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§ 6. Der Gouverneur kann für die Dauer des Ausnahmezustandes von dem Grundsaz
des Post- und Telegraphengeheimnisses abweichende Vorschriften erlassen.
8 7. Der Reichskanzler wird ermächtigt, zur Regelung des Ausnahmezustandes der Ein-
geborenen besondere, auch abweichende Vorschriften zu erlassen. Er kann diese Ermächtigung dem
Gouverneur übertragen.
§ 8. Der Gouverneur trifft die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.
§* 9. Die Verordnung tritt am 1. August 1914 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 1. August 1914.
(L. S.) gez. Wilhelm I. K.
ggez. v. Bethmann Hollweg.
Verordnung des Beichskanzlers über den Kusnahmezustand der Eingeborenen in
den Schutzgebieten Kfrikas und der Südsee.
Vom 15. August 1914.
Auf Grund des § 15 des Schutzgebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900, S. 813) in Berbindung
mit dem § 1 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Einrichtung der Verwaltung und die Ein-
geborenen-Rechtspflege, vom 3. Juni 1908 (Reichs-Gesetzbl. S. 397) und dem § 7 der Kaiserlichen
Verordnung über den Ausnahmezustand in den Schutzgebieten Afrikas und der Südsee vom 1. Angust
1914 wird für diese Schutzgebiete verordnet, was folgt:
§5 1. Nach Ausbruch eines Krieges, Aufstandes oder Aufruhrs oder bei unmittelbar
drohender Kriegs-, Aufstands= oder Aufruhrsgefahr kann der Gouverneur den Ausnahmezustand der
Eingeborenen über das Schutzgebiet oder einen Schutzgebietsteil verhängen.
2. Für die im § 1 bezeichneten Fälle kann der Gouverneur einen selbständigen Ver-
waltungsbeamten oder Militärbefehlshaber dauernd oder auf Zeit ermächtigen, bei dringender Gefahr
vorbehaltlich seiner Bestätigung den Ausnahmezustand der Eingeborenen über einen bestimmten Teil
des Schutzgebiets zu verhängen. Die Verhängung ist dem Gouverneur unverzüglich anzuzeigen.
§ 3. Die Aufhebung des Ansnahmezustandes (8§ 1, 2) wird vom Gouverneur verfügt.
§ 4. Die Verhängung und die Aufhebung des Ausnahmezustandes sind in geeigneter
Weise, insbesondere durch öffentlichen Anschlag oder Veröffentlichung im Amtsblatt, bekannt zu geben.
§ 5. Während der Dauer des Ausnahmezustandes findet auf Eingeborene, die sich strafbar
machen, ein beschleunigtes Strafverfahren, möglichst unter Hinzuziehung von mindestens zwei Bei-
sitzern, Anwendung.
Ülber die in diesem Verfahren erforderlichen Verhandlungen sind Protokolle aufzunehmen,
die den Grund anzugeben haben, wenn zu den Verhandlungen keine Beisitzer hinzugezogen
worden sind.
Die Protokolle und das mit Gründen niedergeschriebene Urteil sind nachträglich dem Gou-
verneur mittels Berichts einzureichen.
§5 6. Der Gouverneur kann anordnen, daß für die Dauer des Ausnahmezustandes die
Polizeitruppe- oder ein Polizeitruppenteil dem Kommandeur der Schutztruppe unterstellt wird. Mit
der Unterstellung treten die der Polizeitruppe oder dem Polizeitruppenteil angehörenden Eingeborenen
unter die Militärgesetze. Die Unterstellung der der Polizeitruppe oder dem Polizeitruppenteil an-
gehörenden Personen des Beurlaubtenstandes des Heeres und der Marine sowie des Landsturmes
regelt sich nach § 14 Abs. 2 des Wehrgesetzes für die Schutzgebiete vom 22. Juli 1913 (Reichs-
Gesetzbl. S. 610).
5 7. Der Gouverneur wird, unbeschadet des § 5, ermächtigt, zur Regelung des Aus-
nahmezustandes der Eingeborenen Vorschriften des Eingeborenenrechts zu erlassen.
Der Gouverneur trifft die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.