Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

W 3720 
  
FHMichtamtlicher TeisscScr 
Der Krieg in den deutschen Schutzgebieten. 
Kchte Oitteilung. 
I. Deutsch-Ostafrika. 
(Hierzu eine Skizze.) 
Nachdem die Nachrichtenübermittlung aus 
Deutsch -Ostafrika infolge der von Portugal 
im Herbst 1915 verhängten Postsperre und seit 
dem Bestehen des Kriegszustandes mit diesem 
Lande vollkommen aufgehört hatte, sind vor 
einiger Zeit durch einen glücklichen Zufall Nach- 
richten aus der Kolonie nach Deutschland gelangt. 
Zwar sind die darin enthaltenen Mitteilungen 
nicht sehr umfangreich, sie geben jedoch im großen 
und ganzen Auskunft über das, was sich in der 
Zeit von Ende 1915 bis Ende März 1916 er- 
eignet hat. In aller Kürze berühren sie auch 
noch die Ereignisse seit dem Einsetzen der großen 
Offensive der englisch-südafrikanischen Truppen 
und die Kämpfe im Kilimandscharo= und Mern- 
Gebiet. UÜber die später liegenden Vorgänge, die 
in die Zeit nach dem 1. April 1916 fallen und 
die unterdessen leider zum Verlust des größten 
Teiles der Kolonie geführt haben, sind wir nur 
durch die Berichte unserer Gegner unterrichtet 
worden. 
Die Lage in der Kolonie sowohl im Innern, 
als auch nach außen konnte bis Ende Februar 
1916 als durchaus günstig bezeichnet werden. 
Trotz der schon damals bestehenden ganz be- 
deutenden Überlegenheit unserer Gegner, der Eng- 
länder und Belgier, hatten diese, und zwar nur 
die Engländer, in ganz geringem Umfang auf 
deutschem Gebiet festen Fuß fassen können. Dieses 
Gebiet umfaßte die der Küste vorgelagerte Insel 
Masia, den nordwestlich des Kilimandscharo ge- 
legenen Longidoberg und das Grenzgebiet des 
Bezirks Bukoba, westlich des Viktoriasees, nach 
Süden bis zum Kagerafluß. Dagegen hielt man 
deutscherseits die östlich des Kilimandscharo ge- 
legene englische Station Taveta nach wie vor be- 
setzt, und deutsche Abteilungen durchstreiften mit 
Erfolg das östlich und südöstlich anschließende 
englische Gebiet bis zur Ugandabahn. 
Im Innern war die Ruhe unter den Ein- 
gebörenen trotz der durch die lange Dauer des 
Krieges bedingten starken Heranziehung zu Träger- 
diensten und Naturallieferungen und trotz des 
hervortretenden Mangels an Bekleidungsstoffen 
  
nicht gestört worden. Die Kopfsteuer war in 
gleicher Höhe wie im Vorjahre eingegangen. 
Zur Herstellung von Stoffen waren Hand- 
spinnerei und Handweberei im Großbetrieb ein- 
geleitet, die Versuche zur Einrichtung eines mecha- 
nischen Betriebes jedoch noch nicht abgeschlossen. 
Der Gesundheitszustand von Truppe und 
Bevölkerung war im allgemeinen befriedigend. 
Eine an einzelnen Orten ausbrechende Typhus- 
epidemie gelang es zu bewältigen, bevor erheb- 
liche Opfer gefordert wurden. 
Im Süden trat infolge von Dürre vorüber- 
gehend Knappheit an Lebensmitteln ein, ebenso 
im Norden infolge Ausbleibens der kleinen Regen- 
zeit Ende 1915. Dagegen waren in der Mitte 
der Kolonie die Ernteaussichten gut, und die Ver- 
pflegungsmittel reichten infolgedessen aus. 
Die allgemeine Stimmung kennzeichnet sich in 
der Meldung des Gouverneurs, daß einmütige 
Entschlossenheit herrsche, das Schutzgebiet zu halten. 
üÜber die kriegerischen Ereignisse, die sich in 
den vorhergehenden Monaten abgespielt hatten, 
berichtet der Gouverneur, daß an den Grenzen 
zahlreiche kleinere Gefechte stattfanden, die fast 
durchweg für uns erfolgreich und fast verlustlos 
waren. Besonders im Gebiete der Nordostgrenze 
in Britisch-Ostafrika erlitt der Feind beträchtliche 
Verluste, unter anderem durch häufige Zerstörun- 
gen der Ugandabahn und ihrer Nebenbahnen 
und Sprengungen von Transport= und Panzer- 
zügen. 
Auch an der Nordwestgrenze am Kiwusece 
wurden alle belgischen Angriffsversuche abgewiesen. 
Insbesondere scheiterte ein größerer, am 21. De- 
zember 1915 mit etwa 1000 Mann, Maschinen- 
gewehren und modernen Haubitzen unternommener 
Angriff gegen einen Teil der von Hauptmann 
Wintgens dicht nördlich Kissenji mit etwa 300 
Mann, zwei bis drei Maschinengewehren und 
einem 3,7 em-Geschütz gehaltenen Stellung voll- 
kommen. Die Belgier wurden nach elfstündigem 
Gefecht im Gegenangriff geworfen und verloren 
außer etwa 50 Mann an Toten viele Verwundete 
und Kriegsmaterial. Deutscherseits fielen 3 Askari, 
während ein Europäer und ein Askari verwundet 
wurden. 
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