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zurück. Erst nach Ankunft in Kilindini erhielt ich
nach wiederholter Anfrage die Quittung für die
von mir ordnungsgemäß übergebenen Schiffs-
papiere. Nach der Beschlagnahme teilte der Kom-
mandant mir mit, daß er den Dampfer in Grund
schießen würde, aber gegen 8 Uhr abends ließ er
mich rufen und erklärte mir, daß bestimmt worden
sei, den Dampfer in Schlepptau zu nehmen. Der
„Adjutant“ wurde drei Tage geschleppt und dann
wieder losgeworfen, um unter Führung eines
englischen Offiziers nach Mombassa zu fahren.
Zwei deutsche Ingenieure, Görrissen und Reich-
mann, erhielten den Befehl, wieder an Bord zu
gehen, ebenfalls die indische Besatzung. Während
die „Dartmouth“ nun mit äußerster Kraft nach
Kilindini fuhr und dort am 13. morgens eintraf,
dampfte der „Adjutant“ mit eigener Kraft weiter.
Am 20. Oktober trafen die Herren Görrissen und
Reichmann in Nairobi ein und erzählten, daß der
„Adjutant“ am 14. bei Kilifi gestrandet und erst in
der Nacht vom 15. zum 16. durch den Kabel-
leger „Duplex“ abgeschleppt und nach Kilindini
gebracht sei. Der „Adjutant“ hatte bei der Stran-
dung das Ruder gebrochen, den Hintersteven stark
verbogen und machte ziemlich viel Wasser; doch
scheinen sie diese Schäden in Kilindini repariert
zu haben, da die von Daressalam gekommenen
Leute den „Adjutant“ als englischen Hilfskreuzer
in Zanzibar gesehen haben.
Nach Ankunft in Nairobi habe ich Protest an
den Kommandanten geschickt mit der Bitte um
Weitergabe an den nächsten amerikanischen Konsul.
Erst auf wiederholte Anfrage hin ist mir An-
fang Dezember mitgeteilt worden, daß der Protest
an den obersten englischen Marincoffizier in Mom-
bassa weitergegangen sei, aber eine Antwort von
dort sei nicht eingetroffen."
Soweit die Ereignisse an der Küste.
Über die Zusammenstöße im Bereiche der
Inlandgrenzen wäre folgendes zu erwähnen:
In der Landschaft Sonjo, westlich des
Magadi-Sees, wurde der dort befindliche
kleine Posten von einer englischen Abteilung über-
fallen, wobei der Postenführer, der ehemalige
Feldwebel der Schutztruppe Bast, und fünf
Askari fielen. Wie der Gouverneur berichtet,
haben die Engländer allem Anschein nach die
Gefallenen nicht beerdigt. Es sei beabsichtigt, an
der Stelle des Überfalls einen schlichten Gedenk-
stein zu setzen.
Am 8. Januar war es den Engländern ge-
lungen, sich in den Besitz der am Ostufer des
Victoria-Sees, wenig südlich der deutsch-
englischen Grenze gelegenen kleinen Station
Schirati zu setzen. Sie scheint nur schwach be-
setzt gewesen zu sein, denn der englische Bericht
spricht von nur leichter Gegenwehr. Wahrschein-
lich war der größere Teil der Besatzung an an-
derer Stelle tätig.
Lange sollten sich die Engländer des Besitzes
nicht erfreuen. Nachdem sie am 17. Januar mit
einem Verlust von 4 Europäern und 2 Askari
an Toten, 9 Europäern und einer unbekannten
Anzahl Askari an Verwundeten sowie unter Ein-
buße von 8 Maultieren sowie viel Munition, Pro-
viant und Ausrüstung geschlagen waren, räumten
sie am 3. Februar die von ihnen stark befestigte
Station, nach Vernichtung der übrigen Gebäude.
Schirati wurde darauf von unseren
Truppen wieder besetzt.
Vor der am Westufer des Victoria-Sees ge-
legenen Station Bukoba erschienen am 6. De-
zember v. Is. 7 Uhr früh zwei englische Dampfer,
feuerten 12 Granaten und Schrapnells auf die
Stadt, ohne Schaden anzurichten, und entfernten
sich wieder um 3 Uhr nachmittags.
Wie bereits in früheren Mitteilungen erwähnt,
waren die westlich Bukoba bis zum Kagera
vorgedrungenen Engländer bei Kifumbiro ge-
schlagen und zum Rückzug über die Grenze ge-
zwungen worden. Neuerdings waren sie wieder
vorgerückt, wobei eine, bis nördlich Kifumbiro
gelangte Abteilung in Stärke von 40 Mann
überfallen und nach kurzem Widerstande mit einem
Berlust von 17 Toten, darunter 5 Indern, in
die Flucht geschlagen wurde. Deutscherseits traten
keine Verluste ein.
Nach einem von der „Daily Mail“ aus Havre
verbreiteten telegraphischen Bericht des belgischen
Vizegouverneurs von Katanga soll am Kiwu-
See ein neuer Angriff deutscher Truppen von-
kongo-belgischen und aus Uganda herangezogenen
englischen Streitkräften abgeschlagen, und sollen
die Deutschen auf eigenes Gebiet verfolgt worden
sein. Wann sich das zugetragen habe, wird nicht
gesagt. Die Bestätigung denutscherseits bleibt also-
abzuwarten.
Ferner berichtet das französische Kolonial=
ministerium, daß seitens der auf dem Tanga-
njika-See befindlichen drei bewaffneten deutschen
Dampfern ein erneuter Angriff auf den kongo-
belgischen Hafen Lukuga gemacht worden sei.
Hierbei soll der Dampfer „Hedwig von Wissmann“
von belgischer Artillerie beschossen worden sein,
aber trotz der erlittenen Beschädigung das deutsche
Ufer wieder erreicht haben.
Eine von Reuter verbreitete Nachricht über
ein angebliches Patronillengefecht bei Abercorn
südlich des Tanganjika-Sees am 17. März,
wobei die deutsche Abteilung nach lebhaftem Ge-
fecht mit Verlust von einem Offizier und drei Askari
an Gefallenen über die Grenze zurückgeworfen
worden sein soll, bedarf ebenfalls noch der Be-
stätigung.