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hierfür die Erklärung in dem Betelkauen zu finden
Der feinpulverisierte Muschelkalk, der jeder Betelportion
zugefügt wird, ist sehr wohl b geeignet, dieselben Dienste
wie die eßbaren Erden zu leisten, nämlich der Kalk-
armut der Nahrungemittel abzuhelfen. Möglicherweise
kommt überhaupt dem obligaten Kalkzusatz ursprüngl ch
diese gleichsam physiologische Bedeutung z den
Inseln, von denen das Erdessen berichte —* WVeeont
der Betelgenuß.
Wie der Infektion mit Ankylostomiasis, so scheint
auch der mit Frambösie nur ausnahmsweise ein
Mensch auf Jap zu entgehen. Wohl nirgends werden
sich ihre vielgestaltigen Krankheitsäußerungen besser
verfolgen, süssen als dort, wobei wieder zu konstatieren
ist, daß d Wesikaroliner auch auf ediese Infektion be-
sonders döhhaf= reagieren. Abge von den ins
Kindesalter fallenden wohlbekatelene Früchsymptomen
treten gerade hier die destruierenden Spätformen in
besonderer Häufigkeit auf und geben mehrere gut um-
schriebene augensällige Krantkheitsbilder. Das ent-
sezlichste von ihnen ist es „Lug“, jener sonst als
Gangosa oder guen shan es mutilans bezeichneten
Affektion mit ihren fürchterlichen Entstellungen des Ge-
sichtes. Sie spielt sich zwar stets im Bereiche von
Mund, Nase und Nachen ab, so daß der an sich schon
unförmige lateinische Name richtiger Labiorhyno=
pharyngitis heißen müßte, aber ihre Intensität wechselt
in weiten Grenzen. Im gangen sind drei Stärkegrade
zu unterscheiden. Erstens die harmloseste Form, bei
der nur geringe Teile der äußeren Lippen= und Nasen-
haut geschwürig ergriffen werden. Nach der Abheilung
erinnern die Narben solcher Kranken an besonders tief-
gehende Pockennarben. Beim zweiten Grade greift das
eiden auf die Schleimhäute über, von denen es bis-
weilen auch seinen Ausgang nimmt. Entsprechend ist
die narbige Entstellung von Mund und Nase schon viel
tärker. Beim dritten Grade erreicht diese ihren Höhe-
punkt, indem neben Haut und Schleimhäuten auch die
Knochenteile ergriffen und zerstört werden, so daß nach
der Abheilung nichts mehr von einem menschenwürdigen
Gesicht übrig bleibt. Eine gräßliche Narbenfläche mit
einer unförmigen Offnung, die ehemals Mund und
Nase entsprach, und mit ektropisch verzerrten Angen
tritt an seine Stelle. Selbst das ganze Dach des
harten Gaumens kann vernichtet sein, so daß man bei
einem solchen Unglücklichen von der Nasenhöhle ans
die Zunge liegen ieht. Solcher schweren Fälle laufen
ungefähr 30 auf Jap herum. Bedeutend höher ist die
Zahl der leichteren Gangosafälle. Wie alle frambö-
sischen Spätformen tritt sie nur bei Erwachsenen auf.
Nächst dem Gesicht sind ihre Zers törungen am häufigsten
und auffälligsten an Händen und Füßen zu beobachten.
Auch bei dieser Form lassen sich drei Intensitätsgrade
unterscheiden. Beim mildesten beschränkt sich der Vor-
haug auf die äußere Hant, die teils ohne Geschwürs-
ildung, gewissermaßen „geschlossen", zu lamellöser
Abstoßung unter Hinterlassung pigmentloser Flecken
kommt, teils als „offene“ Frambösie zu Rhagaden und
Geschwüren führt. Im zweiten Grade geht sie, wieder
entweder ohne oder mit Ulzeration, auf die tieferen
Gewebsschichten über, namentlich die Sehnenscheiden
r Haud, wo sie nach der Ausheilung mit Vorliebe
Kontrakturen eines oder mehrerer Finger in Beuge-
stellung verursacht. Wird nur der kleine Finger von
dieser betroffen, so erinnert das Ganze sehr an das
sonst als Dupuytrinsche Fingerkontraktur bekannte Bild.
