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Gegner im Augenblick, als wir vorbeigingen, noch
nicht mit dem Gewehre ganz fertig gewesen und
daher uns Europäer nicht hatte beschießen können.
Die zahlreichen Schüsse auf den fliehenden Gegner
find meines Erachtens ohne Erfolg gewesen. Es
war ein Glück für den Schützen, daß er in die
Trägerkarawane geschossen hat. Hätte er auf die
Spitze gefeuert, so wäre er wohl gefangen worden,
da die Soldaten der Spitze die Verfolgung hätten
aufnehmen können. Die Soldaten der Träger-
karawane hatten strengsten Befehl, die Karawane
nicht zu verlassen. In dem Moment, in dem
die Soldaten einem Gegner in den Busch gefolgt
wären, würden die Träger nach der anderen
Seite davongelaufen sein. Daß die Ainsok-
Leute uns folgten bzw. uns vorauseilten, konnten
wir aus den zahlreichen frischen Fußspuren er-
sehen. Der Weg führte über den Mwo, sehr
zu unserem Leidwesen zunächst in fast nördlicher,
später nordöstlicher Richtung, dann den Mwo
aufwärts zum Dorfe Nkore.
In der etwa 1 km hinter uns marschierenden
Trägerkarawane begann eine Strecke vor Nkore
ein Träger durch lautes Trillern die Bewohner
von Nkore auf unser Kommen aufmerksam zu
machen. Der die Aussicht führende Gefreite unter-
sagte ihm dies zunächst, dann warf dieser Träger
die Last weg und suchte zu entkommen. Der
verfolgende Soldat hat ihn nicht erreichen können
und ihn erschossen.
Diese drakonische Maßregel war notwendig.
Es war den Trägern ausdrücklich vorher einge-
schärft, daß jeder, der mit dem Feinde gemein-
same Sache mache oder der entliefe oder zu ent-
laufen versuche, erschossen würde.
Eine Aussicht, neue Träger zu erhalten, war
nicht vorhanden. Eine Aufgabe des Gepäcks
wäre verhängnisvoll gewesen. Es mußte mit
den schärfsten Mitteln versucht werden, die Träger
zusammenzuhalten.
Auch bei Nkore lagen die Bewohner auf
der Wache. Es wurden einige Schüsse gewechselt,
beiderseits ohne Verluste. Dies war günstig, denn
so gelang es, mit den in die benachbarten Farmen
geflüchteten Dorfbewohnern in Verhandlungen zu
treten und sie nach langem Zureden zur Rückkehr
zu bewegen. Sie erklärten, mit den Ainsok-
Leuten keine gemeinschaftliche Sache machen zu
wollen. Die Bewohner gewannen Zutrauen und
führten uns den nächsten Tag auf Schleichwegen
über Nkut nach Njanam.
Die Führer gaben später zu, den besseren
Weg nicht gegangen zu sein, da sie befürchtet
hätten, dort würden wir von den Ainsok-Leuten
beschossen.
Ich schickte stets einige Dorfbewohner zum
nächsten Dorf voraus, um anzusagen, daß wir in
friedlicher Absicht kämen. Das hat sich gut be-
währt. Auch diesen Tag ging es, wie wir nach
den Routenaufnahmen feststellen konnten, nord-
östlich. Wir vermuteten, daß wir allmählich in
das spanische Gebiet abgedrängt würden. Außer-
lich machte sich dies schon in der Haltung der
Bevölkerung bemerkbar. Die Eingeborenen waren
selbstbewußter, um nicht zu sagen anmaßender.
Jeder hatte sein Gewehr in der Hand, welches
er niemals weglegte.
In Njanam, einem sehr volkreichen Dorfe,
entliefen nachts durch ein Loch, welches sich die
Leute aus der Hütte gegraben hatten, drei Träger
bzw. Gefangene, so daß wir vom Häuptling von
Njanam Ersatzträger anfordern mußten. Der
Häuptling, wahrscheinlich verhetzt durch die ent-
laufenen Träger, machte große Schwierigkeiten,
es bedurfte einer dreistündigen Verhandlung, wo-
bei die Dorfmannschaft bewaffnet in den Farmen
um uns herumstand, um nach Hingabe von Ge-
schenken, Tüchern, Haumessern und Tabak zwei
Ersatzträger und einen Führer zu erhalten. Im
nächsten Dorf, in dem alle Bewohner geflüchtet
waren, ging der eine Führer unter der Vorgabe,
die Dorfbewohner zu rufen, in die Farmen, ver-
schwand dann aber und kam nicht zurück. Es
gelang aber schließlich, einen Ersatzführer aus
diesem Dorfe zu erhalten. Auf längeres Rufen
waren zwei bewaffnete Männer aus den Farmen
gekommen. Es sind dies Dörfer, deren Bewohner
im wildesten Urzustande sind. Wie unüberlegt,
jäahzornig und wild die Leute sein können, erhellt
am besten daraus, daß einer der Ersatzträger, der
sein Gewehr und Haumesser mit sich hatte und
vor mir marschierte, beim Weitermarsch plötzlich
aus mir unerklärlichem Grunde mit seinem Hau-
messer auf den Dolmetscher und einen Soldaten
einzuhauen begann. Er schlug den Soldaten zu-
nächst auf den Kopf, verwundete ihn dann am
Arm, der Soldat sprang darauf zurück, legte an
und erschoß ihn. Es spielte sich dies nur 1 m
von mir und so schnell ab, daß ich selbst nur
Zeit hatte, vor dem wild um sich hauenden
Träger und dann vor dem anlegenden Soldaten
etwas zur Seite zu springen, ich wurde noch
von dem Blut des Erschossenen am Arm bespritzt.
Gleichzeitig sprang der Führer in den Busch.
Es war ein bewaffneter Mann. Nach dem Vor-
fall mit dem Träger war anzunehmen, daß dieser
Führer alsbald sein Gewehr auf die Karawane
abgefeuert und dann die ganze Dorfmannschaft
zu unserer Verfolgung gehetzt hätte. Der nach-
folgende Soldat erreichte ihn nicht und erschoß ihn.
Das nächste Dorf, welches wir erreichten, war
Akuas I. Sämtliche Bewohner waren entlaufen.
Kaum hatten wir das Dorf verlossen, als gleich-
zeitig auf die Trägerkarawane und auf uns,