Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Zentralprovinz erlassene Verordnung (vgl. The De- 
Portation of Prisones Nr. 18/00) wurde 1910 
(vgl. 3/10) nach Nabore. besonderer Anordnungen des 
Gonverneurs auch auf die Westprovinz ausgedehnt. 
ie Todesstrafe ist gegenüber Jugendlichen unter 
0 Jahren für unamwendbar bezeichnet (vgl. Ord. 
Nr. 6/10). Die zu Gefängnisstrafe Verurteilten werden 
anWerhalb der großen Gefängnisse zu 2 und 2 durch 
netten um den Hals zusammengekettet. Gemäß be- 
sonderer Ortsgesetze kann in einzelnen Gebieten an 
Stelle der Geldstrafe die Lieferung von Tabak, Tuchen 
und anderen Handelsgütern auferlegt werden. Die 
Foderung von von Gin ist ausgeschlossen (ugl. Bodwell 
282). 
Der 3 daß in Südnigerien kein beson- 
derer Criminal Code eingeführt ist, hat u. a. zur Folge 
gehabt, daß in den englischen Gerichten die Anwen- 
dung der körperlichen Züchtigung als Siroe nur nach 
den Grundsäten des englischen Rechts, d. h. für- rape 
und robberr with violence: möglich ist. Es sind 
daher in zu Sübnigerton nur seltene Ausnahme- 
fälle, wenn seitens der englischen Gerichte auf körper- 
liche Züchtigung erkannt wird. Für die Native Couris 
besteht, da sie nach Stammesrecht urteilen, diese Be- 
schränkung nicht. Ebenso ist sie in den Gefängnissen 
als Disziplinarstrafe für Wiederholungsfälle von Ver- 
stößen gegen die Geiängnisdisgiplin Augelassen. und 
die ausgegeichnete Disziplin im Gefängnis zu 
1907 beruhte nicht zum wenigsten auf der zweckmäßigen 
Anwendung dieses Strafmittels. Die Prügelstrafe 
wird im übrigen in den Gefängnissen vielfach mit 
einem Stock vollzogen. 1910 wurden insgesamt 
156 Prügelstrafen als Gefängnisdisziplinarstrafen 
verhängt. Auch in der Truppe ist sie als Strafmittel 
zulässig (val. Verord. 13/01 und 21/01 § 36). Für 
den Vollzug gelten im übrigen die gleichen Bestim- 
mungen wie in der Goldküste. 
Durch zahlreiche, sämtliche aus dem Bedürfnis 
der afrikanischen Praxis entstandenen Einzelverord- 
nungen sind besondere Gerichtstatbestände geschaffen 
worden. The Slave Dealint . Nr. 1/74 verbietet 
jeglichen Sklavenhandel innerhalb Südnigeriens. The 
alsisication ot Account Ord. Nr. 7/68 formuliert beson- 
ders den Tatbestand der urkundenflschung und wirft 
damit ein bezeichnendes Streiflicht auf die Entwick- 
lung der verbrecherischen Neinenen der Eingeborenen 
in der Kolonie.“) Schon 1888 erwies sich also eine 
solche Destimmung für Lagos notwendig. The Crucly 
to Ani Nr. 1/94 trägt dem mangelnden Ver- 
ständnis der Eingelorenen für Schmerzempfindung der 
Tiere Rechnung und soll, wie man mir 1007 sagte, 
sehr segensreich gewirkt haben. The Charms Ord. 
Nr. 13/93 stellt den Besitz, Verkauf oder dic Anferti- 
Zgung von Fetischmitteln, die Verbrecher schüten sollen, 
unter Strase. Gegen Jugendliche ist in diesem Falle 
auch die Rutenstrafe zuläsig. The Ordeal, Wilcheraft 
and Juju Ord. Nr. 13.03 verbleh die Anwendung 
von Ordalen, das Fetischmachen für ungesetzliche Zwecke 
und das B. Vorgeben des Besiges übernatürlicher Kräfte. 