Von einem früheren Beobachter (rämer) wurde ge-
rade dieses als „Karolinerhand“ beschrieben und
ursächlich auf die viele Beschäftigung mit dem Segeln
zurückgeführt. Damit hat es sicher nichts zu tun, denn
es findet sich oft genng bei alten Weibern, die nie ein
Segel in die Hand nahmen. Uberdies habe ich seine
unmittelbare Entstehung aus der Frambösie gut
beobachten können. Der dritte Grad reicht mit seinen
Zerstörungen über die Sehnen bis auf die Knochen
und scheint im Gegensatz zur eben geschilderten Form
häufiger den In als die Hand zu befallen. Unbehandelt
hinterläßt er an Stelle des Fußes eine unförmige.
völlig Oölemtlose. klumpige Masse, die entweder noch
einige Zehenstummel trägt oder selbst ganz ohne solche
sein kann. Als Folgeerscheinung dieses „Japfußes“
stellt sich Atrophie des ganzen Unterschenkels ein, dessen
Muskeln ja durch die völlige Versteifung des Fußes
außer Tätigkeit besenn sind. Obschon seltener, kommen
doch ganz die entsprechenden Verstümmelungen auch
an der Hand vor. Es würde zu weit führen, wollte
ich neben den eben skizzierten beiden am meisten hervor-
tretenden noch alle anderen Spätformen der Frambösie
schildern. Es sind im Wesen die gleichen wie sie aus
anderen Framöösieläindern der Welt beschrieben worden
sind. Nur wird sich kaum ein anderer Volksstamm
einer so untvbersellen, so vielgestaltigen und dabei in
ihren Außerungen so schweren Durchseuchung rühmen
können wie der von Jap.
Wir kommen zur dritten und meiner Überzeugung
nach verhängnisvollsten der drei großen Volkskrank-
heiten Japs, der Tuberkulose. Obwohl wir allen
ihren aus Curopa bekannten Formen auch hier begegnen,
so ist, abgesehen von ihrer ganz enormen Verbreitung.
dem Beobachter doch sofort zweierlei auffällig. Das
ist erstens ihr ungleich bösartigerer, oft galoppierend
zum Tode führender Verlauf und zweitens das starke
Prävalieren bestimmter Perlaufstypen. Wir greifen
kaum zu hoch, wenn wir jeden 5. bis 6. Menschen der
Insel als klinisch tuberkulös ansehen. Hat doch
Dr. Buse rund 600 Ingendliche allein mit Drüssen-
wbextloi in Beobachtung bzw. Behandlung. Objektiv
t sich die Malignität der dortigen Tuberkulose u. a.
ur dem Aunsfall der Pirquetschen Reaktion. Wir haben
bei ihr nicht, wie es in der Heimat durchweg zu sein
pflegt, an der Impfstelle eine rasch vorübergehende,
wallartige Induration, sondern sehr häufig bilden sich
unter heftigen örtlichen Entzündungserscheinungen
Bläschen aus, die entweder unter Borkenbildung ab-
heilen *— auch zu stark nässenden und schlecht heilenden
Ulzerationen führen, so daß der ganze Ablauf der
Reaktion äußerlich einer (Schuspockenimpfung mit ab-
norm starkem Ausfalle gleicht. Die drei bevor ugnen
Typen der Japtuberkulose sind 1. Drüsen-,
3. Hauttuberkulose. Die Aassenneisen leitet meist
die Szenerie ein und entspricht im Grunde der hei-
mischen Skrophulose des Kindesalters. Kommt sie
nicht zur Ausheilung oder zu tödlicher Miliartuber=
kulose, so schließt sich die Lungentuberkulose an, und
zwar viel häufiger als daheim. So entsteht jenes von
den Eingeborenen gefürchtete und in den früheren Be-
richten aus den Karolinen viel erwähnte Leiden des
Safrit, ein Wort, das man am besten mit unserem
deutschen „Anszehrung“ übersetzen würde. Mir ver-
dolmetschte es ein intelligenter Japmann nicht un-
bezeichnend als „die Krankheit, bei der ein Mensch
immer weniger wird“. Man ist auch ärztlicherseite
aufangs geneigt gewesen, Safrit als eine eigene Krank-
heit aufzufassen. In der Tat sind die Drüsen- und
die Allgemeinerscheinungen oft so hochgradig, wie man
sie nie bei der heimischen Skrophnlose zu Gesicht be-
kommt. Zu beiden Seiten des kindlichen Halses liegen
bis zu Faustdicke die Drüsenpakete, vom Lieferwinkel
bis unter die Claricula herabreichend, anfangs solid,
sehr bald verkäsend, und man ist nach einer operativen
Ausränmung erstaunt, wie überhaupt solche ungeheuer=
lichen Drüsenmassen anatomisch haben Platz finden