GV 882 20
Kamerun.
Gefangennahme des Häuptlings Fontem.
Nach einem Bericht der Station Dschang.
Am 17. Mai d. IJs. teilte das Bezirksamt
Ossidinge mit, daß sich bei ihm ein Bangwa-
Mann gemeldet habe, der behauptete, der alte
Häuptling Fontem lebe noch, und zwar in sei-
nem Heimatsdorf (Fontem). Er kenne das Ver-
steck. Gleichzeitig wurde der Mann, ein Foreke-
Tscha-Tscha-Eingeborener namens Abasi, nach
Dschang überwiesen. Am 28. Mai brach der
Stationschef unter Führung des Abasi mit einem
Vizefeldwebel und 25 Soldaten vom Dorfe Fo-
tabong auf und erreichte nach anstrengendem
Gebirgsmarsch das Dorf des alten Fontem,
welches etwa 1¼ Stunden von der früheren
Station Fontem entfernt im Bergbusch gelegen
war. Kurz vor dem Eintreffen der Abteilung
hatte Fontem diese bemerkt und war mit all
seinem Anhang geflüchtet. Im Dorfe wurden
drei Gewehre 71, mehrere Buschgewehre und ein
kleiner Blechkoffer voll 88er Patronen, 71 er Pa-
tronen und Patronen zur Mauserpistole gefunden,
die, nach den Jahreszahlen zu schließen, von
einem gefallenen Anwerber namens Conrau her-
rührten.
Der Stationschef von Dschang besetzte das Dorf
und ließ sofort den jetzigen Häuptling Fontem, einen
Sohn des Alten, holen. Unter Hinweis auf die
gefundenen Patronen wurde ihm gesagt, es helfe
nun kein Leugnen mehr, sein seit 1903 gesuchter
Vater lebe noch, und zwar in diesem Dorfe. Falls
er ihn nicht zur Stelle schaffe, würden seine sämt-
lichen Großleute, die alle der Begünstigung schuldig
seien, so lange in Bana festgesetzt werden, bis
wir den alten Fontem hätten. Diesem werde
das Leben zugesichert.
Diese Maßnahme hatte Erfolg. Am 29. früh
stellte sich der frühere Fontem-Häuptling und er-
gab sich auf Gnade und Ungnade. Er ist ein
sehr kräftiger, etwa 45 Jahre alter gutgewachsener
Neger mit intelligentem Gesichtsausdruck. Seine
Ahnlichkeit mit dem jetzigen Häuptling, seinem
Sohne, springt in die Augen. Der Stationschef
verhaftete sofort den alten Fontem und verlegte
sein Lager nach der früheren Station Fontem,
wohin inzwischen alle Großleute der Dorsschaft
beschieden waren. Diesen wurde verkündet, daß
der alte Fontem verhaftet sei und in Dschang
seine Bestrafung durch den Gouverneur zu er-
warten habe. Das Leben sei ihm zugesichert.
Das Buschversteck des lange gesuchten Land-
friedenbrechers wurde vor dem Abmarsch zerstört.
Am 30. Mai marschierte die Abteilung mit dem
Gefangenen nach Dschang ab. Die Bevölkerung
des Dorfes nahm das Ereignis ohne irgend welche
Zeichen von Feindseligkeit hin.
Der alte Fontem ist folgender Vergehen schuldig:
Er hat den Anwerber Conrau im Jahre 1900
der Freiheit beraubt und dadurch zum Selbstmord
getrieben.
Der zu seiner Bestrafung entsandten Expedition
v. Besser 1900 leistete er sehr energischen be-
waffneten Widerstand, bei dem mehrere Europäer,
darunter Dr. Dittmer, tötlich verwundet wurden.
Auch gegen die im Jahre 1901 von Oberst
Pavel geführte neue Bangwa-Expedition hat er
gefochten. Fontem bat allerdings bald um
Frieden, brach diesen jedoch kurz darauf in ver-
räterischer Weise, indem er die Kolonne des Leut-
nants v. Gellhorn, welche die Friedensleistungen
eintreiben sollte, so hart bedrängte, daß es der
Kolonne nur mit Hilfe befreundeter Hilfskrieger
gelang, sich aus dem Bangwa-Lande zu retten.
Der zu seiner endgültigen Niederzwingung
im Jahre 1902 unter Oberleutnant Schlosser
entsandten dritten Bangwa-Expedition setzte Fon-
tem fünf Monate lang einen erbitterten Wider-
stand entgegen, der nur mit großen Verlusten
gebrochen werden konnte. Fontem ließ dann
verbreiten, er sei gefallen, und schickte seinen Sohn
zur Friedensbitte. Dieser wurde dann auch als
Häuptling eingesetzt und hat sich, ebenso wie seine
Untertanen, seither so gut geführt, daß 1907 der
Sitz der Bezirksverwaltung von Fontem ins
Grasland nach Dschang verlegt werden konnte.
Eine Bestrafung des jungen Fontem wegen
Begünstigung ist nicht beabsichtigt. Es ist nur
natürlich, daß er seinen leiblichen Vater vor Be-
strafung zu schützen suchte. Anscheinend haben
außer den Fontem-Leuten nur wenige Einge-
borene von Nachbardörfern um das Buschversteck
des alten Fontem gewußt.
Die Festnahme des alten Fontem hat im