Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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blutiger verläuft, dem Schutzgebiet also wertvolles 
Menschenmaterial erhalten bleibt, vermindert die 
Regenzeit bei Kämpfen gegen gut mit Vorder- 
ladern bewaffnete Eingeborene die eigenen Ver- 
luste, da wegen der Nässe die Vorderlader oft 
versagen. 
An der Unternehmung nahmen teil: Haupt- 
mann Adametz als Führer, Oberleutnant 
v. Frankenberg-Lüttwitz, Oberarzt Zollen- 
kopf, Sergeant Jungclaus, 70 Soldaten sowie 
20 ausgesuchte bewaffnete Stationsboten, die 
während der letzten beiden Monate im Schießen 
ausgebildet worden waren. Die 6 cm-Gebirgs- 
konone wurde nachträglich von Bamenda heran- 
geholt. Hilfskrieger wurden nicht verwendet. 
Die Unternehmung wurde von vornherein so 
stark als möglich angesetzt, da nach den Vor- 
gängen auf heftigen Widerstand zu rechnen und 
über den Kriegsschauplatz und die Stärke des 
Gegners nichts bekannt war. Um in dieser Hin- 
sicht schnell einen Überblick zu gewinnen, setzte ich 
den Einmarsch von drei Seiten an. 
Am 19. Juli 1912 marschierten: die Haupt- 
abteilung (Hauptmann Adameg, Sergeant 
Jungelaus, 40 Gewehre) von Adja in west- 
licher Richtung; die Abteilung v. Lüttwitz 
(25 Gewehre) von Bamesse in südwestlicher 
Richtung; die Abteilung Zollenkopf (25 Ge- 
wehre) von Widekum in nördlicher Richtung in 
das feindliche Gebiet ein. 
Die Abteilungen sollten mit der Hauptabteilung 
bald Fühlung nehmen, Oberarzt Zollenkopf 
außerdem mit dem Absperrungskommando unter 
Polizeimeister Albat, das vom Bezirksamt Ossi- 
dinge in Stärke von 8 Gewehren an der Bezirks- 
grenze postiert worden war. Der Kriegszustand 
begann am 18. Juli, mittags 12 Uhr. Die Ab- 
teilungen sollten nur dann die Feindseligkeiten 
eröffnen, wenn die Eingeborenen sich dem Ein- 
marsch feindlich entgegenstellten. Dieser Befehl 
wurde gegeben, damit Orten, die sich friedlich 
unterwerfen wollten, Gelegenheit hierzu geboten 
wurde. 
Die Hauptabteilung brach am 19. Juli 
vormittags bei dichtem Nebel, der die Ubersicht 
sehr erschwerte, gegen Atü auf. Atü, das erste 
große Baminge-Dorf, wurde nach dreistündigem 
Marsche erreicht. Es war in den Morgenstunden 
verlassen worden. Die Bewohner beschränkten 
sich darauf, an geeigneten Stellen die Abteilung 
durch abgerollte Felsstücke zu beunruhigen, die 
kelnen Schaden anrichteten. Die Abteilung passierte 
Atü, um in beschleunigtem Marsche noch am 
selben Tage Mendi, einen Hauptort, zu erreichen. 
Eine Patrouille von 12 Gewehren unter dem 
farbigen Sergeanten Joncim wurde von At# 
aus nördlich in der rechten Flanke angesetzt mit 
  
dem Auftrag, den Vormarsch zu begleiten und in 
nordwestlicher Richtung aufzuklären. 
Nach einstündigem weiteren Marsche winde 
Mendi gesichtet. Das Erscheinen der Abteilung 
kam den Mendi üÜberraschend. Sie vermuteten 
wohl, daß die Abteilung in Atü Lager beziehen 
würde. Sofort setzten im Dorf und auf alen 
umliegenden Höhen Trommel= und Hallersignale 
ein, die besagten: „Weiber und Kinder in die 
Berge, Männer sammeln sich auf dem Häuptlings- 
platz, um zu kämpfen.“ 
Beim Eintritt in das Dorf, das, wie alle 
Minge-Dörfer inmitten von Palmen= und Planten= 
hainen, sich im Tal und an den Gebirgshängen 
dahinzieht, wurde die Spitze lebhaft beschofen. 
Der Widerstand war heftig und stürmisch; man 
merkte ihm aber die Überhastung an. Der Gegner 
warf einzelne kleine Trupps vor, die sich vermut- 
lich so, wie sie sich gerade zusammenfanden, der 
Spitze entgegenstellten. Schon hier konnte ich 
beobachten, daß viele Vorderlader versagten. 
Die Spitze warf die vordersten Trupps des 
Gegners. Sie und das inzwischen ausgeschlossene 
Gros gingen in Gruppen in breiter Front, Ser- 
geant Jungclaus auf dem linken Flügel, zum 
Angriff auf das Häuptlingsdorf vor und nahmen 
es nach kurzem Kampfe. Sofort abgesandte Po- 
trouillen verfolgten den Gegner und warfen ihn 
in die Berge. 
Während Sergeant Jungelaus den Bau des 
Lagers leitete, dieses zur Verteidigung einrichtele 
und das Vorgelände freischlug, unternahm ich 
eine kurze Erkundung in nördlicher Richtung. Ich 
stieß auf keinen Widerstand mehr und fand die 
Dörfer verlassen. Dabei stellte ich fest, daß sich 
zwischen hohen süd-nördlich verlaufenden Gebirgs- 
zügen ein breites Tal erstreckte, dessen Sohle und 
Hänge auf mehrere Kilometer hin Gehöft an 
Gehöft, alle versteckt in Palmen, Gebüsch und 
Farmen, aufwiesen. Es waren die Landschaft 
Mendi umd das nördlich anschließende Mbang- 
Alle umliegenden Höhen waren besetzt. 
rend des Nachmittags und in der Nacht wurde 
beständig getrommelt. Noch glaubte der Gegner 
uns verhöhnen zu dürsen. Die Nacht verlief 
ohne Zwischenfall, trotzdem uns durch Trommel- 
signale versprochen worden war, daß wir den 
nächsten Morgen nicht erleben sollten. 
Am Morgen des 20. Juli wurden in die 
Mendi-Dörfer und rückwärts nach A## farbige 
Patrouillen entsandt, die in den Dörfern Gefechte 
hatten. Am Nachmittag wurde vom Lager aus 
in dem etwa 4 km nordöstlich liegenden Berg= 
dorf Teneku ein lebhaftes Gefecht teils gehört. 
teils beobachtet. Die Bermutung, daß es sich um
	        
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