Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

W 70 
der Straße niedergelegt und von unseren Patrouillen 
weiterbefördert worden. 
Kurz nachdem Dobell die eingangs erwähnte 
Mitteilung an Dr. Olshausen hatte Oelangen lassen, 
fand eine unserer Patronillen auf der Eden-Jannde- 
straße wieder einmal ein vom Gegner dort nieder- 
gelegtes Paket mit Briefpost. Bei dem Versuch, das 
Paket aufzuheben, wurde die Patrouille vom Gegner 
mit Feuer überfallen und auf unserer Seite ein Soldat 
durch diesen heimtückischen Uberfall verwundtt.“ 
75 
III. Togo. 
(Hierzu eine Übersichtsskizze.) 
Anläßlich der Übergabe von Kamina wurde 
von dem Oberbefehlshaber der englisch-französischen 
Streitkräfte, Oberstleutnant F. C. Bryant, den 
Vertretern der deutschen Handels= und Pflanzungs- 
unternehmungen zugestanden, ihre Geschäfte durch 
je einen ihrer Angestellten weiter zu führen. Da 
dieses Zugeständnis in den Ziffern 10 und 11 
einer von dem englischen Oberbefehlshaber er- 
lassenen Verordnung über die Neuregelung der 
Verhältnisse de dato Atakpame, 26. August 1914, 
förmlichen Ausdruck fand, war den deutschen Fir- 
men die Fortführung ihrer Betriebe sanktioniert. 
Im Jannar 1915 wurde diese dadurch erleichtert, 
daß der deutsche Handel mit neutralen Ländern 
unter den gleichen Einschränkungen zugelassen 
wurde, die für die englischen Firmen galten. 
In diesem Zustand trat, nachdem schon im 
November 1915 —- ohne Angabe irgendeines 
Grundes — die Niederlassungen der Deutschen 
Togo-Gesellschaft geschlossen und ihre beiden euro- 
päischen Angestellten festgenommen worden waren, 
zu Begiunn des Jahres 1916 plätzlich ein völliger 
Umschwung ein. Im Widerspruch mit dem Völker- 
recht und unter Mißachtung der Bestimmungen 
der angezogenen Verordnung wurde durch Pro- 
klamation des Befehlshabers der britischen Streit- 
kräfte in Togo, des Majors Chas. E. D. O. Rew, 
vom 29. Januar 1916, die Schließung und Liqui- 
dation der deutschen Firmen im englischen Teil 
Togos angeordnet. Trotzdem durch den die Liqui- 
dation leitenden englischen Aufsichtsbeamten zu- 
nächst den deutschen Kaufleuten in Lome zum 
Ausverkauf der Warenbestände, des Geschäfts= und 
Hausinventars eine Frist bis zum 10. Februar 
1916 gewährt war, wurden sie und ihre Frauen 
am 7. Februar nachmittags aus ihren Behausungen 
nach dem Hotel Kaiserhof in Lome befohlen. 
Gegen Mitternacht wurden die Männer unter 
schwarzer Bewachung zum Bahnhof und mit der 
Bahn ins Innere nach Palime verbracht. Die 
Frauen mit den Kindern wurden in Schulräumen 
des katholischen Schwesternhauses in Lome unter- 
gebracht. 
  
*— 
In den darauffolgenden Wochen wurden die 
Warenbestände und die sonstige bewegliche Habe 
der deutschen Firmen durch englische schwarze 
„Clerks“ ausgenommen und zu Schleuderpreisen 
versteigert. Der Erlös, soweit er nicht zur Tilgung 
von wirklichen oder angeblichen Schulden der 
Firmen oder zu anderen Ligquidationszwecken 
Verwendung fand, wurde an die Regierungskasse 
zur Verfügung des Gouverneurs der Goldküste 
abgeführt. 
Auch von den Pflanzungsbetrieben wurden die 
Deutschen weggeführt, doch wurden diese Betriebe, 
soweit die Nachrichten reichen, nicht geschlossen. 
sondern die Weiterführung der Aufsicht eines 
Portugiesen unterstellt. Daß die englische Re- 
gierung zu Veräußerungen des deutschen Grund- 
besitzes geschritten wäre, wie in Nigerien, darüber 
ist bis jetzt nichts bekannt geworden. 
Die Gefangenen waren in Palime unter 
hugienisch sehr schlechten Verhältnissen untergebracht. 
Die Aborte mußten mit den Eingeborenen geteilt 
werden. Moskitonetze waren nicht vorhanden. 
Trotz der durch die Harmattanzeit besonders un- 
erträglichen Hitze war die Badegelegenheit äußerst 
mangelhaft. Noch schlimmer und im höchsten 
Grade gesundheitsgefährlich war das unreine 
Trinkwasser, das den Gefangenen von Eingebo- 
renen gebracht und aus Mangel an Gefäßen nicht 
abgekocht wurde. Die englische Firma Swanzy 
in Palime weigerte sich, an die Gefangenen Soda- 
wasser zu verkaufen. Die Folge war, daß die 
meisten von ihnen unter Fieber, Dysenterie und 
Darmkatarrh schwer zu leiden hatten. Den deutschen 
Frauen in Lome wurde erst auf wiederholte 
Bitten erlaubt, ihren Männern Wäsche, Wasser- 
filter und Konserven zu senden. Schließlich führten 
die schlechten Gesundheitsverhältnisse dazu, daß die 
Gefangenen Ende Februar nach Lome zurück- 
gebracht und dort in verschiedenen Eunropäer= 
häusern unter schwarzer Bewachung eingquartiert 
wurden. Wie hart die deutschen Gefangenen be- 
handelt wurden, zeigt folgender Vorgang: 
Ein Deutscher hatte in Palime einen an seine 
Eltern gerichteten Brief mit Familiennachrichten 
nicht an den örtlichen englischen Befehlshaber, 
sondern unmittelbar an den Zensor in Lome ge- 
schickt, in der irrtümlichen Meinung, es müßten 
Briefe an seine in Lome befindliche Frau an den 
Befehlshaber i in Palime, aber Briefe nach Deutsch- 
land, wie früher, dem Zensor in Lome zugeleitet 
werden. Wegen dieses Versehens wurde er in 
Lome vor Gericht gestellt, zu drei Monaten Ge- 
fängnis mit schwerer Arbeit verurteilt und zu- 
sammen mit Eingeborenen ins Gefängnis geworfen. 
Auch die Unterbringung der Frauen in den 
Schulzimmern ließ zu wünschen übrig. Eine dieser 
Frauen berichtet darüber: 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.