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Ich bemerke, daß von den Ukuanjama etwa
20 000 auf deutschem, 60 000 auf portugiesischem
Gebiet sitzen.
Diese Tabelle gibt uns sehr viel Fingerzeige:
1. Ondonga hat sicher mehr als 25000 Ein-
wohner, denn 10 v. H. der ganzen Bevölkerung
werden kaum zur Arbeit gehen. Dasselbe möchte
ich von Ukuambi sagen.
2. Ongandjera, Ukualuisi, Ukualukasi und
Ombarantu, deren Bevölkerung ganz gewiß nicht
überschätzt ist, können bedeutend mehr Arbeiter
stellen. Ukualukasi und Ombarantu stellen über-
haupt keine Arbeiter.
Hier muß die Arbeit des Regierungsvertreters
einsetzen, der das nächste Mal das Amboland
bereist.
3. Das portugiesische Amboland stellt uns
jetzt schon fast die Hälfte sämtlicher Arbeiter. Nach
der Tabelle sind es: ¾ von 4000 Ukuanjama —
3000, von Ombandja 348, von Humbe 12, zu-
sammen 3360 Arbeiter. Wenn man die Listen
über den Ovamboverkehr weiter bis zum 1. Sep-
tember d. J. verfolgt, wird der Prozentsatz, den
Portugiesisch-Amboland stellt, noch größer.
Wie können wir den Arbeiter-Zuzug ver-
größern? Die beste Propaganda für größeren
Zuzug ist die Ovambo-Anwerbe-Verordnung vom
15. März d. J. Auch in den entferntesten Werften
ist es bekannt, daß die Ovambo jetzt freie Bahn-
reise hin und zurück und freie Verpflegung er-
halten. Ganz besonders müssen wir darauf
drücken, daß die Ovambo von ihren Arbeitgebern
richtig behandelt werden. Hier muß vor allem
vom Eingeborenen-Kommissar in Lüderitzbucht auf-
gepaßt werden.
Eine große Kalamität bei der Ovamboarbeiter=
frageist die Unregelmäßigkeit des Nachschubs. Außer
der Felderbestellung, die nicht etwa allein der
Frau obliegt, sondern in allen Stämmen (außer
Ukuanjama) ebensosehr dem Manne, sind es oft
Reibungen, die den Zuzug plötzlich versiegen
lassen, z. B. Differenzen zwischen den Häuptlingen
(Mandume — Kambonde), Raubzüge Ipumbos,
Hungersnot usw.
Man hat nun oft versucht, den Zuzug dadurch
regelmäßiger zu machen, daß man den Häupt-
lingen das Anerbieten machte, gegen Entgelt eines
Kopfgeldes pro Arbeiter monatlich so und soviel
Leute zu stellen. Ich halte dieses Mittel für sehr
zweischneidig. Man würde den Ovambo, die
jetzt freiwillig zur Arbeit kommen, die erzwungene
Arbeit nicht gerade begehrenswerter machen. Die
ganze „Sachsengängerei“ der Ovambo ist noch
jungen Datums, kaum vier Jahre alt, und hat
sich in dieser kurzen Zeit sehr entwickelt. Ich
möchte daher raten, diese Entwicklung ihren
natürlichen Gang weitergehen zu lassen. Es muß
Sache des Eingeborenen--Kommissars in Lüderitz-
bucht sein, die Ovambo, deren halbjähriger Kon-
trakt abgelaufen ist, zur Verlängerung zu be-
wegen. Das beste Mittel, den Zuzug der Ar-
beiter stärker werden zu lassen, ist: den Leuten
Bedürfnisse beibringen! Bedürfnisse sind ja der
stärkste Antrieb zur Arbeit und zur Entwicklung
des Erwerbssinns.
Hungersnot ist auch in diesem Jahre im
Ambolande ausgebrochen. Während 1908/1909
das Korn infolge zu vielen Wassers ertrank, konnte
es in diesem Jahre infolge zu geringen Regen-
falls nicht aufkommen. Während meiner An-
wesenheit herrschte bereits Hungersnot in Ukuambi,
Ongandjera, Ukualuisi und Ukualukasi. In Uku-
anjama war die Ernte etwas besser, ferner sind
gerade in diesem Gebiet sehr viele Fruchtbäume
vorhanden; Ondonga konnte sich noch hinhalten
durch Fische. Aber auch bei diesen beiden
Stämmen werden vom November ab keine Lebens-
mittel mehr vorhanden sein. Bei einzelnen
Stämmen sah ich jetzt schon Hungergestalten, die
einen wirklich jammern konnten. Es ist daher
gut, daß das Gouvernement eine Hilfsaktion ins
Werk gesetzt hat. Manch wertvolles Eingeborenen-
leben wird dadurch gerettet.
Gewehre haben die Ovambos sehr viele,
natürlich meistens Vorderlader. Munition ist an-
scheinend knapp. Die Bedeutung der Bewaffnung
bei diesen Eingeborenen-Stämmen liegt nicht im
Gewehr, sondern im Speer.
Für die Errichtung einer Station im Ambo-
lande würde mir das Waldgebiet zwischen On-
donga, Okuambi und Ukuanjama, von wo man
zu jedem Häuptlingssitz nicht über 50 km ent-
fernt ist, am geeignetsten erscheinen. Ich bin
überzeugt, daß der großen Masse des Volkes die
Errichtung einer Station willkommen wäre, da
lbergriffe und Grausamkeiten der Häuptlinge und
Großleute dann für immer aufhören würden.
* *
Einem Bericht des Eingeborenen-Kommissars
Tönjes über die gleiche Dienstreise ins
Amboland entnehmen wir noch folgende Einzel-
heiten:
Unser erster Besuch in Ondonga galt der
Häuptlingsmutter Namutaleni, einer Schwester
des zuletzt verstorbenen Häuptlings Kambonde II.
Ihr Sohn, Kambonde ka Hangula, regiert heute
als Dritter dieses Namens in Ondonga. Auf die
Nachfrage nach dem augenblicklichen Verhältnis
der verschiedenen Stämme untereinander erhielten
wir die Antwort: „Überall ist Friede, und wir
haben nichts zu fürchten, nur die beiden im He-
rerolande — er meinte die im Süden befindlichen
Söhne Itopes, Kambonde und Martin — machen