Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

Die Grũndung der Station Banjo im Jahre 1902. 
Von Oberleutnant Zickwolff. 
„Joko, 28. November 1901. Ich beab- 
sichtige Anfang Dezember nach Tibati zu 
marschieren, um dort meine Kompagnie von 
Hauptmann Cramer v. Clausbruch zu über- 
nehmen und dann ohne Zeitverlust an die 
mir gestellte Aufgabe: Gründung einer 
Station bei Banjo zu gehen.“ 
Zu der Zeit, da Oberleutnant Nolte, da- 
mals Kommandant der von ihm „zur dauernden 
Sicherung der Errungenschaften des Wute-Ad 
Feldzuges“ im Jahre 1899 erbauten Station 
Joko, diese Worte an den Gouverneur v. Putt- 
kamer schrieb, hatten sich die politischen Verhält- 
nisse Deutsch-Adamauas in folgender Weise ent- 
wickelt: 
In Tibati hatte die deutsche Regierung am 
13. Juli 1901 einen langwierigen Herrschaftsstreit 
der beiden Prätendenten Abo und Magelli durch 
Ernennung des letzteren zum Lamido entschieden; 
auch Tinger wurde als dem Magelli untertan 
erklärt. Der Lamido von Tinger, welcher den 
Zwist in Tibati entfacht und durch Hetzereien 
sowie Lieferung von Kriegsmitteln den Jerima 
Abo in das unselige Abenteuer gedrängt hatte, 
war, nach cinem unglücklichen Treffen in der Nähe 
seiner Hauptstadt, nach Yola entflohen. Dieser 
erste Platz Adamauas selbst wurde bald nachher 
durch die Engländer in Besitz genommen. Die 
Truppen unserer sog. Tibati-Yola-Expedition hatten 
am 23. August Ngaundere erstürmt. Am 24. Ok- 
tober hatte Leutnant Sandrock dort mit dem Bau 
einer Station begonnen, während die vereinigte 
2. und 4. Kompagnie auf Garua weitergerückt 
waren. Auch dort hatte die Truppe nach meh- 
reren Einzelgefechten und Zurückweisung eines 
organisierten Fulbe-üÜberfalls auf das Expeditions- 
lager bereits festen Fuß gefaßt, als einem Befehl 
des Gouverneurs zufolge die Unternehmung ab- 
gebrochen und die Mehrzahl der Truppen zurück- 
gezogen werden mußte. Es verblieben nur die 
Oberleutnants Dominik und v. Bülow, in be- 
sonderem Auftrage vom Auswärtigen Amt nach 
Adamaua entsandt, bei Garua stehen. Die deutsche 
Tschadsee-Expedition unter Führung des Oberst- 
leutnants Pavel, die später als die erste deutsche 
Truppe die Gestade des Tschad erreicht hat, war 
von der Küste aufgebrochen und im Vormarsch 
begriffen. 
Mit dem ihm eigenen Feuereifer ging Ober- 
leutnant Nolte ans Werk. Aber noch war die 
ihm übertragene 4. Kompagnie unter ihrem bis- 
herigen Führer Hauptmann Cramer v. Claus- 
  
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Kamerun. 
bruch zu sehr in Garua festgehalten, als daß sie 
den Befehl zum Abbruch der Unternehmungen 
ohne eine schädliche Preisgabe errungener Waffen- 
erfolge ungesäumt hätte ausführen können. Auch 
die Preisgabe der neuen Station Ngaundere 
und ihre Entblößung von der aus Teilen der 
4. Kompagnie gebildeten Besatzung erschien nicht 
geraten, ehe man über die Stellung und die 
weiteren Ziele der um Garua operierenden Expe- 
ditionsabteilungen völlig klar zu sehen vermochte. 
Ungeduldig geworden, marschierte Nolte schließlich 
nach Ngaundere; er konnte dort am 7. Februar 
1902 seine Kompagnie endlich ziemlich vollzählig 
übernehmen und traf am 25. in Banjo ein, wo 
tags darauf mit den nach der Aufgabe Ngaun- 
deres gleichfalls freigewordenen Truppen auch 
Leutnant Sandrock anlangte. In der Stadt, 
nahe der Lamido-Burg, wurde Lager bezogen; 
schon am darauffolgenden Tage wählte und ver- 
maß Nolte auf einem nördlich der Stadt beherr- 
schend gelegenen Hügel den Platz für die künftige 
Station Banjo. Es ist die Stelle, auf der sie 
sich heute erhebt. 
Unter den Fullah-Staaten Adamauas war zu 
jener Zeit die Herrschaft Banjo eine der mäch- 
tigsten. Haman Gabdo, der Gebieter des von 
ihm um das Jahr 1848 begründeten Reiches 
Banjo, hatte das ihm erbeigene Land Kontscha 
und das den Ndorros entrissene Gaschaka ver- 
einigt und die beiden Reichsprovinzen seinen 
Söhnen Bakari und Sambo als Statthaltern 
unterstellt. Seinem ältesten Sohne Osmanu 
war dagegen die Reichs-Throufolge in Banjo 
selbst vorbehalten, welche dieser nach des Haman 
Gabdo Tode und nach Niederwerfung der üb- 
lichen Parteifehden und Intrigen auch antrat. 
Er hatte damit die trotz unausgesetzter Bruder- 
kriege bis auf den heutigen Tag andauernde, von 
dem bedeutenden Haman Gabdo begonnene 
Familienherrschaft weitergeleitet. 
Nach Osmanus Hinscheiden regierte 1892 
dessen Sohn Omarn. Er sah als Erster die 
Weißen mit ihren unbesiegten Waffen in bedroh- 
licher Zahl ins Banjo-Land kommen, sah ihr 
unaufhaltsames Vordringen und mußte es nun 
erleben, daß die deutsche Herrschaft, die in Joko- 
bisher ihren nördlichsten Stützpunkt besessen hatte, 
zur Errichtung einer neuen Niederlassung bei 
Banjo schritt. Omaru hatte bis dahin zwar eine 
Auseinandersetzung mit den deutschen Waffen 
nicht gesucht, indessen war seine Haltung bei ver- 
schiedenen Anlässen als hinreichend schwankend, 
abwartend, unsicher erkannt worden, um seinen 
eifrigen Sympathieversicherungen — die besonders 
warm dann erklangen, wenn ihm in damals ge-
	        
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