Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

II. Abschnitt. Trunksucht. 8 129. 315 
der Schenker die wirtschaftlichen Bedürfnisse seiner und 
seiner Familie außer acht läßt; so wenn jemand alles, was er 
erwirbt, den Armen gibt: er handelt hier völlig sittlich, 
allein in dem Selbstopfer schädigt er wesentliche Interessen 
seines näheren Kreises. 
II. Die Verschwendung betätigt sich natürlich zunächst 
in Schenkungen, d. h. in völlig unentgeltlichen Rechtshand- 
lungen. Sie äußert sich aber auch in solchen Geschäften, bei 
welchen zwar ein Entgeit gegeben wird, aber entweder ein 
solches, das in keinem Verhältnis zum Aufgewandten steht 
oder das durch seine vorübergehende Art für das Ent- 
schwundene keinen Ersatz zu bieten vermag oder völlig un- 
fruchtbar, ja durch seine belastende und drückende Art für 
den Vermögensstand verderblich ist; so wenn jemand sich 
Luxustiere anschafft oder Prunkhäuser und Gärten baut, 
deren Unterhalt sein Vermögen aufzehrt. Den unentgeltlichen 
Zuwendungen ist auch Glücksspiel und Wette zuzuzählen, da 
die Gewinnchance nicht als wirtschaftlicher Gegenwert für 
das Aufgewandte betrachtet werden kann. 
III. Auch die Verschwendung führt nicht in allen Fällen 
zur Entmündigung, $ 6 Z. 2 BGB. Man tastet den Rechts- 
stand der Persönlichkeit nur an, wenn die Gefahr der Ver- 
armung und damit des Notstandes vorliegt, des Notstandes 
des Verschwenders selber und seiner Familie, d. h. derjenigen, 
für welche er zu sorgen hat. Dann kann eine Entmändigung 
erfolgen, aber nur auf Antrag beteiligter Personen nach Mab- 
gabe der Civilprozeßordnung 8 680, also nicht auf Antrag des 
Staatsanwalts; doch können Armenverbände zur Antragstellung 
berechtigt werden, $ 680 C.P.O. und $ 3 des Preuß. Ausf.G. dazu. 
66) Trunksucht. 
8 129. 
I. Trunksucht ist zunächst gedacht als Trunksucht im 
Sinne des Alkoholismus; indes muß der Morphinismus und der 
Kokainismus ebenfalls hierher gerechnet werden, denn es ist 
nicht abzusehen, wie die Art des Giftes einen Unterschied 
machen und die schwerere Nervenvergiftung milder behandelt 
werden sollte als die leichtere. So groß die Unterschiede dieser
	        
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