„Kölnischen Zeitung“ erschienen, er soll jedoch
auch hier Aufnahme finden, um auch weiteren
Kreisen bekannt zu werden:
An die zwei Jahre währt nun schon der Welt-
krieg. Schwer, sehr schwer haben es alle deutschen
Südwestafrikaner empfunden, daß sie nicht daheim
mitkämpfen, mithelsen durften. Wie es hier kommen
mußte. falls das Ringen lange dauerte, ahnte man
im Herzen von vornherein, wenn man es auch nicht
aussprach. Das aber bedrückte uns nicht, nicht war
uns bange um das eigene kleine Schicksal eines
kleinen Splitters des großen deutschen Volles. Doch
das Gefühl, hier drüben festgebannt zu sein, wo das
Vaterland alle seine Kräfte zu dem Titanenkampf
gegen eine Welt, um eine Welt sammelte. zu leben
und doch nicht das Erbabenste mit zu erleben, was
ein Deutscher erleben durfte und je erleben wird,
dar wurmte uns alle
Manche Monate sind es jetzt schon her, daß der
Schlußakt der Tragikomödie des „Heldenkampfes der
Union gegen das lleine Südwest“, „des Elefanten
gegen die Mans“, wie ein in Südafrika veröffent-
lichtes Sportgedicht auf Botha ihn nannte, in Khorab
spielte. Viele haben ihr ganzes Besitztum verloren.
und sicher ist heute noch memand seines Eigentums.
1 Doch frendig ertragen wir alles, sind wir doch gewiß:
die Heimat wird dieses Land. für das in 30 Jahren
nun schon soviel deutsches Blut geflossen ist, nicht
im Stiche lassen, Südwestafrika wird nicht englisch
und nicht burisch werden, und wir werden nicht ge-
zqwungen sein, was uns der Krieg ließ, für einen
Spottpreis zu verschleudern und dem Lande, dem
unsere Lebensarbeit galt, das wir deutsch machen
wollten, heimatlos den Rücken zu kehren.
Man wird daheim gerecht sein und uns nicht
die Verantwortung dafür aufbürden, daß unser kleines
Häuflein deutscher Männer, schlecht ausgerüstet wie
es war, dem Ansturm so überlegener, mit allen
modernen Kampfmitteln versehener Massen auf die
Dauer nicht standhalten konnte. Südwestafrka war
in keiner Weise auf diesen Kampf mit der Union
vorbereitet, darüber muß man sich klar sein. Man
hat ja von jeher daheim den Standpunkt eingenommen:
die Kolonien werden in Europa verteidigt, und dem-
entsprechend die Schutztruppe nur als Schirm gegen
Eingeborenenaufstände betrachtet und zugeschnitten.
Man konnte logisch folgern: Sollte das Land in
Europa verteidigt werden, die Truppe nur Schutz
gegen Unruhen der Einwohner sein, so hätte man
sie zur Polizeitruppe machen und im Kriegsfall sagen
müssen: So, verehrter Feind, hier hast du einstweilen
Südwest, wir holen es uns in der Nordsee wieder.
Dann hätte man wenigstens Verluste an Blut und
Vermögen vermieden. So denkt man aber nicht im
Lande, im Gegenteil, man wäre empört gewesen,
würde man von Berlin ein solches Ansinnen an uns
gestellt haben. Aber man darf sich daheim nicht
wundern, daß die Schutztruppe das Land nicht
zum Friedensschluß halten komte. Es soll auch un
bestritten werden, daß die Mittel, die eine Schutz-
truppe von etwa 10 000 Mann (statt unserer 1900)
erfordert haben würde, besser zur Ansgestaltung der
Wehrkraft des Vaterlandes Verwendung fanden.
Aber dann soll man gerechterweise auch nilt schelten,
weil Südwest nach elf Monaten des Widerstandes
schließlich doch vom Feinde besetzt wurde, und darf
nicht in den Fehler verfallen, jemand für den Aus-
gang des Kampfes verantwortlich und zum Sünden-
bock zu machen, weil die wenigen tansend Südwester
76 20
mit ihren völlig ungureichenden Mitteln nicht in der
Lage waren, bis zum siegreichen Ende durchzuhalten.
