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Stationsanlagen wurde die Weiterreise nach Ajos-
höhe auf dem Njong im Kanu mit Hilfe eines
Cudellmotors am 14. Januar fortgesetzt; der Fluß
hatte damals fast seinen niedrigsten Wasserstand
erreicht. Er schlängelt sich hier durch breite Wiesen
hin. Von den Ufern ist je nach der Strom-
richtung das eine gewöhnlich ganz flach, das
andere erhöht; die Stellen, auf die der Strom
steht, waren durchschnittlich etwa 1 m hoch. Die
oberste Schicht ist fast überall Muttererde in einer
Tiefe von 20 bis 60 cm. An den Ufern stehen
vereinzelte Buschparzellen von geringer Tiefe.
Ich zählte bis Ajoshöhe 42, die meistens nur
50 bis 100 m lang waren. Die vier größten
waren 500 bis 600 m lang, die durchschnittliche
Tiefe betrug etwa 30 bis 50 m. In einer Ent-
fernung von mehreren hundert Metern begleiten
Raphiasümpfe viele Strecken des Flußlaufes. Bis
Ajoshöhe wurden nur wenig Glosfinen bemerkt.
Während der Mittagsstunde des 14. zeigten sich
etwa drei bis vier Palpalis in unserem Boot.
Ajoshöhe wurde am 15. nachmittags erreicht.
Unterwegs wurden Stegomyien in mäßiger Menge
beobachtet. Ajoshöhe ist in jeder Beziehung
günstig gelegen. Das Schlafkrankenlager liegt
auf den Erhebungen des #A#josberges, gegenüber
der Einmündung des Longmafo in den Niong.
Die nördlich des Njong gelegene Straße zwischen
Akonolinga und Abongmbang mit der Tele-
graphenlinie ist etwa ½ Stunde von #joshöhe
entfernt. Es ist mithin auf dem Wasser= und
Landwege leicht zu erreichen.
Gesundheitlich hat Ajoshöhe infolge seiner
Höhenlage viele Vorteile. Es ist frei von Glossinen;
Mücken (Stegomyien) sind nur wenig vorhanden.
Die Nächte sind von erfrischender Kühle. Es
besitzt vorzügliche Quellen. Auch nach UÜber-
windung der Schlaskrankheit wird Ajoshöhe ein
ausgezeichneter Platz für sanitäre Anlagen sein.
# .
In Ajos-Höhe fand eine Arzteversamm-
lung statt, an welcher außer dem Medizinal-
referenten, der den Vorsitz führte, noch acht be-
amtete Arzte des Schutzgebiets teilnahmen. Zu-
nächst wurde der Stand der Schlafkrankheit
in Altkamerun besprochen.
In dem Schlafkrankheitsherd am Njong sind
bisher 1113 Kranke zur Behandlung gekommen.
Ein genauer Überblick über die Gesamtzahl der
vorhandenen Kranken ist noch nicht möglich, da
bei den meist zerstreut wohnenden Eingeborenen,
welche zudem häufig das Bestreben haben, die
Krankheit zu verheimlichen, genaue Feststellungen
äußerst schwierig find.
Für die Entstehung der Schlafkrankheit im
Dume-Bezirk ist die Einwanderung des Fang-
Stammes der Ndzimus aus dem Kongo verant-
wortlich zu machen. Am oberen Dschabogen ver-
mischten sich die Ndzimus mit den dort ansässigen
Bantus, woraus das Mischvolk der Njems ent-
standen ist. Von diesen wurden dann die Stämme
der Makka-Gruppe infziert. Vom. Dume-Bezirk
ist der obere Dume bis Groß Pol, das Fluß-
gebiet des Long bis zur Höhe von Bengalon und
am meisten das Gebiet des Ajongflusses von Gele-
Menduka bis zur Mündung infiziert. Hier ist die
Bösartigkeit der Krankheit besonders auffällig; sie
führt manchmal schon in 2 bis 3 Monaten zum
Tode. Die Kranken werden von den Eingeborenen
abgesondert.
Der Schlafkrankheitsherd in der Mbo-Ebene,
dessen Entstehung noch nicht aufgeklärt ist, hat noch
geringe Ausdehnung; bisher wurden 25 Kranke
ermittelt.
Eine eingehende Besprechung haben die Maß-
nahmen, welche zur Bekämpfung der Seuche
dienen sollen, gefunden; die wichtigsten sind: Er-
kundungen über die Ausdehnung der Krankheit
und die Verbreitung der Schlafkrankheitsfliege;
Behandlung der Schlafkranken, Errichtung von
Schlafkrankenlagern, Abholzungen zum Vertreiben
der Fliege, welche sich zunächst auf die Punkte
beschränken müssen, an welchen die Einwohner
vom Stiche insizierter Fliegen am meisten ge-
fährdet sind, also auf die Umgebung der Dörfer
und Faktoreien, sowie auf dicht an verkehrs-
reichen Flüssen stehende Waldparzellen. Weiterhin
ist noch von Wichtigkeit die Kontrolle des Träger= und
Durchgangsverkehrs, um die Verschleppung der
Seuche durch kranke Menschen möglichst zu ver-
hindern, und endlich die Verlegung von besonders
ungünstig gelegenen Eingeborenenansiedlungen.
Weiterhin wurde in der Arzteversammlung
in Ajos-Höhe allgemeine Übereinstimmung darüber
erzielt, daß es für die mit der Schlafkrankheits-
bekämpfung betrauten Arzte notwendig sei, auch
anderen Krankheiten ihre Aufmerksamkeit zu
widmen, gegen Pocken zu impfen und alle Hilfe
begehrenden Eingeborenen zu behandeln, schon um
das Vertrauen der Eingeborenen zu gewinnen.
Es wurde daher in Aussicht genommen, daß die
Schlafkrankheitsärzte in den ihnen zugewiesenen
Bezirken überhaupt die regierungsärztlichen Funk-
tionen übernehmen, wogegen in weniger stark
verseuchten Gebieten die ständigen Regierungsärzte
die Schlafkrankheitsbekämpfung ihres Bezirks mit
wahrzunehmen hätten.
Als Heilmittel hat bisher in Kamerun haupt-
sächlich AtoryI Anwendung gefunden und hat sich
im ganzen bewährt; Erblindungen sind allerdings
vorgekommen. ÜUber andere Heilmittel, die versucht
wurden, ist noch kein bschließendes Urteil möglich.