Ihe unlawful Sccicties Ordl. Nr. 16/05 stellt die Teil- 
nahme an Gesellschaften, die die Erregung eines Auf- 
bondeg die Störung des Friedens oder die Tötung 
Personen, die Beschädigung von Eigentum, die 
Wie Kerlene der Antorität der Beamten, die Auf- 
reizung zu Gewalttätigkeiten oder Auflehnung gegen 
das Gesetz bezwecken, unter Strafe. Die Illite#ra#tcs 
Eroteetion Onl. Nr. 5/10 macht die Anfertigung von 
Schriftstücken für Schreibunkundige gegen Entgelt von 
*) Agl. meinen Aufsatz: Die Oesserungssiedlung 
an der Ch## in der Kolon.-Rundschau 1911, Heft 
  
der Lösung einer Lizenz abhängig. Die Gebühr be- 
trägt 10 sh pro Jahr. Das Schriftstück muß die auch 
in Togo gebräuchlichen Vermerke begüglich Inhalt und 
Antorschaft tragen; als Gebühr darf der Schreiber 
nicht mehr wie 1 für 100 Worte nehmen. Zu- 
wigerhandlungen werden bestraft. The Adulteration 
f Procuce Ord. Nr. 1/89 und 3/02 stellt die Ver- 
nlense von Palmöl, Palmkernen, Brhente uen Kopal, 
Harz, Guinea-Korn und anderer Ausfuhrprodukte und 
den Verkauf der verfälschten Gegenstände unter Strafe 
(ogl. wegen der Durchführung der Aussicht The Adul- 
teration of Produce Amendment Ord. Nr. 2/11). 
The Salc of Palmkernels Ord. Nr. 7/04 verbietet den 
Verkauf von Palmkernen mit mehr als 5% Schalen 
und sieht die Errichtung von. Prüfungsstellen vor. 
The Adulteration of Food Ord. Nr. 3.03 droht für 
die Beimischung von cesundheitschädlichen Stoffen zu 
Nahrungsmitteln Strafe an. Das unherechtigte Uni- 
form-Tragen ist in gleicher Weise wie in der Gold- 
küste verboten. 
Gewissermaßen als Ersatz der sonst dem eng- 
lischen Recht fremden Ordnungsstrafen im Berwaltungs= 
wege, die zum Teil auch schon durch die reiche Ka- 
fuistik der englischen Bestimmungen unnötig gemacht 
werden, ermächtigt die Collectiv Punishment Ord. 
Nr. 6/12 den Gonverneur, innerhalb des Protektorats 
für alle oder einige Bewohner einer Stadt oder eines 
Begirkes oder für die Angehörigen eines Stammes 
Kollektiv-Strafen zu verhängen, 
1. wenn sie einen Verbrecher haben entfliehen lassen, 
2. we sie Beweismittel für Verbrecher verborgen 
haben 
wenn sie in ihren Hezirk gebrachtes gestohlenes 
Gut nicht zurückliefer 
wenn sie absichtlich der fahrlässig einer An- 
ordnung des Provincial-Commissioner oder des 
District-Commissioner nicht Folge leisten. 
wenn ihr Benehmen derartig ist, daß Soldaten 
aufgeboten werden müssen, sei es zur Unter- 
drückung von Unruhen oder zur Beitreibung 
von 
Für Körperverlegungen, die innerhalb des Gebiets 
vorkommen, können, sofern der Täter nicht vorgeführt 
wird, alle Personen haftbar gemacht werden. Die 
Beitreibung der Geldstrafen erfolgt durch Zwangs- 
vollstreckung (istress) in die Ländereien der Zahlungs- 
bflichtigen durch den District Commissioner. Eine Be- 
rufung gegen Maßnahmen aus dieser Verordnung gibt 
es nicht, doch muß der Gonverneur über eine jede 
unter Darlegung der Gründe an den Staatssekretär 
ichten. 
ci 
C. Privatrecht. 
Von größter wirtschaftlicher und sozialer Be- 
dentung ist die für die Ost= und Zentralprovinz er- 
lassene Natire House Rule Ord. Nr. 26/01. Sie be- 
zweckt die Wahrung des alten patriarchalischen Systems 
der Hausgemeinschaft auch unter den modernen Zeiten. 
Zuweilen als die gesetzliche Anerkennung der Sklaverei 
bezeichnet, hat sie doch sicherlich dazu beigetragen, den 
Übergang in die neue Zeit für diese in der Kultur 
rückständigen Gebiete angemessen zu verlangsamen und 
wirtschaftliche Katastrohßen hintanguhalten. „Ihre 
wichtigste Bestimmung ist die, daß sie für die Frage 
der Zugehörigkeit eines Eingeborenen zu einer Haus- 
gemeinschaft ausschließlich das Stammesrecht ent- 
scheidend sein läßt, anderseits aber auch für den 
Haucshaltungsvorstand die ihm nach Stammesrecht 
oblicgenben Verpflichtungen gegenüber den Angehörigen 
der Hausgemeinschaft als gesetzlich verbindlich begeichnet. 
Eingeborene, die sich ihrer Verpflichtung gegenüber 
 
	        
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