Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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15. September eine deutsche Patrouille von süd- 
afrikanischen berittenen Schützen überrascht und 
nach kurzem Scharmützel zur UÜbergabe gezwungen 
worden sei, hörte man aus London, daß 
ein aus Engländern, Buren, Afrikandern und 
Eingeborenen bestehendes Expeditionskorps den 
Oranje überschritten habe. Es hieß weiter, daß 
die „aufständigen Herero“ die Unionflagge gehißt 
hätten. Die Richtigkeit der letzteren Angabe, die 
darauf schließen ließe, daß die Eingeborenen an 
der Südgrenze unseres Gebiets — wobei es sich 
übrigens nicht um Herero, sondern nur um Hotten- 
totten handeln könnte — unsicher wären, muß 
füglich angezweifelt werden; denn, falls die Nach- 
richt zuträfe, hätten unsere Truppen in dem nach- 
folgenden Gefecht auch gegen aufständische Ein- 
geborene zu kämpfen gehabt. Das kann aber 
kaum der Fall gewesen sein, da der amtliche eng- 
lische Bericht ein so wichtiges Moment sicherlich 
nicht verschwiegen haben würde. Die über den 
Oranje vorgedrungene Kolonne scheint nicht weit 
gekommen zu sein. Eine amtliche Depesche aus 
Prätoria von Anfang Oktober meldet nämlich, 
daß in einem, im Distrikt Sandfontein — 
Warmbad stattgefundenen Gefecht die ver- 
einigten Engländer und Südafrikaner 15 Tote, 
41 Verwundete, 7 Vermißte und 35 Gefangene 
verloren hätten. 
Die Tatsache der englischen Niederlage wird 
jetzt durch Mitteilungen aus Johannisburg vom 
8. Oktober nicht nur bestätigt, sondern es erhellt 
daraus auch, daß die Verluste des Feindes die 
ersten Angaben noch ganz erheblich übertreffen. 
Danach sind fast zwei volle Schwadronen des 
ersten Regiments berittener Kapschützen und eine 
Abteilung der transvaalischen reitenden Artillerie 
— insgesamt 200 Mann — in die Hände der 
Deutschen gefallen. Auch ihr Führer, Oberst 
Grant, geriet verwundet in Gefangenschaft. Ein 
Versuch des Feindes, durch zwei andere, zur Hilfe 
gesandte Schwadronen die Situation zu retten, 
mißlang, nachdem letztere durch Maschinengewehr- 
feuer Verluste erlitten hatten. 
Scheinbar um die eigenen Mißerfolge zu bemän- 
teln, verbreitet sich dann die „Cape Times“ vom 7. Ok- 
tober über die Schwierigkeiten, die der Südafrikaner 
in Deutsch-Südwestafrika warteten. Es heißt 
darin, daß die Deutschen über mindestens 10 000 
vorzüglich ausgebildete Soldaten verfügten, von 
denen der größere Teil aus berittener Infanterie 
bestehe. Auch ein Kamelkorps von 500 Reitern 
sowie viele Maschinengewehre und 66 Batterien 
Feldgeschütze seien vorhanden. Es gäbe viele 
Polizeiposten in festen Blockhäusern, die telephonisch, 
oftmals unterirdisch, miteinander verbunden und 
mit mehreren Maschinengewehren ausgerüstet seien. 
Das Gelände sei schwierig und besitze mehrere 
  
gute Verteidigungsstellungen. Auch die Waseer- 
frage sei meist schwierig zu lösen, jedoch sei die 
Zeit von Oktober bis April in dieser Hinsicht 
günstiger. 
Über die Ereignisse im Nordosten und Norden 
läßt sich vorerst nur wenig berichten. Im Nord- 
osten, im sogenannten Caprivizipfel, soll sich 
am 21. September der deutsche Grenzposten von 
Schuckmannsburg der rhodesischen Polizeitruppe 
ergeben haben. 
Ebenfalls im Norden, und zwar am Kunene, 
soll es endlich nach Lissaboner Meldungen bei 
der portugiesischen Station Naulila zu einem 
Zusammenstoß zwischen einer kleinen deutschen 
Abteilung, die nach der einen Lesart 12 Europäer, 
20 Eingeborene, nach der anderen 2 Offiziere, 
8 Mann stark gewesen sein soll, und der Besatzung 
genannter Station gekommen sein. Die Nach- 
richten hierüber sind jedoch derart ungenau und 
sich widersprechend, daß man kein klares Bild 
von diesen Vorgängen gewinnen kann. Man wird 
daher erst nähere Nachrichten abwarten müssen. — 
Soweit wir also die Ereignisse in Südwest- 
afrika jetzt überblicken können, ist es den ver- 
einigten Engländern und Südafrikanern bisher 
nur gelungen, von der Seeseite her Lüderitzbucht 
zu besetzen und damit höchstwahrscheinlich auch 
einen Teil der Diamantenfelder in die Hand zu 
bekommen. 
Inwieweit sie nun in der Lage sein werden, 
diese Felder zu ihren Gunsten auszubeuten, hängt 
davon ab, ob es deutscherseits gelungen ist, die 
dazu erforderlichen Einrichtungen rechtzeitig ins 
Innere sortzuschaffen oder unbrauchbar zu machen. 
Ob und wie lange die Engländer imstande sein 
werden, Lüderitzbucht besetzt zu halten, dürfte im 
wesentlichen von der weiteren Entwicklung der 
Verhältnisse in Britisch-Südafrika abhängen. 
Ein weiteres Vordringen der Feinde von 
Lüderitzbucht aus ins Innere des Schutzgebietes, 
namentlich mit stärkeren Kräften, würde wohl 
auf große Schwierigkeiten stoßen und kaum 
Erfolg versprechen. Bis jetzt scheinen die Eng- 
länder auch noch keinen Versuch in dieser Rich- 
tung unternommen zu haben. Das am 28. Sep- 
tember in der Nähe von Lüderitzbucht erfolgte 
Gefecht ist wohl nur ein Rückzugsgefecht schwächerer 
Kräfte gewesen. 
V. Besitzungen in der Südsee. 
1. Neuguinea. 
Altes Schutzgebiet. Über die Aufnahme 
der Kriegserklärung und die unmittelbar darauf 
folgenden Ereignisse in dieser Kolonie ist die 
Kolonialverwaltung durch einen von dort ab- 
gereisten Beamten genauer unterrichtet worden.
	        
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