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zu begeben, die Dienstperiode von zwei Jahren auf
18 oder 20 Monate wirklicher Arbeitszeit verkürze.
Dies sei um so weniger zulässig, als man in anderen
Kolonien dahin strebe, die Dienstzeit zu verlängern,
nachdem die Erschrung gezeigt habe, daß im tropischen
Klima das erste J ahr des Aufenthalts das gejährdetste
sei. Vom finanziellen Standpunkt seien die alle zwei
Jahre erfolgenden Urlaube eine Quelle unnötiger
Ausgaben. Man müsse dazu eine Beamtenreserve
haben, die einem Viertel des Effektiovbestandes ent-
spreche. Zudem seien die Lebens= und Wohnung-ver.
hältnisse in der Kolonie besser geworden. Er habe
deshalb bestimmt, daß die Dienstverioden von 1914 ab
auf zweieinhalb und von 1915 ab auf drei Jahre er-
höht werden. Die erste Maßnahme werde eine direkte
Ersparnis von ungefähr 1½ Mill. Fr., die zweite eine
solche von 3 Mill. Fr. einbringen. Die indirekten
Vorteile heten kaum geringer
die erhätniss, des schwarzen Personals
würden m Laufe dieses Jahres vollständig geändert
werden. Die Aendier Angestellten müßten durch
Akkordarbeiter und Tagelöhner ersetzt und die Truppe
zu öffentlichen Arbeiten herangezogen werden.
Im übrigen habe er ein vollständig neues Ver-
waltungsprogramm ausgearbeitet. Die Kolonie be-
dürse größerer Selbständigkeit der Verwaltung. Die
Rolle des Mutterlandes müsse sich auf die Kontrolle
und die Oberleitung in politischer, änanzieller und
wirtschalftlicher Hinsicht beschränken. Die Beamten in
der Kolonie müssen die Initiative und die Verant-
wortung erhalten Eine vorsichtig und methodisch
durchgeführte Deentralisanion solle die tatsächliche
Verwaltung denen übertragen, welche sich an Ort und
Stelle befänden, weil sie in der Lage seien, alle Fragen
an Ort und Stelle praktisch zu studieren.
ach dem Reorganisationsplan werde der Gene-
ralgouverneur die Oberleitung über alle Dienstzweige
bekommen: Finanzene öffentliche Arbeiten, eer, In-
dustrie, Handel, nndwirtschaft und Hygie Er
werde das Generalbudget der Kolonie hsstelten und
bewirtschaften, die Steuern für die Eingeborenen in
den geiebli. ichen Grenzen festsetzen und die Einnahmen
und Hnga ben des Budgets regeln. Er werde ferner
grundsätzlich alle Ernennungen vornehmen mit Aus-
nahme derjenigen, welche dem König vorbehalten
seien. Auch -
ihm ernannten Beamten abzuberufen.
Gesetzentwürfe ausarbeiten lassen, welche er der gesetz-
gebenden Körperschaft vorzulegen gedenke, und die
Ausführung der Dekrete sichern. Mit einem Wort: er
werde mit voller administrativer Verantwortlichkeit
regieren, und das Mutterland werde sich jeder Ein-
mischung in die lokale Exekutivgewalt enthalten. Dem
Generalgouverneur werde ein Gouvernementsrat zur
Seite stehen, welcher ihn bei allen wichtigen Maß-
nahmen unterstützen solle, insbesondere bei der Auf-
stellung des Budgets. iesem Beirat würden alle
Leiter der einzelnen Verwaltungszweige angehören.
Die 22 Distrikte Wwürden in 4 Provinzen zusam-
mengefaßt werden. In den Provinzen würden den
Generalgouverneur Vize- Generalgouverneure ver-
treten, welche ihrerseits wieder, von den Distriktskom-
missaren unterstützt, unter eigener Verantwortung
handeln. Der Provinzialgonverneur wird in seiner
Provinz die ihm durch Königlichen Erlaß zugewiesenen
Nachtbefugnisse haben. i werde insbesondere die
#estsetzung der Einnahmen und Ausgaben und die
Ausstellung des Budgets seiner Provinz zustehen. So
olle die Degentralhzatiol der Gewalten bis zum
Distriktskommissar hinab geregelt werden, der der
eigentliche Träger der Verwaltung sein solle und seinen
—.
