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Die Missionen in den deutschen Schutzgebieten.
Rede, gehalten am 8. Januar 1918 auf Veranlassung der Deutschen Kolonialgesellschaft in der Königlichen
Hochschule für Musik von Dr. H. Solf, Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts.
Als im Jahre 1910 die glanzvolle Veranstal-
tung der Weltmissions-Konferenz in Edinburg zu
Ende ging, dachte keiner der Teilnehmer, daß
dieser stolze Bau, der dank des einmütigen Zu-
sammenwirkens der Vertreter fast aller Nationen
fest gefügt schien, wenige Jahre später durch die
Stürme eines Weltkrieges wie ein Kartenhaus
zerfallen würde. Und noch weniger konnte man
auf den Gedanken kommen, daß diejenige Groß-
macht, die sich stets in der Rolle des Schirmherrn
der Weltmission gefallen hat, daß gerade England
den Anstoß dazu geben würde, das in jahrhundert-
langer Arbeit aufgerichtete deutsche Missionswerk
zu zerstören. Mit der brutalen Rücksichtslosigkeit,
die diesem Volk immer eigen war, ist England
daran gegangen, in unseren Schutzgebieten und
in seinen eigenen Kolonien alles zu ächten und
zu vernichten, was nur entfernt mit dem Begriff
„deutsch" zusammenhing. So sind aus einem
großen Teil der deutschen Missionsfelder nicht
nur in Afrika, sondern auch in Indien und in
anderen Gebieten, in denen deutsche Missionen
unter englischer Oberhoheit wirkten — die deut-
schen Missionare in Gefangenschaft geschleppt, ihre
Arbeiten empfindlich gestört und die Stationen
zum Teil der Plünderung und Verwahrlosung
preisgegeben.
Unsere Hoffnung, daß sowohl in England selbst
wie auch in den neutralen Staaten gegen diese
Vergewaltigung des deutschen Missionswerkes
Verwahrung eingelegt würde, ist zuschanden
geworden. Eine starke Strömung bei unseren
Feinden will den deutschen Missionen auch nach
Wiederkehr des Friedens ihre Betätigung in fran-
zösischen und englischen Gebieten unmöglich machen.
Leider hat es auch bei uns nicht an Stimmen
gefehlt, die einen Rückzug der deutschen Missionen
aus fremden überseeischen Besitzungen und ein
Verbot der Niederlassung fremder Missionare in
unseren eigenen Schutzgebieten forderten.
Die überwiegende Mehrheit aber der Fach-
kundigen und Missionsfreunde steht trotz der furcht-
baren Ereignisse des Weltkrieges nach wie vor
auf dem Standpunkte, der allein dem wahren
Wesen und dem eigentlichen Begriff der christlichen
Missionstätigkeit gerecht wird: „Gehet hin in alle
Welt und lehret alle Völker!“ So lautet der
göttliche Missionsbefehl unseres Herrn und Heilands
an seine Jünger. In alle Welt soll das Licht
des Evangeliums hinausgetragen und es soll nicht
haltgemacht werden vor den Schranken der
Sprache, des Stammes und der Rasse! Ein Werk
christlicher Nächstenliebe, ein Born uneingeschränk-
ter Güte soll die Mission sein!
Gerade darum ist sie in dieser entsetzlichen
Zeit des allgemeinen Bölkerhasses dazu angetan,
die Bande gegenseitigen Verständnisses und gegen-
seitiger Achtung wieder anzuknüpfen, die der
furchtbare Weltkrieg grausam zerrissen hat. Ich
will und kann es nicht glauben, daß unsere
Feinde, die jetzt unsere Missionare von der übrigen
Welt ausschließen wollen, auf diesem unchristlichen
und kurzsichtigen Standpunkt auch nach Beendi-
gung des Krieges verharren werden.
Auch bei ihnen wird der gesunde Sinn des
Volkes über Haß und Rachsucht siegen und die
im Zorn aufgerichteten Schranken über den Haufen
werfen. Das Wort Gottes muß und wird diesen
Krieg überdauern! Was unsere deutschen Missio-
nare in fremden Ländern geleistet haben und
nach Wiederkehr friedlicher Verhältnisse wieder
leisten werden, ist viel zu gewaltig und viel zu
bedentend, als daß unsere Feinde leichten Herzens
darauf verzichten könnten.
Solange nicht die Fackel des Weltkrieges ihre
Sinne blendete, haben die Völker der Entente
unseren Missionen die gebührende Anerkennung
nicht versagt. Überall in der Welt hat man die
stille, selbstlose Hingabe, mit der unsere Missionare
ihre Pflichten gegen ihre göttliche und weltliche