Betrachtet man im einzelnen die Lage des Schutz-
gebietes zu Ausbruch des Weltkrieges, so ergibt sich:
Die aktive Truppe war nominell nur 1967 Köpfe
starl. Die Organisation der Wehrvflicht war erst
begonnen, das Land konute bei einer Gesamt=
bevölkerung von höchstens 15 000 Weißen und rund
6500 erwachsenen Männern im Zivilstand (etwa 3500
waren davon eingezogen) keine Armee aufstellen:
Der Schutztruppe fehlte, da sic nur für einen Ein-
js ausgerüstei war, alles an modernen
Kampfmitteln, wie sie die Heimat hat. Die im
Lande vorhandenen wenigen Autos kamen kaum in
Frage, die zwei lebensgefährlichen Flugzenuge älterer
Bauart, die hier eingetroffen waren, um Probeflüge
abeuhalten, genügten nicht entfernt. Proviam war
sehr lnapp, so knapp, daß die Eingeborenen der
Zivilbevöllerung — was ihre Stimmung bedenllich
beeinflussen mußte sehr bald halbe Portionen und
schließlich meist nurmehr Mitch und Fleisch, kein Me#l
und keinen Reis, erhalten konnten. Vor allem reichten
die Vorräte an Kraftfutter für die Tiere der Truppe
bei weitem nicht. Proviant und Kraftfutter waren
deshalb sogar besonders knapp, trotz andauernder
Bemühungen der Intendantur, die Hilfsmittel des
Landes auszunützen, weil der Jahresersatz für die
Schutztruppe zwischen August und Okioberanzukommen
pflegte und nun nicht mehr hereingebracht werden
konntc. Auch in finanzieller Hinsicht war nichis vor-
bereitet. Es fsehlte an barem Gelde, sogar an Reichs-
kassenscheinen und Banknoten, und nur der geniale
Gedanke, durch die Ausgabe von Gouvernemente=
Papiergeld mehr Umlaufsmittel zu schaffen und dar
bei Beginn des Krieges überall äugstlich verborgen
gehaltene Geld wieder hervorzulocken, hat eine böse
Mattstne verhindert.
- Verbindung mit der Heimat hielt in den
ersten Kriegswochen die glücklicherweise gerade not-
dürftig sertig gewordene Groß-Funkenstation Wind-
huk über Kamina (Togo) einigermaßen aufrecht; als
aber das kleine Togo sein Schicksal rasch ereilt hauce.
hörten wir nur bei besonders günstiger Witterung
dann und wann einmal Bruchstücke der Nauener
Funksprüche. Das einzige Kabel war englisch und
sofort unterbunden. Versuche, über Angola Ver-
bindung mit Deutschland herzustellen, scheiterten,
ebenso wie der Versuch, von dorther Proviant, be-
sonders Zucker und Hafer, herbeizuschaffen, durch das
Übelwollen der Portugiesen mißlang und schließlich
zum Mord von Naulila und zur Nacheexpedition
dorthin führte. Post aus Deutschland haben wir
bis zur Kapitulation von Khorab nicht ein einziger
Mal erhalten.
Auch der Eingeborenen waren wir durchaus
nicht sicher. Die bisher treuen Bastards wurden
infolge britischer Aufwiegelungen allmählich immer
aumasßender und standen schließlich direkt auf. An
der Grenze auf britischem Gebiet waren vom großen
Aufstand her Bondelshottentotten angesiedelt, gerade
die gefährlichsten Hallunken, die Mordtaten auf dem
Gewissen hatten und nur auf den Augenblick warteten,
wo sie ihre unterworfenen Stammesgenossen zum
Aufruhr gegen uns aufstacheln konnten. An Ver-
suchen dagu hat es nicht gefehlt, und nur das Ab-
schieben des gangen Bondelstammes nach dem Norden
hat einen Hottentottenkrieg verhindert. Samuel
Mahahero saß in der Union, gehätschelt von den
Engländern. Auch er schickte Boten hierher und suchte
die Herero gegen uns rebellisch zu machen, was ihm
aber nur teilweise gelang, weil der Stamm zerstreut