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„Der nach Maßgabe des gegenwärtigen Gesetzes
zu zahlende Gesamtbetrag an Versorgungsgebühr-
bissen für die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes
den Kaiserlichen Schutztruppen angehörenden Per-
sonen der Unterklassen darf nicht hbinter der Summe
derjenigen Beträge zurückbleiben, welche ihnen im
Falle der Pensionierung zur Zeit des Inkrafttretens
dieses Gesetzes an Pension und Pensionserhöhung
zugestanden haben würden. Bei Ermittlung dieser
Beträge ist für Deckoffzziere das Dienstalter und der
Dienstgrad zugrunde zu legen, welche sie bei Fort-
setzung ihres Dienstverhältnisses in der Heimat er-
reicht haben würden.=
In dem vorstehenden zweiten Satze des § 74 Abs. 1
ist der Wille der gesetzgebenden Faktoren klar zum
Ausdruck gekommen, daß es bei Ermittlung der Be-
träge für Deckoffiziere nicht auf die Beförderung bei
der Schutztruppe, sondern auf die fiktive heimische Be-
förderung ankommen solle. Die Worte des § 7 des
Schutztruppengesetzes -nach ihrem Dienstalter und ihrer
Charge-, auf denen die abweichende Auslegung in den
Urteilen des Reichsgerichts beruhte, sind im zweiten
Satze des § 74 Abs. 1 weggelassen.
Hierdurch erledigen sich die von der Revision r
heobenen Einwendungen, daß der zweite Satz des
Abs. 1 keine Änderung des Schutztruppengesetzes, gch
keine authentische Auslegung, “ lediglich eine
Berechnungsart enthalte, und daß r noch das
frühere Gesetz maßgebend sei. Der zbebr Satz ent-
hält eine Rechtsnorm, die für Deckoffiziere den im
ersten Satze des § 74 Abs. 1 gegebenen Anspruch ein-
schränkt. Die Vorschriften des Schutztruppengesetzes
vom 7./18. Juli 1896 sind, soweit sie die Versorgung
der Personen der Unterklassen regeln, mit #usschluß
der Vorschriften für Hinterbliebene am 4
außer Kraft getreten (§ 76 Abs. 2 Nr. 8 dedl Mann-
schaftsversorgungsgesetzes vom gi. Mai 1906). Der
Einwand, daß der Ermittlung der fiktiven heimischen
Beförderung hachiche Bedenken entgegenstehen, kann
gegenüber dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes
nicht in Betracht kommen.“
Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen.
Ständige Wirtschaftliche Kommission der Kolonial-
verwaltung.
Die „Ständige Wirtschaftliche Kommission
der Kolonialverwaltung“, die vor zwei Jahren
zur Begutachtung wirtschaftlicher Maßnahmen der
Kolonialverwaltung ins Leben gerufen wurde, ist vom
Staatssekretär Dr. Solf neu gestaltet worden. Die
Kommission war für die mannigfaltigen wirtschaftlichen
Fragen, die ihr unterbreitet werden sollen, zu klein
und zu einseitig zusammengesetzt.
Es gehörten ihr bisher und gehören ihr weiter
an: drei Vertreter des Bankgeschäfts (Franzv. Mendels-
sohn-Berlin, Dr. Salomonsohn-Berlin und Frhr.
v. Oppenheim-Cöln)], vier Vertreter der Baumwoll=
industrie und des Baumwollhandels (C. O. Langen-
München-Gladbach, Georg E. Wiede-Chemnitz, E. S
Claus-Plaue und E. Fabarius-Bremen), ferner je
ein Vertreter der Leonischen Drahtindustrie (Chr. Seiler-
Nürnberg), der Eisenindustrie (H. Bögele-Manmheim),
des Warenhandels (J. Strandes-Hamburg) und der
Reederei (E. Woermann-Hamburg).
Bei der Neugestaltung ging der Staatssekretär
von der Erwägung aus, daß in einem für ein Reichsamt
zu schaffenden wirtschaftlichen Beirat möglichst alle
Bundesstaaten vertreten sein müssen. Denn kolo-
niale Interessen finden sich überall im Deutschen Reiche,
in Süd= und Mitteldeutschland ebenso wie in Nord-
deutschland. Bisher waren Preußen, Sachsen, Bayern,
Baden und die Hansastädte vertreten. Nach den neuen
Ernennungen werden in der Kommission außerdem
vertreten sein: Württemberg, Hessen, Sachsen-Weimar,
Oldenburg, Braunschweig und Sachsen-Altenburg.
Durch die Ernenmungen soll aber nicht bloß eine
möglichste Berücksichtigung der deutschen Bundesstaaten,
sondern — soweit sich dies im Rahmen einer in der
Anzahl ihrer Mitglieder begrenzten Kommission aus-
führen läßt — auch eine möglichst vollständige
Vertretung der für die Kolonien wichtigsten
Zweige der Industrie und des Handels erzielt
werden. Waren bisher in der Kommission nur ver-
treten: das Bankgeschäft, die Baumwollindustrie und
der Baumwollhandel, die Draht= und Eisenindustrie,
der Warenhandel und die Reederei, so wird die Kom-
mission künftig folgende Handels= und Industriezweige
umfassen: Baumwollindustrie. Bankgeschäft, Maschinen-
und Eisenindustrie, Diamanten= und Biisjonterie-
Industrie, Olindustrie, Wollindustric, Kautschukindustrie,
Hanfindustrie, chemische Industrie, Nahrungsmittel-
industrie, Juteindustrie, Glasindustrie, Bergbau,
leonische Drahtindustrie, Tabakindustrie, Warenhandel,
Baumwollhandel, Holzhandel, Kohlenhandel, Reederei.
Dazu kommt noch je ein Vertreter des Kolonial-Wirt-
schaftlichen Komitees, der Deutschen Kolonialgesellschaft
und der Ständigen Ausstellungskommission für die
deutsche Industrie.
Aber nicht bloß Handel und Industrie sind berück-
sichtigt. Auch die Heranziehung von Vertretern der
Landwirtschafr, die bioher in der Kommission ganz
fehlten, schien geboten. Denn auch die Landwirtschaft
hat an den wirtschaftlichen Beziehungen unserer Schutz-
gebiete mit dem Mutterlande ein erhebliches Interesse.
Für allgemeine wirtschaftspolitische Fragen und für be-
sondere produktionstechnische Angelegenheiten hat die
deutsche Landwirtschaft als begutachtende Organe der
Kolonialverwaltung bereits die Kolonialkommission des
Deutschen Landwirtschaftsrates und die Kolonial=
abteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ge-
schaffen.
Zur Mitwirkung an den besonderen Aufgaben der
Ständigen Wirtschaftlichen Kommission sind aus dem