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der Straße niedergelegt und von unseren Patrouillen
weiterbefördert worden.
Kurz nachdem Dobell die eingangs erwähnte
Mitteilung an Dr. Olshausen hatte Oelangen lassen,
fand eine unserer Patronillen auf der Eden-Jannde-
straße wieder einmal ein vom Gegner dort nieder-
gelegtes Paket mit Briefpost. Bei dem Versuch, das
Paket aufzuheben, wurde die Patrouille vom Gegner
mit Feuer überfallen und auf unserer Seite ein Soldat
durch diesen heimtückischen Uberfall verwundtt.“
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III. Togo.
(Hierzu eine Übersichtsskizze.)
Anläßlich der Übergabe von Kamina wurde
von dem Oberbefehlshaber der englisch-französischen
Streitkräfte, Oberstleutnant F. C. Bryant, den
Vertretern der deutschen Handels= und Pflanzungs-
unternehmungen zugestanden, ihre Geschäfte durch
je einen ihrer Angestellten weiter zu führen. Da
dieses Zugeständnis in den Ziffern 10 und 11
einer von dem englischen Oberbefehlshaber er-
lassenen Verordnung über die Neuregelung der
Verhältnisse de dato Atakpame, 26. August 1914,
förmlichen Ausdruck fand, war den deutschen Fir-
men die Fortführung ihrer Betriebe sanktioniert.
Im Jannar 1915 wurde diese dadurch erleichtert,
daß der deutsche Handel mit neutralen Ländern
unter den gleichen Einschränkungen zugelassen
wurde, die für die englischen Firmen galten.
In diesem Zustand trat, nachdem schon im
November 1915 —- ohne Angabe irgendeines
Grundes — die Niederlassungen der Deutschen
Togo-Gesellschaft geschlossen und ihre beiden euro-
päischen Angestellten festgenommen worden waren,
zu Begiunn des Jahres 1916 plätzlich ein völliger
Umschwung ein. Im Widerspruch mit dem Völker-
recht und unter Mißachtung der Bestimmungen
der angezogenen Verordnung wurde durch Pro-
klamation des Befehlshabers der britischen Streit-
kräfte in Togo, des Majors Chas. E. D. O. Rew,
vom 29. Januar 1916, die Schließung und Liqui-
dation der deutschen Firmen im englischen Teil
Togos angeordnet. Trotzdem durch den die Liqui-
dation leitenden englischen Aufsichtsbeamten zu-
nächst den deutschen Kaufleuten in Lome zum
Ausverkauf der Warenbestände, des Geschäfts= und
Hausinventars eine Frist bis zum 10. Februar
1916 gewährt war, wurden sie und ihre Frauen
am 7. Februar nachmittags aus ihren Behausungen
nach dem Hotel Kaiserhof in Lome befohlen.
Gegen Mitternacht wurden die Männer unter
schwarzer Bewachung zum Bahnhof und mit der
Bahn ins Innere nach Palime verbracht. Die
Frauen mit den Kindern wurden in Schulräumen
des katholischen Schwesternhauses in Lome unter-
gebracht.
*—
In den darauffolgenden Wochen wurden die
Warenbestände und die sonstige bewegliche Habe
der deutschen Firmen durch englische schwarze
„Clerks“ ausgenommen und zu Schleuderpreisen
versteigert. Der Erlös, soweit er nicht zur Tilgung
von wirklichen oder angeblichen Schulden der
Firmen oder zu anderen Ligquidationszwecken
Verwendung fand, wurde an die Regierungskasse
zur Verfügung des Gouverneurs der Goldküste
abgeführt.
Auch von den Pflanzungsbetrieben wurden die
Deutschen weggeführt, doch wurden diese Betriebe,
soweit die Nachrichten reichen, nicht geschlossen.
sondern die Weiterführung der Aufsicht eines
Portugiesen unterstellt. Daß die englische Re-
gierung zu Veräußerungen des deutschen Grund-
besitzes geschritten wäre, wie in Nigerien, darüber
ist bis jetzt nichts bekannt geworden.
Die Gefangenen waren in Palime unter
hugienisch sehr schlechten Verhältnissen untergebracht.
Die Aborte mußten mit den Eingeborenen geteilt
werden. Moskitonetze waren nicht vorhanden.
Trotz der durch die Harmattanzeit besonders un-
erträglichen Hitze war die Badegelegenheit äußerst
mangelhaft. Noch schlimmer und im höchsten
Grade gesundheitsgefährlich war das unreine
Trinkwasser, das den Gefangenen von Eingebo-
renen gebracht und aus Mangel an Gefäßen nicht
abgekocht wurde. Die englische Firma Swanzy
in Palime weigerte sich, an die Gefangenen Soda-
wasser zu verkaufen. Die Folge war, daß die
meisten von ihnen unter Fieber, Dysenterie und
Darmkatarrh schwer zu leiden hatten. Den deutschen
Frauen in Lome wurde erst auf wiederholte
Bitten erlaubt, ihren Männern Wäsche, Wasser-
filter und Konserven zu senden. Schließlich führten
die schlechten Gesundheitsverhältnisse dazu, daß die
Gefangenen Ende Februar nach Lome zurück-
gebracht und dort in verschiedenen Eunropäer=
häusern unter schwarzer Bewachung eingquartiert
wurden. Wie hart die deutschen Gefangenen be-
handelt wurden, zeigt folgender Vorgang:
Ein Deutscher hatte in Palime einen an seine
Eltern gerichteten Brief mit Familiennachrichten
nicht an den örtlichen englischen Befehlshaber,
sondern unmittelbar an den Zensor in Lome ge-
schickt, in der irrtümlichen Meinung, es müßten
Briefe an seine in Lome befindliche Frau an den
Befehlshaber i in Palime, aber Briefe nach Deutsch-
land, wie früher, dem Zensor in Lome zugeleitet
werden. Wegen dieses Versehens wurde er in
Lome vor Gericht gestellt, zu drei Monaten Ge-
fängnis mit schwerer Arbeit verurteilt und zu-
sammen mit Eingeborenen ins Gefängnis geworfen.
Auch die Unterbringung der Frauen in den
Schulzimmern ließ zu wünschen übrig. Eine dieser
Frauen berichtet darüber: