Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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es heimlich mit auf den Tisch. Da fing die Rute an sich zu winden, 
und als die Zettel gesondert worden waren, schlug sie allezeit auf 
denjenigen, welcher mit des Jungen Namen beschrieben war. Der 
Hammerherr nahm darauf den Jungen vor und die entwendeten Sa— 
chen wurden von ihm wieder erlangt. — In einem Zechenhause bei 
Johanngeorgenstadt wurden unterschiedliche Centner Kobalt entwendet, 
und weil einem frommen und christlichen Hammerwerksbesitzer, dem 
die Rute schlug, ein anderer Gewerke zuredete, zu versuchen, ob nicht 
die Rute den Dieb und dessen genommenen Weg anzeige, wollte dieser 
erst nicht darein willigen, in der Meinung, sie ziele nur auf Klüfte 
und Gänge. Er ließ sich aber doch bereden, nahm eine kleine Stufe 
Kobalt von dem Haufen weg, wovon ein Teil entwendet worden war, 
ging um das Zechenhaus, und als er an den erbrochenen Laden kam, 
schlug die Rute, führte ihn über die Wiese einen Berg hinauf und 
in einen Busch. Hier erblickte man frische Erde, und als diese hin- 
weggeschafft worden war, fand sich eine Partie versteckter Kobalt. 
Darauf führte die Rute in einen zweiten und dritten Busch, so daß 
man wohl die Hälfte des gestohlenen Kobalts wieder bekam. Ja als 
sich einige Männer in der folgenden Nacht versteckten und die Diebe 
den Rest nachholen wollten, wurde einer davon ergriffen und nach 
Jvachimsthal abgeliefert. — Die Rute schlägt auch auf Rainsteine. 
Einem Rutengänger wurde sofort der Rainstein im Boden angezeigt, 
ungeachtet schon Bäumchen darüber gewachsen waren. — Vielen Leuten 
schlägt die Rute gar nicht. Sie hat aber auch anderen von Kindheit 
an vortrefflich geschlagen; aber dieselben sind krank geworden oder gar 
ausgewachsen, und ob sie gleich wieder genesen, so hat ihnen doch die 
Rute keinen Zug mehr gethan. 
  
« Zu den in der Einleitung zu diesem Abschnitte über die vermeintlichen Wir- 
kungen der Wünschelrute und deren Gebrauch vorangeschickten Bemerkungen möge 
noch folgendes beigefügt sein: 
Man fand in früheren Jahrhunderten Analogien dazu in dem das Wasser 
aus einem Felsen schlagenden Stabe des Moses, in der blühenden Rute Aarons, durch 
welche dem Moses der zum Priestertum bestimmte Stamm der IJsraeliten angezeigt 
ward, in der Rute der Minerva, welche den alten Ulysses wieder jung machte, in 
derjenigen der Zauberin Circe, durch welche seine Gesährten verwandelt wurden und 
in dem Wunderstabe des Merkur, durch den Wachende in Schlaf fielen. 
Als man statt wirklicher Ruten Metalldraht und andere metallene Gegen- 
stände auf unterirdische Gänge und vergrabene Schätze verwandte, mochte man zu- 
nächst zur Herstellung solcher Instrumente Legierungen aus verschiedenen Metallen 
gebraucht haben, bis man später fand, daß auch gewöhnliches Messing genügte. 
Ein frommer Prediger in Freiberg entdeckte z. B., wie eine alte Bergpredigt 
von Meltzer mitteilt, mittelst einer Lichtputze einen versteckten Groschen. An den 
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