Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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in der Herde gingen, ohne daß ihnen eine be- 
sondere Wartung zuteil wurde. Nicht einmal 
ein Windschutz im Kraal für die Nacht, um Er- 
kältungen zu vermeiden, war bei den meisten 
Buren vorhanden, so daß den Tieren die Akkli- 
matisation noch erschwert wurde. Die bei dem 
ersten größeren Versuche, Wollschafe hier einzu- 
führen, eingetretenen Verluste sind daher nicht zu 
verwundern; sie werden auch bei weiteren Ver- 
suchen dieser Art bei einer noch so wenig vor- 
bereiteten Weide trotz der bereits vorliegenden 
Erfahrungen nicht ganz zu vermeiden sein. In 
Wirklichkeit ist die Verlustziffer in Geldwert nicht 
als hoch anzusprechen. 
Wenn man hier etwa die bisherigen Leistungen 
weißer Farmer mit den Viehbeständen der Masai, 
Somali oder auch einiger Dschagga-Häuptlinge 
in Vergleich setzen wollte, so würde das Ergeb- 
nis durchaus nicht zugunsten der Weißen aus- 
fallen. Auch die wenigen von privater Seite 
gemachten Aufwendungen für Verbesserung infolge 
Zuführung europäischen Blutes kann an dieser 
Tatsache kaum etwas ändern. 
Es bleibt bedauerlich, daß von staatlicher wie 
auch privater Seite für die Förderung der hie- 
sigen Rindviehzucht durch Einführung deutscher 
Rassen noch nicht mehr geschehen ist. Aus 
Billigkeits= und Zweckmäßigkeitsgründen werden 
besonders Private ihren Bedarf an Zuchtvieh aus 
Britisch-Ostafrika zu decken bemüht sein, wodurch 
die englischen Rassen, wie Shorthorn, Ayrschire, 
Hereford usw. auch für unsere Zuchtrichtung von 
bestimmenden Einfluß werden. 
In neuerer Zeit sind von dem Besiedelungs- 
komitee der deutschen Kolonialgesellschaft zwei 
junge Franken (Scheinefelder) Bullen eingeführt 
worden, von denen leider der beste eingegangen ist. 
Die hiesigen Frankenkreuzungen scheinen 
übrigens in Form und Schwere bei weitem hinter 
jenen schwererer Schläge, wie z. B. mit Fries- 
ländern und Shorthorn, zurück zu bleiben. Ahn- 
liche Erfahrungen wird man vielleicht auch mit 
dem so oft und auch nicht mit Unrecht em- 
pfohlenen rotfarbigen, mittelhochdeutschen Gebirgs- 
vieh machen, dem die von Herrn Illich in Kwai 
aus Allesbach bei Weiden eingeführten Franken 
sehr nahe stehen. Die jeweils gegebenen Ver- 
hältnisse in bezug auf Klima und Qualität der 
Weide werden auch hier neben der Nutzungs- 
richtung den bestimmenden Faktor bei der Rasse- 
wahl abzugeben haben. Eine eingehende Er- 
örterung dieser Fragen muß einer späteren 
speziellen Berichterstattung vorbehalten bleiben. 
Es soll aber schon jetzt darauf hingewiesen 
werden, daß die Regierung bei der Hebung der 
Landestierzucht ein großes Interesse daran hat 
und haben muß, die einzuschlagende Zucht- 
  
  
richtung von vornherein in zweckmäßige Bahnen 
zu lenken. 
Der ganze Bezirk Aruscha und noch mehr 
Iraku mit einer dichten Eingeborenenbevölkerung 
zeigen für Viehzucht günstige Vorbedingungen 
und besitzen einen nicht nur zahlreichen, sondern 
auch qualitativ recht befriedigenden Viehbestand. 
Die höhere Lage, sowie der größtenteils aus- 
gesprochene Steppencharakter der genannten Ge- 
biete verbieten die Kultur von Plantagen- 
gewächsen wie Baumwolle und Gummi, während 
in den fruchtbaren Waldpartien um Aruscha der 
Anbau von Kaffee und in den trockeneren Ge- 
bieten ein gemischter Betrieb, bei dem die Vieh- 
zucht mehr oder weniger überwiegt, am Platze 
ist. Für den Anbau europäischer Nutzpflanzen 
sind die Aussichten um Aruscha mit seinem milden 
und humosen Lehmboden mit Bewässerungs- 
möglichkeit besonders günstig. Selbst die Buren 
würden schon jetzt an Weizen, Mais, Kartoffeln 
usw. weit mehr produziert haben, wenu sie einen 
geeigneten und sicheren Absatz für diese Produkte 
gefunden hätten. So bietet es z. B. in Aruscha 
heute schon Schwierigkeiten, das von nur wenigen, 
in der Nähe sitzenden, tüchtigeren Buren pro- 
duzierte Weizenmehl an den Mann zu bringen. 
Wenn es auch einen rostsicheren Weizen noch 
nicht gibt und in absehbarer Zeit auch noch nicht 
geben wird, so ist es doch nur eine Frage ge- 
eigneter Sortenauswahl und zielbewußter Züch- 
tung, die Widerstandsfähigkeit gegen Rost derart 
zu heben, daß auch in Jahren, die der Rost- 
entwicklung und -Verbreitung günstig sind, auf 
eine mittlere Ernte wird gerechnet werden können. 
Eines Schädlings, einer Cocinellide, ist 
hierbei Erwähnung zu tun, der infolge seines 
massenhaften Auftretens eine ernste Gefahr für 
alle Getreidearten abgibt, und dessen jetziges 
Verbreitungsgebiet besonders am Südwest-Kili- 
mandjaro und am Mern liegt. Der Käfer hat 
mit dem zunehmenden Maisbau in den letzten 
Jahren eine bedeutende Vermehrung erfahren. 
Er frißt das grüne Blattgewebe, so daß die 
trockenen, weiß aussehenden Gerippe übrig bleiben. 
Werden die Pflanzen in jugendlichem Stadium 
befallen, so kann unter Umständen die Ernte als. 
vollkommen vernichtet gelten. Als direktes Be- 
kämpfungsmittel dürfte wohl ein Vergiften mit 
Arsensalzen in Frage kommen, während ander- 
seits auch die periodischen Flugzeiten für die 
Auswahl der Pflanzzeiten entsprechende Berück- 
sichtigung erfahren müssen. 
Ungefähr 2 Stunden von Aruscha an der 
großen Fahrstraße nach Moschi am Doruma 
zwischen den Pflanzungen Michalakis und Joubert 
liegt noch ein Stück unvergebenes Land, wo für 
Weidezwecke ein ausreichendes Areal zur Ver-
	        
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