Distrikt in eigener Initiative leite. Es werde nur ein
Distrikts-Rechnungswesen geben. Die Anweisungen
der Ausgaben würden von dem Distriktskommissar
ausgeben, die Einnahmen und die Belege in den
Händen des Einnehmers (Kecereur) zusammenlaufen.
Endlich sollten anfangs für jede Provinz, später für
jeden Bezirk zweijährige Bezirksbeiräte eingesetzt wer-
den. Trotz der dem Generalgonverneur gewährten
ausgedehnten Machtbefugnisse werde die Verantwort-
lichkeit des Ministers aufrecht erhalten bleiben. Es
werde daher die Schaffung eines neuen Aufsichts= und
Kontrolldienstes notwendig sein, der vom Ministerium
ausgehe.
Diese Maßnahmen erforderten naturgemäß auch
die Reorganisation des Kolonialministeriums. Die
Referenten würden nach Vollendung der Reorganisation
nur mehr Ratgeber des Ministers bei der Durchführung
seiner Oberleitung sein. Ihre Zahl könne in dem
Maße beschränkt werden, als die Reform durchgeführt
werde. Es sei zunächst beabsichtigt, die Bewirtschaftung
des Etats sach Afrika zu verlegen. Wenn diese Re-
sorm, welche hleichzeitig die Zentralverwaltung und
die Lokalverwaltung berühre, einmal beendigt sei,
werde die Kolonialgesetzgebung revidiert werden
müssen, um einige Bestimmungen zu beseitigen, welche
die Tätigkeit des Generalgouverneurs behinderten, der
sich ständig beklage, daß er in seiner Initiative durch
gesebliche Hindernisse gehemmt werde. Bei der Ver-
waltungsreform, wie er sie skizziert habe, dürfe man
aber eines nicht übersehen: Der Distriktschef solle
gegenüber dem Gouverneur der alleinige, wirkliche
und allein verantwortliche Chef sein, der Generalgou-
verneur und die Ae-Geeraly ouverneure sollen ihrer-
seits mit weitgehenden etmhistrarieen Vollmachten
ausgestattet sein, die sie von der Anrufung einer boͤbe
ren Autorität entbänden, auf finanziellem Gebiete d
gegen müßten sie alle gebunden sein. Gegenüber der
muttterländischen Behörde, welche allein verantwortlich
jei, habe der Generalgonverneur auf finanziellem Ge-
biet nur ein Recht: Er habe sparsam von den Krediten
Gebrauch zu machen, welche zu seiner Verfügung ge-
stellt wurden, und durch geeignete Maßnahmen dahin
zu trachten, das Gleichgewicht des Budgets zu garan-
tieren. Entspre chend sei die Stellung der Distrilts-
chefs gegenüber dem Generalgonverneur. Die —
tiker und die Theoretiker auf dem Gebiete der Kolo-
nialverwaltung seien einig, daß den Lokalchefs nicht
die finanzielle Initiative überlassen werden könne. Es
würde außerdem eine gesetzliche Unmöglichkeit sein.
Das „Gesetz des Budgets“ binde die Gouverneure
ebenso wie die Minister.
Die Ausgaben der Kolonie würden weiterhin noch
besonders erhöht durch die hohen Transporttarife. Die-
jenigen der Mayumbe-Eisenbahn würden sofort nach
der Übernahme der Bahn durch die Kolonie herab-
#tn werden. Die Tarise der Kongo-Schiffahrtsgesell-
schaft seien zwar auch drückend; die finanziellen Ergeb-
nisse seien aber nicht so n daß eine Ermäßi-
zung gefordert werden, önne. Bei der Eisenbahn
atadi —Leo ille beklage sich der Han-
del sowohl über die 1 Tarife, als auch über die
Verwaltungspraxis. hobe belasteten die Kolonie durch
die Mehrkosten der amtlichen Transporte und drückten
die Einnahmen, weil sie der Entwicklung des Handels
abträglich seien. Habe doch in der Zeit des Träger-
verkehrs der Transort einer Tonue Stoffe von Ma-
tadi nach Leopoldvi Fr. gekostet, während sie
bei der jetzigen Eisenkahnfrach * fast 800 Fr. koste;
auf diese Weise werde der Preis der nach dem oberen
Kongo gehenden Waren ungefähr verdoppelt. Bei
solchen Tarifen sei es schwer, daran zu denken, land-