Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

820 20 
oder ganz unmöglich sein; der Kläger war z. B. bei 
seinem Ausscheiden aus dem Kolonialdienste bereits 
52 Jahre alt. Die Ansicht des Beklagten führt dem- 
nach zu einer den Zielen des Gesetzes widersprechenden, 
unerträglichen Härte; wäre sie richtig, so würde gerade 
für die Angehörigen der Unterklassen des Soldaten- 
standes ein Übertritt in den Kolonialdienst wegen der 
Pensionsverhältmisse ausgeschlossen sein. 
die dem Wortlaut entsprechende Auslegung des 
*s 44 des Kolonialbeamtengesetzes ist mithin auch 
sachlich gerechtfertigt. 
  
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
  
Lord Kltchener über Agvpten und den Sudan 1912.7) 
(Schluß.) 
Das mit Baumwolle bestellte Landgebiet be- 
trug im Berichtsjahr 1721815 Feddan (1 Feddan 
etwa — 42 bis 44 a) und zeigte eine Zunahme 
gegen das Vorjahr von 10 574 Feddan, die ganz 
auf Oberägypten entfallen. Die Ernte fiel früh 
und ließ einen den besten Vorjahren gleich- 
kommenden Ertrag erwarten, der auf 7 500 000 
Zentner geschätzt wurde. Die Preise hielten sich 
nach einigen Schwankungen auf befriedigender 
Höhe. Der Anbau verteilt sich im wesentlichen 
auf sieben Baumwollarten, von denen die in 
Oberägypten fast ausschließlich angebaute Art, 
„Ashmouni“, mit der zweitgrößten Anbaufläche, 
in der Güte des Ertrages besonders befriedigte. 
Zur Reinerhaltung des Saatgutes wurde die 
Einfuhr anderer Arten in die Ashmonni bauenden 
Gebiete und umgekehrt gesetzlich verboten und 
damit der früher häufigen Vermischung der Arten 
vorgebeugt. Auch verteilt die Regierung in 
steigender Menge reines Saatgut bewährter 
Sorten aus dem Ertrage der Staatsgüter. Auf 
staatlichen Mustergütern, deren Anzahl verdoppelt 
wurde, wird der Anbau in mustergültiger Weise 
betrieben und gelehrt; ferner werden Versuche 
gemacht, um die Anbaumethoden zu verbessern. 
Eine Abordnung der internationalen Vereinigung 
der Baumwolle spinnenden und verarbeitenden 
Unternehmer bereiste das Land, gab Auskunft 
über die von den Spinnereien zu stellenden An- 
forderungen und nahm Kenntnis von den 
Schwierigkeiten des Anbaus. Besondere Auf- 
merksamkeit wurde der Herstellung reiner Strähnen 
der verschiedenen Arten gewidmet. Die Vereini- 
gung hat mit den Pflanzern dauernde Fühlung 
genommen. 
Untersuchungen über den Erfolg schwacher 
und starker Bewässerung haben gezeigt, daß sich 
je nach der Bodenbeschaffenheit verschiedene Me- 
thoden empfehlen; undurchlässiger Boden erfordert 
starke und seltene, leichterer häufige und schwache 
Bewässerung. 
Die Bekämpfung verschiedener Schädlinge, 
insbesondere des „Baumwollwurmes“ (cotton 
*½½) Val. „T. Nol. Bl.“ 1918, S. 705 f. 
  
worm), wurde mit voller Energie und gutem 
Erfolge durchgeführt. Mittels besonderer Be- 
amten wurde das Land systematisch überwacht, 
in den kritischen Zeiten, Juni bis August, alle 
Beurlaubungen aufgehoben und die Feier eines 
größeren religiösen Festes, des „Mulid“, nicht 
gestattet. Die Schulen wurden geschlossen, und 
das militärische Ersatzgeschäft wurde ausgesetzt. 
Die Strafen für Übertretungen der zur Be- 
kämpfung des „Baumwollwurms“ erlassenen Vor- 
chriften wurden erhöht, die Freiheitsstrafen mit 
Zwangsarbeit verbunden. Zu Gefängnis und 
Zwangsarbeit Verurteilte wurden in großem Um- 
ange zum Absuchen von Baumwollwurm und 
dessen Eiern verwandt. Sehr anregend wirkte 
es auf die Arbeitslust der Fellahin, wenn die 
wegen Vernachlässigung ihrer Felder Bestraften 
im Felde des Nachbarn arbeiten mußten. Schließ- 
lich wurde ein Gesetz zum Schutz der nühlichen 
Vogelarten erlassen. 
Der Erfolg dieser Maßregeln und der an- 
erkennenswerten Tätigkeit der Behörden war, 
daß das in diesem Jahre gerade sehr starke Auf- 
treten des Baumwollwurms der Ernte tatsächlich 
keinen Schaden getan hat. 
In der dritten Maiwoche erschien der Wurm 
in allen Teilen des Deltas. Seine Menge stieg 
erst allmählich bis Mitte Juni, dann außer- 
gewöhnlich stark bis in die erste Hälfte des Juli. 
In der dritten Augustwoche war der Schädling 
so gut wie verschwunden. Dieser plötzliche Abfall 
wird zum Teil einer unter ihnen auftretenden, 
von einem Einzeller verursachten Seuche zu- 
geschrieben, die in anderen Ländern Schmetter- 
lingslarven befällt, in Agypten aber noch nicht 
beobachtet worden war. — Der Baumwollwurm 
befiel 950 300 Feddan (830 000 im Vorjahre). 
Zu seiner Bekämpfung wurden 7 791 800 Arbeits- 
tage (7 500 000 im Vorjahre) aufgewandt. Von 
diesen waren von Amts wegen nur 45 200 gegen 
89 700 im Vorjahre geleistet, ein Zeichen, daß 
die freiwillige Tätigkeit der Landbesitzer sich ge- 
steigert hat. In Unterägypten waren, die Kron- 
güter nicht gerechnet, während der schlimmsten 
Zeit des Anfalls täglich etwa 229 000 Personen 
an der Arbeit. 
„ 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.