Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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gegenwärtigen Anspruch der deutschen 
Regierung verlangen kann, besonders, wenn 
man bedenkt, daß dieser Anspruch darauf 
hinzielt, eine Landfläche streitig zu machen, 
die von Großbritannien gegenwärtig 
annektiert und tatsächlich besetzt worden ist, 
bevor überhaupt irgendein Anrecht auf 
Landbesitz seitens Deutschlands vorhanden 
war. 
XXXIII. Da sich als Tatsache ergibt, daß 
die britische Denkschrift, deren Anführungen in 
den vorhergehenden Abschnitten kurz zusammen- 
gefaßt werden, als Zusätze mehrere verschieden- 
artige Aktenstücke einfügt, die die früheren Er- 
klärungen mit Gründen stützen und erweitern, 
ohne dabei irgendeine Tatsache oder einen für 
die Entscheidung der schwebenden Streitfrage 
wichtigen Beweisgrund vorzubringen, der im 
wesentlichen nicht schon erwähnt ist. 
XXXIV. Da sich als Tatsache ergibt, daß 
am 30. Juli 1910, innerhalb der im Artikel 3 
der Erklärungen in Berlin vom 30. Januar 1909 
festgesetzten Frist, die Vertreter Deutschlands und 
Großbritanniens dem Staatsminister seiner 
katholischen Majestät die Gegenantworten über- 
gaben, in welchen jede der Hohen Parteien auf 
die früher von der anderen überreichten Denk- 
schrift erwidert, indem zu der deutschen Antwort 
in Gestalt von Zusätzen beglaubigte Abschriften 
einiger in dieselbe eingelegten Aktenstücke und 
zwei Exemplare der von Dr. Stapff gefertigten 
Karte des unteren Tales des Kuisipflusses hin- 
zugefügt sind, welche Dokumente insgesamt sofort 
und in offizieller Weise dem, der das Urteil aus- 
fertigt, übermittelt wurden. 
XXXV. Da sich als Tatsache ergibt, daß 
folgende Erwägungen oder Tatsachen, als nicht 
in den vorhergehenden Tatbeständen (Resultandos) 
vorgebracht, in der deutschen Gegenantwort an- 
geführt werden: 
1. daß die Beweisführung, die, wie man 
bemerkt, sich durch die ganze britische Denk- 
schrist hindurchzieht, und gemäß welcher 
das strittige Gebiet zu dem Territorium von 
Walfischbai wegen des Wertes, den es für 
diese Besitzung hat, gehören muß, ein 
Argument ist, das, abgesehen von der 
Übertreibung, in die es mit der Annahme 
verfällt, daß besagtes Gebiet der einzige 
nutzbare Teil der Kolonie ist, die deutsche 
Regierung berechtigen würde, dieses Gebiet 
wegen seiner Wichtigkeit für den Betrieb 
und die Entwicklung der Polizeistation von 
Ururas zu beanspruchen; « 
2. daß bei der Entscheidung des vorliegenden 
Rechtsstreites nur die in der Annerions- 
  
proklamation und im Berichte desselben 
Datums dargelegten Kundmachungen des 
„Kapitäns Dyer in Betracht kommen können, 
aber nicht das, was jener Herr in viel 
später abgegebenen Erläuterungen gesagt 
haben mag; 
. daß weder die Regierung noch die Be- 
wohner von Walfischbai das strittige Ge- 
biet jemals dazu benutzt haben, um das 
Schlachtvieh oder die Zugochsen auf die 
Weide zu führen; 
. daß das Wort „Rooibank“, das von der 
„Gemeinsamen Kommission“ vom Jahre 1885 
als Zusatz zu dem Worte „Scheppmansdorf“ 
im Texte der Proklamation des Kapitäns 
Dyer in Vorschlag gebracht worden ist, — 
auch wenn man die Berechtigung des Vor- 
schlages anerkennt — nur als erklärende 
Ergänzung zugelassen werden kann, aber 
nimmermehr als Ersatz für das andere 
Wort, dessen größere Genauigkeit nicht ge- 
stattet, ihm die verschiedenen Bedeutungen 
(Weidegemeinschaft, Flußbett, Tal, Oase, 
Strecke Landes und Plateau) zuzuschreiben, 
die man in der britischen Denkschrift dem 
Ausdrucke „Rooibank“ zuschreibt; 
. daß die Anwendung der in der Proklamation 
vom Jahre 1878 angeführten Redensart 
„mit Einschluß des Plateaus“ sich nicht 
bloß durch die in der deutschen Denkschrift 
zu gelegener Zeit auseinandergesetzten 
Gründe, sondern auch dadurch erklärt, daß 
zur Zeit der Annexion keine Karten des 
Territoriums vorhanden waren; 
. daß die Namib-Wüste nicht absolut wertlos 
ist, wie von seiten Englands behauptet 
wird, sondern, wie der britische Kommissar, 
Oberst Philips, in seinem Berichte vom 
23. Januar 1889 bemerkte, „den von der 
Härte ihrer Oberfläche herrührenden Vorteil 
besitzt, daß man darüber leichter und 
schneller als durch die Ebene des Flusses 
reisen kann“; 
daß der Umstand, daß ein Gebiet, wie es 
mit dem von Rooibank geschehen mag, 
einen bemerkenswerten und hervorragenden 
Anblick in bezug auf seine Umgebung oder 
im Gegensatze dazu gewährt, nicht dazu 
berechtigt, es als „Plateau“ zu bezeichnen; 
. daß der holländische Ausdruck „de plaat“, 
von dem angenommen wird, daß er von 
den Bewohnern von Walfsshbai zur Be- 
zeichnung des Flußtales zwischen Schepp- 
mansdorf und Ururas gebraucht sei, und 
den, wie man es für wahrscheinlich hält, 
der Kapitän Dyer mit dem Worte „Hlateau“ 
(meseta) übersetzt hat, ein Ausdruck ist, 
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