Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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und verlegte das Hauptgewicht des Angriffs auf 
den Vorstoß von Lüderitzbucht aus, wo er vom 
19. September an unter dem Schutz von Kriegs- 
schiffen gewaltig überlegene Truppenmassen gelandet 
hatte. Die vom Oranje zurückgegogenen Truppen, 
meist der permanent forec angehörig. führte Botha, 
den Aussagen vieler feindlicher Offiziere zufolge, 
gegen die Aufständischen im Freistaat. Unsere Truppen 
wureen daher an der Linie Lüderitzbucht—Keeimans- 
hoop, und zwar bei Aus, wohin der Gegner einen 
langen, sehr beschwerlichen Anmarsch durch die wasser- 
lose Namib hatte, vorgelegt. Dort schufen sie sich 
eine starke Stellung, aus der sie nicht herausge- 
worsen wurden, sondern später „herausmarschiert“ 
worden sind. 
Mittlerweile war die Nachricht gekommen, daß 
portugiesisches Militär in Fort Naulila den Bezirks- 
amtmann Schulze- Jena von Outjo, den Oberlentnant 
Lösch und den Farmer Röder nebst drei Reitern 
und mehreren eingeborenen Polizeidienern meuch- 
lerisch überfallen hatte. Schulze-Jena, Lösch und 
Röder waren ermordet worden, die Reiter verwundet 
gefangen. Es stellte sich heraus, daß der portu- 
giesische Kommandant des Forts unsere Herren zum 
Besuche des Forts eingeladen und sie dann feige 
niedergemacht hatte. Wir waren von der Außen-= 
welt fast völlig abaeschnitten, und man mußte in 
diesem Vorgehen eine feindselige Handlung Por- 
tugals gegen das Schutzgebiet sehen. Bestärkt wurde 
man im Schutzgebiet in dieser Ansicht, weil schon 
vorher bekannt geworden war, daß Portugal die 
dentschen Untertanen in Angola festgesetzt hatte. 
Major Franke wurde daher mit einer kleinen Ab- 
leilung der 6. und 2. aktiven Kompagnie und der 
aktiven 1. Batterie nach Norden geschickt, um den 
Mord zu rächen und durch Niederwerfung der portu- 
giesischen Truppen an der Grenze den Norden gegen 
einen Einfall poringiesischer Horden zu sichern. 
Franke und seine Abteilung waren der Verteidigung 
gegen die eingesauenen unioneruyen dadurch etwa 
von Mitte Oktober Ende Januar entzogen, was 
eine empfindliche nschin unserer geringen Kräfte 
bedeutete, aber nicht zu vermeiden war. Major 
Franke war noch nicht bis Okanknejo gekommen, als 
uns das Unglück bei Kaltfonleinn traf. Bei Versuchen 
mit kurg vor Kriegsbeginn übersandten sogenannten 
Gewehrgranaten explodierte am pP. November ein 
solches kleines Geschoß direkt bei Abgabe des Schusses 
und verletzte u. a. auch den Kommandeur der Truppe, 
Oberstleutnant v. Heydebreck, so schwer, daß er 
nach einigen Tagen an den Folgen der Wunde starb. 
Da die Union, wie man wußte, noch mit ihren Vor- 
bereitungen zu ihrem Raubgug nach Südwest be- 
schäftigt und noch nicht in der Lage war, nach allen 
Seirten anzugreifen — Swakopmund war am 14. Sep- 
tember und später mehrere Male von einem briti- 
schen Hilfskreuzer nur beschossen worden, es waren 
dort aber keine Truppen gelandet —., übergab Major 
Franke als ältester Stabsoffizier der Schutztruppe 
den Befehl über die übrige Schutztruppe an Major 
Ritter, um selbst erst die ihm früher gestellte Auf- 
gabe im Norden zu lösen, dort Luft zu schaffen. Das 
gelang Franke denn auch nach einem außerordent- 
lich schwierigen Anmarsch durch endlose wasserlose 
ebiete. Er faßte den bei Naulila stark verschanzten, 
fünffach überlegenen portugiesischen Gegner und 
schlug ihn derart, daß während des ganzen übrigen 
Feidpuges. hine Aktion der Poriugiesen nicht mehr 
in Frage ka- 
Wä brend die Abteilung Franke im Norden weilte, 
ereignete sich zunächst nichts von besonderer Beden- 
  
tung. Fast tagtäglich gab es allerdings an den ver- 
schiedenen Fronten kleinere Zusammenstöße, Pa- 
tronillengefechte und ähnliches. Ostlich Hasuur machte 
sich eine Tätigkeit des Feindes bemerkbar, und 
unsere Patronillen klärten bis weit in das brirische 
Betschuanenland hinein auf, manch schönen Erfolg 
erringend. Im Sidosten operierten Maritz und 
seine Freunde gegen die auf der Linie Prisla- 
npiußion sich mehr und mehr sammelnden Ausgebote 
#lense forcc. 
