88. Die Perlfischerei in Bayern. 415
Nach historisch-geographischen Gesichtspunkten zerfallen die Perlgewässer
Bayerns in drei Gruppen: 1. die Bäche des altbayerischen Gebiets in Nieder-
bayern und der Oberpfalz — Bayerischer und Böhmerwald — meist Zuflüsse
des Regen, der Naab und Donau; 2. die Bäche des ehemaligen Fürstbistums
Passau, zumeist zur Ilz fließend, und 3. die Gewässer der früheren Mark-
grafschaft Bayreuth — Fichtelgebirge — zu Saale, Eger und Main gehörig.
Die erste Erwähnung geschieht der Perlfischerei in Bayern in einem
Erlaß der Herzoge Ernst und Albrecht von München aus dem Jahre 1437,
worin sie „als in unserer Herrlichkait und Landgerichten in dem Niederland zu
Baiern vor und in dem Wald in allen Flussen und Wassern und sunderlich
in dem Regen und in der Teyschnach vein Perlen wachsen und valln
ihren Diener und Getrewen Frantzu Zaler“ beauftragen, für die nächsten sechs
Jahre überall im „Niederland“ die Perlen zu suchen und an den herzoglichen
Hof abzuliefern, also bereits diese Fischerei für ein Kronrecht erklären, was
sie denn für immer geblieben ist. Zahlreiche Klagen über Diebstahl veranlaßten
Wilhelm W 1579 und 1581 zu scharfen Verordnungen. Man machte die
Perlbäche „pänig“, stellte Schnellgalgen und Warnungstafeln auf, schränkte
die landwirtschaftliche Benutzung der Gewässer möglichst ein und setzte auf
Diebstahl harte Leibesstrafen. Noch eifriger als sein Vater nahm sich Maxi-
milian I. der Perlfischerei an: eigene Perlinspektoren wurden ernannt, Perl-
ordnungen erlassen, kurz alles wohl geordnet. Da brach der große Krieg herein
und vernichtete den besten Teil des mühevoll Geschaffenen. Aber kaum war
etwas Ruhe im Lande, so nahm der energische Kurfürst seine Bemühungen
wieder auf und fand in dem Perlinspektor Leonhard Vischer eine vorzügliche
Hilfskraft. Maximilian zu Gefallen schrieb auch 1637 der Münchener Stadt-
und Hofarzt Malachias Geiger eine eigene Perlschrift (Margaritologia), worin
er die bayerischen Perlen besonders für ärztliche Zwecke empfahl. Dieselbe ist
zwar ohne jeden wissenschaftlichen Wert, da er einfach die von der Seeperl-
muschel handelnden Stellen der Alten auf dies jenen ganz unbekannte Fluß-
tier bezog und überhaupt nur den Zoologen Ulysses Aldrovandi ausschrieb,
machte aber doch weitere Kreise auf die bayerische Perlmuschel aufmerksam. So
berichtet 1687 der Rechtsgelehrte Aulus Apronius (Adam Ebert) von Donau-
und Ilzperlen auf Schloß Ambras in Tirol und von einer feuerfarbenen Ilzperle
zu Augsburg, die auf 2000 Taler geschätzt wurde. Auch Ferdinand Maria
tat viel für die Hebung der Perlfischerei, dagegen stellte Max Emanuels
prunkvoller Hofhalt an die Bäche zu große Ansprüche. Im Spanischen Erb-
folgekriege verkam während der österreichischen Okkupation der Betrieb fast
gänzlich. Auch Karl Alberts wohlgemeinte Bestrebungen vereitelte der Sster-
reichische Erbfolgekrieg, in dem der berüchtigte Pandurenoberst Trenk die Bäche
durch die staatlich bestellten Fischer zwangsweise ausräumen ließ. Max III. Joseph
ließ von 1758 ab mit großen Kosten viele Tausende von Muscheln in den
Nymphenburger Kanal bei München einsetzen um so in nächster Nähe Beob-