Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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ohne jegliche Bewaffnung die Soldaten. Ich rief 
einem Soldaten zu, er solle meinen Tisch ins 
Freie stellen, wurde aber dabei unterbrochen, 
weil plötzlich Häuptling Gabola, der mir auf 
dem Fuße ins Freie gefolgt war, mitsamt seiner 
Begleitung und unter großem Geschrei davon- 
lief. Ich habe, um jede Feindseligkeit zu ver- 
meiden, von gewaltsamem Aufhalten des Häupt- 
lings Abstand genommen, zumal die Abteilung 
dadurch zu längerem Aufenthalt im Dorfe ge- 
zwungen worden wäre. Ich kann mir die plötz- 
liche Flucht des Gabola nur so erklären, daß 
er in seinem großen Mißtrauen jenen rein zu- 
fälligen Vorgang und meine dem Soldaten in 
Negerenglisch zugerufenen Worte falsch gedeutet 
hat und deshalb ausgerissen ist. Die Bevölke= 
rung hat mit ihrem Häuptling das Dorf ver- 
lassen. Abends ließ mir Gabola sagen, er käme 
nie und nimmer nach Nola; im übrigen wäre 
er bereit, wenn ich mit ihm Krieg führen wolle. 
Ich ließ ihm zurücksagen, ich dächte keineswegs 
daran, seine Leute zu töten; diese sollten ruhig 
in ihr Dorf zurückkehren; ich hätte auch gar nicht 
daran gedacht, ihn mit nach Nola zu nehmen, 
sondern ihm den Vorschlag gemacht, sich auch 
gelegentlich einmal, wie die anderen Häuptlinge, 
auf dem Posten zu zeigen. Darauf hat Gabola 
eine Menge Hühner, eine Ente und einen mittel- 
großen Elfenbeinzahn geschickt, ist aber mit seinen 
Leuten bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Ich 
habe in Nguku einen Ruhetag gemacht, um zu 
verhüten, daß Häuptling Gabola einen sofortigen 
Abmarsch der Abteilung als Schwäche auslegt. 
Ich gedenke jedoch morgen über Durgo—Ba-= 
gudu—Bandja meinen Marsch fortzusetzen. 
Aus Gabolas Worten, er käme nie und 
nimmer nach Nola, schloß ich, daß meine Auf- 
forderung gleich zu Anfang, nach Nola zu kommen, 
sein Mißtrauen wesentlich verstärkt hat. Bestätigt 
wurde diese Vermutung durch die Angaben des 
in Nguku ansässigen Europäers, Kaufmanns Jour- 
dain, der mir mitteilte, daß die Franzosen 
Gabola angedroht hätten, ihn, sowie sie seiner 
habhaft wären, an die Kette zu legen. 
In meiner Unterredung mit Kaufmann 
Jourdain sagte dieser mir folgendes: Er 
sei keineswegs über das gestrige Verhalten 
Gabolas erstaunt gewesen; er habe seit seiner 
  
vierjährigen Anwesenheit in Nguku noch nie 
gesehen, daß Häuptling Gabola, wenn er sich 
überhaupt einmal habe sehen lassen, nicht ent- 
laufen sei. Im letzten Jahr der französischen 
Verwaltung sei er überhaupt nicht mehr ge- 
kommen. Die französischen Beamten hätten sich 
auch gar keine Mühe mehr gegeben. Infolge- 
dessen sei nicht nur das Selbstbewußtsein des 
Häuptlings Gabola gewachsen, sondern auch die 
Achtung vor den Europäern allmählich verringert 
worden. Seitdem Gabola in Nguku Häuptling 
sei, wäre es noch keinen Augenblick völlig ruhig 
gewesen und könne es auch niemals unter seiner 
Leitung werden; dazu gebe Gabola viel zu sehr 
zu erkennen, daß er mit Europäern nichts zu tun 
haben wolle. — 
Ich habe ferner folgendes festgestellt: 
Der Häuptling Gabola ist der weitaus be- 
deutendste Häuptling des gesamten Nola-Bezirks. 
Unter seinem direkten Einfluß stehen die Dörfer 
Bondo, Bagudu, Djabo, Durgo, Dario, 
Nakumbo, Bimbi, Tapuru. Ob sein Einfluß 
noch weiter nach Norden reicht, steht noch dahin. 
Er ist von einer fast abergläubischen Furcht be- 
fangen, daß der Europäer ihn töten will. Solange 
die französische Verwaltung im Lande war, ist er 
vor Jahren ein einziges Mal zu bewegen gewesen, 
nach Nola zu kommen. Seit dieser Zeit hat er 
sich nicht mehr sehen lassen. Nie betritt er auch 
den Boden der Faktorei Nguku. Er bleibt stets 
etwa 50 m davor stehen und sagt durch Zuruf, 
was er haben will. Dabei ist er dauernd von 
etwa 150 mit geladenen Gewehren bewaffneten 
Gefolgsleuten umgeben. Häuptling Gabola gibt 
ganz offen zu erkennen, daß er nichts mit der 
Verwaltung zu tun haben will. So, wie früher 
unter den Franzosen, ist es auch jetzt nicht mög- 
lich, einen Postboten oder eine Patrouille durch 
sein Dorf zu schicken, ohne daß sie angegriffen 
wird. Vor jedem Europäer, der mit Soldaten 
sich nähert, reißt er aus. 
Das Gouvernement in Buea hat die nötigen 
Anordnungen getroffen, um den Häuptling und 
die übrigen Schuldigen zu bestrafen und sie zur 
Anerkennung der deutschen Herrschaft zu zwingen.
	        
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