Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

10 1.Buch. I. Abschn. Stellung d. Rechtsordn. unter d. Kulturmächten. 
keit und Geistigkeit, und auf dasjenige, was außerhalb seiner 
ist. Die Rechtsordnung kann daher vor allem auch eine Be- 
ziehung des Menschen zur äußeren Natur schaffen und da- 
durch das Recht in die Natur hinein tragen. Im Gegensatz 
dazu steht die Lebenspflicht, d.h. die Pficht von Mensch zu 
Mensch und das dem einzelnen obliegende Soll gegenüber den 
Mitmenschen. Wie bedeutungsvoll dieser Unterschied ist, wird 
künftig zur Darlegung kommen.?) 
2. Kreis der Rechtsordnung. 
8 4. 
I. Nicht alles menschliche Tun bewegt sich in der Sphäre 
des Rechtes, vieles spielt sich in neutraler Zone ab. Die ganze 
menschliche Tätigkeit juristisch fassen zu wollen, ist noch 
verkehrter, als wenn man jede menschliche Regung, jeden 
Atemzug nach Sittlichkeit oder Unsittlichkeit beurteilen möchte; 
nicht als ob das menschliche Tun nicht rechts und links 
vom Recht umgeben wäre; aber das Recht begnügt sich, 
gewisse Schranken zu setzen und überläßt es den Menschen, 
sich innerhalb dieser Schranken frei zu bewegen. 
So wird zwar jedes Tun des Menschen durch das Recht 
der Persönlichkeit umfaßt, allein der weite Bereich des Handelns 
innerhalb dieser Umfassung stößt nur zum geringsten Teil auf 
rechtliches Gebiet. Die Körperfunktionen, die Benutzung der 
dem gemeinen Gebrauch anheim gegebenen Sachen, ist nichts, 
was weiter in das Gebiet des Rechtes fällt. Warum sollte 
sich das Recht darum kümmern? Hat es doch nur mit der 
Ordnung dessen zu tun, was zu ordnen ist. Hier aber hat 
die Persönlichkeit das Recht, nach Lust und Laune frei zu 
schalten. 
Man kann daher von einem Rechte der Persönlichkeit 
sprechen, aber nicht von einem Rechte, zu gehen, zu dichten, 
oder zu schlafen. Man kann von einem Rechte an Sachen 
des Gemeingebrauchs sprechen, nicht aber von einem Rechte, 
sich ihrer zu bedienen. Eine Hinderung in der Bemutzung 
1) In Einführung $S.17 habe ich den Unterschied als Rechtszwang 
und Rechtspflicht gefaßt. Ich halte die jetzige Fassung für zutreffender.,
	        
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