Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

lassen. Es ist nicht anzunehmen, daß mehr als 
250 waffenfähige Männer da sind, vermutlich sind 
es weniger. 
Ülber die Zahl der Frauen und Kinder wissen 
wir gleichfalls nichts Genaues. Daß die Aufrührer 
eine ganze Anzahl Gewehre haben, steht fest. 
Es wird sich hauptsächlich um Winchesterbüchsen 
handeln. Daneben sollen sie Revolver in ihrem 
Besitz haben. Die Gewehre stammen wohl noch 
aus alter Zeit. Anhaltspunkte dafür, daß die 
Eingeborenen neuerdings in den Besitz von Ge- 
wehren gelangt sind, fehlen. Es scheint nicht, 
als ob- die Aufrührer viel Munition haben. Je- 
denfalls sind sie im Verbrauch sehr sparsam. Auch 
sind einmal Patronen gefunden worden, die mit 
Hilfe von Bananenblättern fertig gemacht waren. 
Auf der anderen Seite will allerdings der Halb- 
spanier Villacon, der mehrere Tage gefangen 
gehalten wurde, gesehen haben, daß der Einge- 
borene Jomatau, der Führer der ganzen Be- 
wegung, ganze Packen neuer Patronen verteilt 
hat. Der weitere Verlauf wird zeigen, inwieweit 
diese Beobachtungen zuverlässig waren. Anzeichen 
dafür, daß in letzter Zeit Waffen= und Munitions= 
schmuggel getrieben worden sei, fehlen sonst voll- 
ständig. 
Neben Winchesterbüchsen und Revolvern be- 
sitzen die Jekoyleute einige Vogelflinten. Im 
übrigen wird das lange Messer der Ponapeleute 
ihre Waffe sein. 
Die beste Unterstützung finden sie aber jeden- 
falls in dem zu einer Verteidigung außerordentlich 
gut geeigneten Gelände. Die Insel Jekoy ist ein 
großes Felsenmassiv mit steil abfallenden Wänden. 
Nur wenige, schwer gangbare Pfade führen auf 
die Höhe, die voraussichtlich die letzte Verteidi- 
gungsstellung sein wird. Ein mühsames Klettern 
Mann hinter Mann ist notwendig, um hinaufzu- 
kommen. Dannm giht; es zahlreiche Schlupfwinkel 
und Höhlen, die alle ausgezeichnete Verstecke bieten 
und Möglichkeiten, um aus dem Hinterhalt her- 
aus dem Angreifer schwere Verluste beizubringen. 
Die Pfade sollen leicht zu beherrschen sein und 
durch herabrollende Steine ungangbar gemacht 
werden können. Sie sind jetzt unten durch künstliche 
Befestigungen, Steinwälle und Verhaue gesperrt. 
Um die ganze Jusel herum zieht sich ein Riff, 
das nur bei Hochwasser und auch dann an den 
meisten Stellen nur für Kanus passierbar ist. Nur 
wenige Einfahrten erlauben eine Annäherung im 
Boot bis an die Insel. Diese Zufahrtsstraßen 
sind von der Insel aus leicht durch Gewehrfeuer 
zu bestreichen. . 
Die Jekoyleute sind wie alle Ponapeleute als 
recht kriegstüchtig anzusehen. Es fehlt ihnen nicht 
an Mut. Weimn sie auch einen Angriff nicht ge- 
  
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wagt haben, so muß man doch wohl, wenn es 
zum Entscheidungskampf kommt, mit einem er- 
bitterten Widerstand rechnen. 
1 
Nach den inzwischen eingegangenen, bereits 
veröffentlichten telegraphischen Nachrichten (ogl. 
Bericht II) ist es dem Landungskorps des Kreuzer- 
geschwaders zusammen mit der Polizeitruppe ge- 
lungen, die in dem Bericht beschriebene schwer 
zugängliche Verteidigungsstellung der Aufständischen 
ohne größere Verluste zu erstürmen und eine er- 
hebliche Zahl von Jekoyleuten gefangen zu nehmen- 
Ein Kampf mit den Bergstämmen des Sinisterre- 
Gebirges.“") 
Aus einem Bericht des Bezirksamtmanns Berg- 
hausen in Friedrich-Wilhelmshafen. 
Der Zug gegen die Bergbewohner an der 
Raiküste wurde am 18. und 19. November wie- 
derholt; die Expeditionstruppe war durch eine 
von Rabaul gesandte Abteilung und die Ein- 
stellung gedienter Soldaten von Siar, Ragetta 
und Ruo auf rund 100 Mann verstärkt worden- 
Von Beamten nahmen an der Expedition teil Re- 
gierungsarzt Dr. Liesegang, Sekretär Brückner, 
Polizeimeister Stüben und der Bezirksamtmann; 
S. M. S. „Planet“ gab auf Ersuchen zwei Maschinen= 
gewehre mit Bedienung und Bedeckungsmannschaft 
unter dem Befehl des Oberleutnants zur Ser 
Guelscher bei. Die Hin= und Zurückbringung 
der Expeditionstruppe nach der Raiküste über- 
nahm S. M. S. „Planet“. 
Die zu bestrafenden Dorfbewohner entzogen 
sich dem erwarteten Zusammenstoß durch die 
Flucht. Die verlassenen Dörfer Kuarong, Mot 
und zwei weitere an den Überfällen auf Küsten- 
bewohner beteiligte Dörfer wurden niedergebrannt 
zwei Eingeborene der genannten Dörfer von den 
Soldaten auf der Flucht erschossen. Die Maschinen“ 
gewehre hatten Gelegenheit, ein entfernter gele 
genes Dorf und eine Gruppe Eingeborener, die 
auf einer Höhe erschienen, unter Feuer zu nehmen. 
Der Verlust einer Anzahl der ihrigen bei 
dem Gefecht am 30. Oklober, der bei dem er- 
neuten Zuge erfolgte Tod zweier Eingeborener 
und das Niederbrennen von vier der an den Mor = 
zügen beteiligten Dörfer ist zunächst eine geuie 
gende Bestrafung der Bergleute und wird t 
aller Voraussicht nach von weiteren unternehmungen 
gegen die Küstenleute abhalten. Die letztere 
haben mit dem Wiederaufbau ihrer Dörfer un 
mit ihrer Feldarbeit begonnen. Zur Durchführung 
der Befriedung der Küste und zur Befestigung 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1911, Nr. 2, S. 53 f.
	        
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