Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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sendung des Aufnahmematerials die Ergebnisse 
beider Abteilungen sicherlich das Vertrauen der 
anderen Regierung finden würden. In letzter 
Stunde aber führte den holländischen Leiter eine 
Revision seiner Uhrgänge zu der Auffassung, daß 
die Längenbestimmungen wohl eine Korrektur er- 
fahren würden, die eine weitere Verfolgung des 
Hauptflusses selbst nach Südosten hin rechtfertigen 
könnte. Erst nach weiteren sieben Tagen gemein- 
samen Vorgehens erfolgte dann tatsächlich die 
Trennung der Expeditionen der verschiedenen 
Bewertung entsprechend, die klärenden Rund- 
blicken von Berggipfeln einerseits, Itinerar-Ver- 
mehrungen anderseits, hier vom Geographen, dort 
vom Vermessungsoffizier, gezollt wurde. 
Ausgezeichnet haben sich wie in den voran- 
gegangenen Wochen, so besonders auf der letzten 
Strecke des Sepiklaufs, die flachgehenden Ein- 
baumkanus der Dajaks bewährt, die einzigen 
Fahrzeuge, die dem Gebirgsfluß gewachsen waren, 
in einer Höhe, wo die sonst überall schwärmenden 
Kanus der flußansässigen Eingeborenen längst 
verschwunden waren und Hängebrücken aus Rot- 
tang Platz gemacht hatten. Die Dajaks haben 
uns mit großer Bravour über alle heiklen Passagen 
gebracht, bis sich am 30. Oktober die Schnellen 
im engen Bett zu dicht und reißend folgten, als 
daß sie ihre Manöver noch weiter hätten aus- 
führen können. Schon am Tage, bevor wir 
uns zur Umkehr entschlossen, war ein holländisches 
Boot umgeschlagen und verschwand mit allem 
Gepäck im Strudel, nur der Insasse, Dr. Hu- 
brecht, konnte mit Mühe gerettet werden. Am 
30. Oktober also erreichte die Bergfahrt in 4 497 
südlicher Breite und rund 141° 15“ (ge- 
nauere Angabe vorbehalten) östlicher Länge 
ihr Ende. 
Die Gründe, die mich zur Umkehr bewogen, 
waren folgende: 
1. Wir kamen in den letzten Tagen nur sehr 
langsam vorwärts, zu langsam, als das es zu 
verantworten gewesen wäre, um eines wenige 
Kilometer langen Vormarsches willen die Sicher- 
heit der bisherigen Resultate, die mit dem ber- 
genden Boote verloren gewesen wären, aufs Spiel 
zu setzen. Kein Anzeichen sprach dafür, daß der 
Fluß oberhalb der kritischen Schnellen besser be- 
fahrbar werden würde. , 
2. Der Nordwest-Monsun hatte mit schweren 
Regen eingesetzt. Wir mußten die letzten Lager- 
plätze infolge plötzlichen Steigens des Wassers 
nachts eilig räumen; hochwassersichere Plätze 
wurden immer seltener. Es bestand also die 
Aussicht, daß mit vorrückender Regenzeit länger 
anhaltende Hochwasser zum Biwakieren auf den 
Talhängen zwingen würden, was bei der Steil- 
heit der Uferberge nicht durchzuführen gewesen 
  
wäre. Schwerer fiel die Gefahr ins Gewicht, 
abgeschnitten zu werden, wenn Hochwasser in 
Felsengen mit Steilwänden den Weg verlegte. 
Wir durften das Risiko, daß mit einigen solcher 
Stellen für den Rückweg schon auf uns lag, nicht 
vermehren. » 
3. Auf Verpflegung oder Hilfe der Ein- 
geborenen des Oberlaufs war im Falle einer un- 
verhofften Überschreitung des Rückkehrtermins nicht 
zu rechnen. Selbst in nächster Nähe des Stand- 
lagers waren die anfangs guten Beziehungen 
offenen Feindseligkeiten gewichen. 
Nur für eine Aufgabe mußte noch Zeit er- 
üÜbrigt werden: während die Holländer umkehrten, 
um noch das oben genannte und ein benach- 
bartes Nebenflüßchen zu rekognoszieren, erstieg die 
deutsche Abteilung einen Gipfel des umgebenden 
Gebirges. Eine großartige Fernsicht, alle 360 
Grade des Gesichtskreises umfassend, bis zur Juliana- 
spitze des zentralen Schneegebirges im Westen 
reichend, brachte im Laufe des 3. bis 13. No- 
vember aus 1570 m Höhe den ersehnten Über- 
blick über das Relief der tief im engen Ta 
durchruderten Strecke. 
Die Rückfahrt ging glatt vonstatten. Im 
Standlager trafen wir wieder mit der holländischen 
Abteilung zusammen, deren Führer an Dysenterie 
und Malaria schwer daniederlag. Im Schlepp 
des „Grenzjagers“, der seinerzeit mit dem Nach- 
trupp bis zum Standlager hinaufgefahren war, 
langten wir am 23. November bei dem Dorfe 
Tscheßbandai an. Hier lag, uns erwartend, 
der deutsche Regierungsdampfer „Delphin“ vor 
Anker, das Kriegsschiff ersetzend, um dessen Ent- 
sendung ich gebeten hatte. Dicht beim „Delphin 
lag die „Java“ der Holländer. 
In schneller Fahrt auf vollem Strom — 
unsere alten Lagerplätze auf dem Flußufer der 
Stromkonvexitäten waren alle unter Wasser ge- 
setzt — erreichten wir am 26. November das 
Meer. Am Abend des 27. langten wir in 
Friedrich Wilhelmshafen an; während die 
übrigen Mitglieder der Expedition von hier mit 
dem „Delphin“ direkt nach Rabaul weiterfuhren, 
folgte ich einer Einladung des Kommandanten 
S. M. S. „Planet“, über Neu-Mecklenburg den 
Weg zu nehmen. 
Ergebnis. ç 
Das Hauptergebnis der Stromfahrt ist die 
Erkenntnis, daß der Sepik nicht, wie man ver- 
mutete, im Nordwesten, sondern im Südosten 
des Grenzgebietes seinen Ursprung nimmt. Von 
dem Punkte ab, wo die bisher gültige Karte 
seinen äußersten bekannten Punkt zeigt, wendet 
sich der Fluß (im Sinne der Bergfahrt gesprochen) 
in unzähligen Mäandern zunächst westwärts, bieg
	        
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