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gerichts vom 29. Januar 1893 (R. G. Strafs. Bd. *
S. 220), welcher zwar in der Anerkennung, daß eir
vorgesetzter Beamter der Staatsanwaltschaft nicht i
banen ist, dem Verletzten aber gegen den ablehnenden
Bescheid des Konsuls in seiner staatsanwaltschaftlichen
Funktion das Recht zugesteht, sofort den Antrag auf
gerichtliche Entscheidung zu stellen, und daß somit das
— in derselben Weise wie gemäß § 170
St. P. das Oberlandesgericht hier als Gericht urster
Instanz — nicht als gerichtliche Beschwerdeinstanz —
über den ablehnenden Beschluß des Konsuls zu be-
finden hat. Dieser Ansicht, die sich nur im Wege einer
Analogie halten läßt, vermag das Obergericht jedoch
nicht beizutreten, ausgehend von der oben erwähnten
Erwägung, daß der Einstellungsbescheid des Ermitt-
lungsrichters immer eine gerichtliche Entscheidung im
Sinne des §& 316 St. P. O. bleibt, gegen die — wie
gegen Verfügungen des heimischen Amts= und Unter-
suchungsrichters — gemäß § 10 Ziffer 2 K. G. G. nur
mit dem Rechtsmittel der eeschmerden an das Bezirks-
gericht angegangen werden kann. Aus dem gleichen
Grunde ist auch die von Gerstmeyer (Kommentar zum
Schutzgebietsgesetz S. 90, b hn. G. G.
teilweise gebilligte Ansicht unhaltbar, dat gegen den
Bescheid des den Staatsanwalt vertretenden Richters
eine Beschwerde an den vorgesetzten Beamten dieses
Richters zulässig sei. Zu dieser analogen Anwendung
der Bestimmungen des § 170 St. P. O., welche sich
auf die Staatsanwaltschaft beziehen, auf den kolonialen
Ermittlungsrichter, besteht jedoch keine Berechtigung.
Wa der heimische Staatsanwalt kein richterlicher Be-
amter ist und daher den Weisungen seiner Vorgesetzten
Folge zu leisten hat, so entspricht es somit dem herr-
schenden Grundgedanken unserer Rechtspflege, daß
gegen seine Entscheidung noch ein Anrufen an den
bentücchen unabsetzbaren Richter möglich sein muß.
Dies trifft aber keineswegs auf den dem heimischen
breestr e ne Gleichstehenden. Ermittlungsrichter
in den ur clearitze zu.
iernach erscheint genügend dargetan, daß in den
Schrhkueh, die Rechtsbehelfe aus § 170 St. P. O.
nicht gegeben sind.
Dieser Standpunkt wird auch in der Indikatur
der Schutzgebiete ständig vertreten; es wird hier ver-
wiesen auf den Beschluß des Obergerichts in Dares-
salam vom 23. Mai 1910, auf die Beschlüsse des Kaiser-
lichen Gerichts in Kiautschou vom 29. Juni und 24. Juli
911 (vgl. Beitschrift für Kolonialpolitik usw. vom Juli
3 2) und auf einen Beschluß des Bezirksgerichts Duala
vom 20. Oktober 1912 (F. 79/11). In der Literatur
wird jedoch, wie erwähnt, vielfach die entgegengesetzte
Auffatlung vertreten; es mag hier u. a. auf Gerstmener
a. O. und Doerr in der Zeitschrift für Kolonial-
pocbhr 1911 S. 80#ff. und in den Kolonialen Monats-
blättern vom Mai 1913 S. 115 verwiesen werden.
