Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

94 T.Buch. DI. Abschn. Bildung der Rechtsordnung (Rechtsnormen). 
eine starke Aufhebung bietet A. 46 bezüglich des Personen- 
standsgesetzes. Allein auch stillschweigende Beseitigungen sind 
möglich. Enthält namentlich ein Reichsgesetz eine Ein- 
richtung allgemeinen Rechts, welche das Bürgerliche Gesetz- 
buch aufgehoben hat, so ist zu unterscheiden: ist anzunehmen, 
daß für diese Einrichtung im besonderen Reichsgesetz besondere 
Gründe sprechen, daß sie also hier eine andere als die all- 
gemein übliche Funktion versieht, dann kann die allgemeine 
Aufhebung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihr nichts anhaben; 
ist sie aber in das besondere Gesetz nur aufgenommen in der 
Funktion, die die Einrichtung im allgemeinen hatte, und hatte 
die Aufnahme in das besondere Reichsgesetz nur praktische 
Gründe, etwa um eine Reichsregelung zu geben gegenüber 
den verschiedenfachen Landesrecht, so schlägt die Aufhebung 
des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch, und das Institut ist auch 
für das Gebiet des Sondergesetzes auigehobeu. Das letztere ist 
anzunehmen für die Außerkurssetzung, die im Reichsinvaliden- 
fondsgesetz vom 23. Mai 1873 8 4 bestimmt worden ist. Aller- 
dings heißt es hier: „Schuldverschreibungen, welche auf den 
Inhaber lauten .... sind... . außer Kurs zu setzen... 
Die außer Kurs gesetzten Schuldverschreibungen 
gelten nicht als Inhaberpapiere, bis sie wieder in 
Kurs gesetzt sind.“ Allein dies ist nur die Wiederholung 
allgemeiner Bestimmungen jener Zeit, es ist nicht eine Sonder- 
bestimmung. Man wollte für den Invalidenfonds festlegen, 
was damals verbreiteten Rechtens war. Darum ist nicht an- 
zunehmen, daß für diese Depots die Außerkurssetzung noch 
gelten soll, die für Mündel- und Stiftungspapiere nicht mehr 
erfolgen kann; A. 176 E.G. zum B.G.B. muß auch hier durch- 
greifen. 
If. Das Bürgerliche Gesetzbuch soll einen großen Teii des 
Rechtsgebietes durch Reichsgesetz regeln. Es entzieht damit 
eben dieses Rechtsgebiet der Kraft des landesrechts und 
zwar sowohl dem Landesgesetz als auch dem Landesgewohn- 
beitsrecht (A. 2 Reichsverf.). 
Indes ist das nicht ausschließlich der Fall. Ganz ent- 
sprechend dem Zwecke eines Bundesstaats soll zwar (bei 
der entwickelten Einheitsbestrebung) größtenteils Rechts- 
einheit herrschen, wenigstens auf dem Gebiet des Privat-
	        
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