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oben hin fortzuschreiten. Die Pflanzenreihen
werden in etwa 1m Abstand angelegt, und zwar
verlaufen die Reihen in 90 bis 135° zur Wind-
richtung. Vorstehende Abb. 3 zeigt in sche-
matischer Darstellung (im Querschnitt) die ab-
gleichende Wirkung der Bepflanzung auf die
Dünengestalt nach Verlauf einiger Jahre; die
gestrichelte Linie gibt die ehemalige Gestalt des
Dünenkamms bei Beginn der Bepflanzung an.
Neuanpflanzungen müssen mehrere Jahre hindurch
alljährlich revidiert und durch Nachpflanzung er-
gänzt werden, wenn man nicht Gefahr laufen
will, daß sie allmählich zerstört werden; denn
sporadische Reste einer Bepflanzung haben für
die Festlegung keinen Wert, zumal auch des-
wegen, weil dann die natürliche Ansamung
sonstiger Dünenbewohner nur unvollkommen er-
folgt.
Wie auf der Nehrung, so hat man auch in
Transkaspien — abgesehen von den noch im
Gange befindlichen Versuchen mit Saxaul — die
Erfahrung gemacht, daß die künstliche Be-
festigung der Dünen stets mit Anpflanzung
zu beginnen hat, direkte Aussaat in den
Dünensand dagegen zu verwerfen ist. So-
weit letztere überhaupt zu Erfolgen führt, sind
diese unsicher und lückenhaft; eine exakte Be-
festigungsarbeit muß daher von solchem Ver-
fahren absehen.
Anderseits spielt — wie überall bei der
Festlegung von Wanderdünen — auch hier die
natürliche Bindung des Sandes durch
Ansamung von Ansiedlern im Gefolge der
künstlichen Bepflanzung eine große Rolle.
Die Befestigungsarbeit wird dadurch von der
Natur wirkungsvoll unterstützt.
Zunächst tragen die vorerwähnten Gewächse
neben ihrer Funktion als künstlich eingebrachte
Bollwerke der Sandbindung auch durch natürliche
Aussaat und Bestockung zur Bindung des Dünen-
sandes bei. So werden zur Zeit der Samenreife
enorme Mengen der leichten Früchte von Calli=
gonum und Salsola vom Winde verschleppt, und
viele von ihnen fassen im Sande festen Fuß.
Z. B. haben sich diese beiden Gewächse in Lee der
Befestigungszone von Farab auf 2 bis 3 km
weit bis zu dichten Gestrüppen angesiedelt.
Außerdem ist aber hier noch eine Gattung von
Holzgewächsen zu nennen, die sich stellenweise,
z. B. bei Farab, in den Kehlen festgelegter
Dünen oder an Bahndämmen findet, nämlich
Tamarix. Namentlich T. laxa Willd. ist hier
häufiger vertreten.)
Zur Bindung von Flugsand ist Tamarix
jedoch nicht zu verwerten.
*) Abb. bei Bessey a. a. O. Taf. 9.
Eine weit wichtigere Rolle unter den An-
siedlern spielen gewisse Gräser, insbesondere
Aristida pennata Trin. (A. pungens Desf.
var. pennata Trautv.). Diese in den Dünen
ungemein häufig vorkommende Pflanze darf als
„primärer“ Ansiedler bezeichnet werden; d. h.
sie bestockt schon den beweglichen Sand, dient
also mit zu dessen „Beruhigung“. Sie wurde
ebenso wie Elymus giganteus Vahl in
früheren Jahren auch zu Anpflanzungen heran-
gezogen; aber beide Gräser haben sich für diesen
Zweck nicht bewährt. Die Gründe dafür sind
noch nicht klargestellt. Jedenfalls beweisen diese
negativen Resultate, daß es nicht unter allen
Umständen Erfolg verspricht, die peren-
nierenden Komponenten der natürlichen
Vegetation eines Wanderdünenterrains
auch zur künstlichen Festlegung zu ver-
wenden.
Aristida bildet wie Calligonum, Salsola und
andere Wüstenpflanzen zweierlei Wurzeln: solche,
die bis 2 m tief und noch tiefer senkrecht in den
Boden gehen, und andere, bis 10 m lange, die
fast horizontal nahe unter der Oberfläche ver-
laufen.“)
In der Pflanzschule von Farab sah ich junge
Aristida-Pflanzen mit je einem dichten Bündel
von bis 2 m langen, senkrecht verlaufenden
Wurzeln. An diesen Exemplaren waren die
Oberflächenwurzeln noch nicht gebildet worden.
Die Wurzeln besitzen einen dünnen, nur 1 bis 2 mm
im Durchmesser starken zentralen Holzkörper und
eine dicke fleischige Rinde. Diese Rinde fühlt
sich in frischem Zustande stets feucht an und ist
von einem Mantel von Haaren und diesen an-
klebender Sandkörnchen umgeben. Wenn man
bedenkt, daß zur Sommerzeit die oberflächlichen
Schichten des Dünensandes eine Temperatur von
70 bis 75° C erreichen, so leuchtet ohne weiteres
der Nutzen des Saftreichtums der Rinde als
Schutzmittel gegen Austrocknung ein.
Saat von Aristida zu bekommen, soll außer-
ordentlich schwierig sein; vermutlich wird der
*) Paletzky hat (nach Bessey a. a. O.) die An-
sicht ausgesprochen, daß die senkrecht in den Boden
gehenden Wurzeln als „Nahrungswurzeln“ der Nähr-
stoffaufnahme, die oberflächlich auslaufenden als
zUukerwurzeln der Befestigung der Pflanze zu dienen
diese Deutung zutrifft, erscheint mir
haen. Denn die senkrecht verlaufenden Wurzeln
bewirken an und für sich schon eine so feste Ver-
ankerung im Boden, daß es einer weiteren Befestigun
kaum bedarf. azu kommt, daß die „Ankerwurzeln“
kaum imstande sein dürften, im lockeren Dünensande
eine Verankerung, zu ermöglichen. Viel eher ist an-
zunehmen, daß diese Organe bei Niederschlägen und
Taubildung ensass Feuchtigkeit und Nährstoffe auf-
zunehmen bestimmt sind, also in dieser Richtung für
das Dasein der Pflanze eine Rückversicherung gewähren.