Wenn das Bezirksgericht im Eingang der Gründe
des delchuses ausspricht, daß die Beschwerde gemäß
§5 170 St. P. O. zulässig sei, so kann nach den obigen
Anoführungen den Gründen insoweit nicht beigetreten
rden. Das Vezirksgericht ist jedoch infolge der
Zitierung des § 10 Ziffer 2 K. G. G. offenbar davon
ausgegangen, daß es als Instanz angerufen und daher
zuständig sei. Mil Recht hat sich daher das Bezirks-
gericht als zuständig zur Entscheidung über die Be-
schwerde erachtet, auch sind die Gründe, nach welchen
der Bezirksrichter sich von der Mitwirkung bei der
Entscheidung über die Beschwerde nicht für ausge-
schlossen erachtet, durchaus zutreffend. Gegen diese
Entscheidung des BHezirisgericht als Beschwerdeinstanz
ist aber gemäß § 352 t. P. O eine weitere Beschwerde
nicht zulässig, denn gemäß §5 10 K. G. G. ist in den
an sich zur Zuständigkeit der Landgerichte gehörigen
Strafsachen dem (Konsulat) Bezirksgericht die gleiche
Zuständigkeit eingeräumt wie den Landgerichten. Ge-
mäß ftz2 ebenda entscheidet über die Be-
schwerde gegen Entscheidungen des (Konsuls) Bezirks-
richters das (Kon#usnt) Bezirksgericht, ebenso wie ge-
mäß § 72 G. V. G. über Beschwerden gegen Ver-
fügungen 5. Untersuchungsrichters oder des Amts-
richters die landgerichtliche Strafkammer. Beschlüsse
der Landgerichte und somit auch der ihnen gleichge-
stellten (Konsulate) Bezirksgerichte in der Beschwerde-
instanz können aber gemäß § 352 St. P. O. nur aus-
nahmsweise, insofern sie Verhaftungen betreffen, an-
gefochten werden. Und diese Rechtsauffassung hat auch
das (Konsular-) Schsgebietsgeses. sich zu eigen ge-
macht, da der in den Kolonien
geltende Frcherschel Kbtr Sechied nicht ändern will.
Hiernach ist ein Rechtsmittel gegen den Beschluß
des Bezirksgerichts für nicht zulässig zu erachten.
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Nr. 32.
Auszug aus dem Urteile des Ralserlichen Obergerichts für famerun und Togo vom 1. November 1913.
Der Gouverneur kann im Verordnungswege be-
stimmen, daß der Dienstherr Arbeitnehmer, die in
Enropa zur Dienstleistung im Schutzgebiet angeworben
wurden und die Mittel zur Rückkehr in die Heimat
nicht besitzen, nach Beendigung des Dienstverhältnisses
auf seine Kosten in die Heimat zurückzubefördern hat.
Die Verordnung dient zur Verhütung öffentlicher Miß-
stände, fällt also in das Gebiet der allgemeinen Ver-
waltung.
Das Arbeitsverhältnis endet mit der rechtswirk-
samen Kündigung, nicht schon mit der einseitigen Nieder-
legung der Arbeit durch den Arbeitnehmer.
Zu den Heimsendungskosten gehört der Aufwand
für Verpflegung und Unterkunft bis zur nächsten Be-
förderungsgelegenheit.
In erster Linie ist die auch in der letzten Zeit
verschiedentlich ange zweifelte Frage der Rechtsgültigkeit
der Verordnung des Gouverneurs vom 8. Jannar 1900
nachzuprüfen.
Die im Eingang der Verordnung in Bezug ge-
nommene Kaiserliche Verordnung vom 19. Juli 1886
ermächtigt den Gouverneur, auf dem Gebiete der all-
gemeinen Verwaltung sowie des Zoll= und Steuer-
wesens Verordnungen zu erlassen. In den Bereich der
allgemeinen Verwaltung fällt aber auch die Verhütung
der Mißftände, die nach den in den Schutzgebieten ob-
waltenden Verhältnissen für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung entstehen könnten, wenn Personen, die
in Europa zur Dienstleistung im Schutzgebiet ange-
worben wurden, nach Beendigung des Dienstverhält-
nisses, ohne die Mittel zur Rückkehr in die Heimat zu
besitzen, unterkunfts= und erwerbslos erscheinen. Zur
Verhütung solcher Mißstände ist im öffentlichen
Interesse die Verordnung erlassen. Spricht dieselbe
aber, wie hiernach angenommen werden muß, eine
Verpflichtung der Arbeitgeber zur Heimbeförderung
der Angestellten lediglich in dem Sinne aus, daß die
Polizeibehörde berechtigt ist, im Falle der Beendigung