortaleza wird von deutschen und englischen 
Schiffen regelmäßig angelaufen. Im übrigen be- 
sorgt der Lloyd Brasileiro die Verbindung mit den 
anderen Küstenstädten. Im Jahre 1906 liefen 41 
ausländische Schiffe mit 66,612 Tons in den Hasen 
ein. Der Warenexport aus Ceará betrug nach der 
„Brazilian Review“ im Jahre 1906 12212379 
Milreis. Von den hauptsächlichsten Produkten 
wurden exportiert: 
Wert: Milr. 
an Manicoba-Kautschuk: 
im Jahre 1904 669 Tons 2 190 638 
- 2 150905 589 -- 2437 943 
- 2 15906 715 = 3570848 
an Baumwolle: 
im Jahre 1904 1271 Tons 1427 969 
- 2 1905 2964 2156778 
1906 4210 = 3 389 795 
an Carneubawachs: 
im Jahre 1904 344 Tons 712 464 
: 1905 403 = 723 016 
1906 720 = 1 783 558 
an Leder und Häuten: 
im Jahre 1904 für etwa 1 182 000 Milreis 
1900 = 2 934 000 - 
1906 = = 2528 000 - 
Der größte Teil dieses Exportes ging nach 
Europa, außer Leder und Häuten, wovon Nord- 
amerika den größeren Teil bezog. Während da- 
gegen vom Amazonaskautschuk die Hälfte der Pro- 
duktion von Amerika ausgcnommen wird, geht nur 
etwa 1 v. H. des Manicobakautschuks dorthin. 
- 
— 
= - 
Manihot Glaziovii. 
Von den Landesprodukten des Staates Ceará+ 
war mir die Produktion des Kautschuks aus der 
Manihot Glaziovii und die der Baumwolle, die ich 
bei der gleichen Produktion des Staates Pernam- 
buco beschreiben werde, ganz besonders interessant. 
  
Die Gebirgszüge in den Staaten Cearáä, Piauhy 
und Maranhäo werden als die Heimat der Manihot 
Glaziovii, dort Manicoba genannt, angesehen. Im 
Gegensatz zur Hevea brasiliensis erfordert sie nur 
geringe Feuchtigkeit. Sie erreicht eine Höhe von 
etwa 15 m. Die Blätter find drei= bis siebenlappig 
und sitzen an langen Stielen. Der Laubfall tritt 
im Staate Cearé in den Monaten Mai bis Juli 
ein. Die Samen sind oval, etwa 10 mm lang, 
7 bis 8 mm breit und 3 bis 4 mm dick, von 
grauer Farbe mit dunkleren Flecken. Die Rinde 
der Bäume bildet mehrere Schichten. Die obere 
graue ist sehr hart und mit dem Messer schwer zu 
bearbeiten; von der unteren grünen ist sie leicht 
abzulösen. Diese grüne Schicht ist weicher; in ihr 
befinden sich die Milchkanäle. Mit vier bis fünf 
Jahren erreicht die Manicoba, 1 m über dem Boden 
gemessen, gewöhnlich einen Stammdurchmesser von 
etwa 20 cm und ist dann zum Zapfen reif. 
In den oben genannten Staaten findet man 
außer der wildwachsenden Manicoba in neuerer Zeit 
auch Anpflanzungen. Hier ist z. B. die französische 
Pflanzung in Sierra do Vicente zu erwähnen. 
Sie liegt 400 bis 600 m über dem Meeresspiegel 
unweit Baturité im Gebirge, ist etwa sechs Jahre 
alt und umfaßt etwa 500 ha. Pro Hektar sind 
1500 Bäume angepflanzt. Die Bäume haben einen 
Stammdurchmesser von 20 bis 30 cm. Ein Teil 
ist infolge der großen Dürre eingegangen und 
durch Nachpflanzungen ersetzt. Die Pflanzung macht 
einen guten, gesunden Eindruck und ist seit einem 
Jahre ertragsfähig. Die Bearbeitung erfolgt mit 
der gleichen Machadinha, wie sie im Amazonas- 
gebiet zum Anschlagen der Hevea benutzt wird. Zu 
Peginn der Zapfsaison wird die Manicoba etwa 
1/ m über dem Boden an mehreren Stellen an- 
geschlagen, um den Baum zur Milchabgabe zu reizen. 
Die hiernach aus der Rinde fließende Milch gerinnt 
am Stamm und wird später als Sernamby ge- 
sammelt. Nach zwei Tagen wird dann mit dem 
regelmäßigen Zapfen begonnen; dieses erstreckt sich 
über drei Monate. Jeden dritten Tag in den 
Morgenstunden werden die Bäume, je im Ver- 
hältnis zu ihrer Stärke, an ein oder zwei Stellen 
angezapft. Zu diesem Zwecke schält man die alte 
graue Rinde an der Zapfstelle ab, so daß die untere 
grüne Rinde freiliegt. Die Zapfstellen wählt man 
möglichst nahe am Boden und fängt die Milch in 
kleinen Vertiesungen auf, die man neben dem Stamm 
in die Erde macht. In diesen kleinen Erdgruben 
gibt die Milch sehr schnell einen Teil ihrer Feuch- 
tigkeit an den trockenen Boden ab und koaguliert, 
der Form der Grube angepaßt, zu runden Fladen. 
Nach zwei Tagen wird der Gummi aus den Gruben 
gesammelt. Jeder Baum wird während eines Jahres 
in der Saison 30 mal angezapft; und bei jeder 
Zapfung kann man auf einen Ertrag von 8 bis 
10 g, also auf einen Jahresertrag per Baum von 
240 bis 300 g trockenen Gummis rechnen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.