Am Oranje selbst, soweit er die deutsch-britische 
Grenze bildet, gab es ebenfalls fortwährend Plänke- 
leien. Oft überschritten unsere Patronillen den zeit- 
weilig hochgeschwollenen Fluß, einmal drang eine 
unserer aktiven Kompagnien sogar über Steinkopf 
das britische Namaland vor und zerstörte die 
Bahn nach Port Nolloth an zwei Stellen. Von 
Lüderitbucht aus suchten die Engländer die zerstörte 
Lüderitzbuchtbahn wiederherzustellen. Dabei wurden 
sie von unseren Patronillen ständig belästigt. Trotßz 
der Anwesenheit des damals schon etwa 10 000 Mann 
starken Feindes dort gelangten unsere wackeren 
Reiter sogar immer wieder auf die Diamantfelder, 
brachten auf Kamelen beachtenswerte Mengen Pro- 
viant von den südlichen Arbeitsstätten der Diamant- 
gesellschaften in Sicherheit und zerstörten, was für 
den Feind von Wert sein konnte. Eine Patrouille 
wagte sogar einen Streifzug von Aus an Lüderit- 
bucht vorbei, die Küste nördlich hinauf, rollte dabei 
auf den nördlichen Diamantfeldern auf, wad an 
Deutschen dort gurückgeblieben war, und lam über 
Walfischbai ohne Verluste an den Swakop. Nicht 
immer aber kehrten die beherzten deutschen Männer 
von diesen Ritten durch die wasserlose Wüste zurück. 
Die Übersichtlichkeit der Namib und die Überlegen- 
heit des Feindes an Zahl und Beschaffenheit der 
Reittiere hatten zur Folge, daß diese Patronillen oft 
verhältnismäßig große Verluste erlitten und manch- 
mal, leider allzu häufig, nicht wiederkehrten. 
Am 15. Degember wurde durch einen der beiden 
Flieger, den Leutnant v. Scheele, festgestellt, daß 
der Feind begann, sich von Lüderitzbucht aus vor- 
zuschieben:; bei Rot-Kuppe, Kilometer 37 der Bahn, 
wurde ein neues Lager vom Fluggeng aus gesichtet. 
Schon am folgenden Tage griff eine feindliche No- 
lonne von fünf Schwadronen mit vier Maschinen- 
gewehren unsere Vorposten bei Garub, rund 100 km 
von der Küste entfernt, an; leider entzog sic sich 
noch rechtgeitig der drohenden Umklammerung, ging 
zurück und setzte sich bei Tschankaib, Kilometer 72 
der Bahn, fest. 
Da erschienen am 21. Degember plönzlich Schiffe 
vor Walfischbai. Bisher hatte nur dann und wann 
ein britischer Hilfskreuzer die Reede von Swakop= 
mund besucht und dort Funkenstation, Landungs- 
brücken, die Gebände der Zol- und Hafenverwaltung 
sowie einmal abziehende Ochsenwagen beschossen, 
jedoch keine Truppen gelandet. Diesmal aber 
wurden in Walfischbai große Truppenmassen ausge- 
schifft. Der Angriff entlang der Wasserader Swakop, 
nach dem Herzen, nach Windhuk zielend, wurde 
angesetzt, das war unzweifelhaft, und damit begann 
eine völlig neue Phase des ungleichen NKampfes. 
Unser ganzer Berteidigungsplan mußte jett ge- 
ändert iverden. Da der Gegner sofort mit einem 
Vahnbau Walfischbai— Swakopmmod begann, den die 
einzige bei Swakopmund am Swakop liegende 
Küstenschutzkompagnie unter Hauptmann Sculteius 
natürlich nicht verhindern konnte, mußte sofort Sorge 
getragen werden, daß weitere Truppenkörper von 
anderen Stellen herangezogen wurden, damit nicht 
—. 
 
	        
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